vor 26.2.01
*Was kommt auf mich zu?* fragte ich.
*Du wirst als Organspender dienen.* antwortete er.
Ich nickte. Das war eine entsetzliche Quälerei, da dem Organspender nur
die motorische Kontrolle über seinen Körper geraubt wird. Seine
Seele aber wird mit einem Fesselfeld im Körper gehalten, um ihn
möglichst lange am Leben zu erhalten, damit er die gesamte
Spendenprozedur durchhält. Mir lief es kalt den Rücken herunter.
Vor wenigen Minuten, als mir hunderte von Möglichkeiten, was sie mit
mir anstellen könnten, durch den Kopf gingen, war ich unfähig
gewesen, mich zu rühren und mich dem zu stellen, was auf mich zukommen
könnte. Doch jetzt, wo ich konkret wußte welche der vielen
möglichen Mißhandlungen auf mich zukommen würde, kam ich
innerlich damit zurecht und folgte ihm ruhig. Zuerst mußte ich mich
ausziehen und gründlich duschen, dann wurde ich auf der
Behandlungsliege festgeschnallt. Er stellte den Strahler ein.
In dem halben Jahr mit der Glasscheibe im Bruskasten hätte ich mir kaum vorstellen können, daß noch schlimmere Schmerzen möglich sein könnten. Doch das war schlimmer. Zuerst wurde mir der Unterleib der Länge nach aufgeschnitten und nach und nach Leber, ein Teil des Darms, die Milz und die Nieren entnommen. (Zu Blutspenden war jeder Mensch alle halbe Jahr verpflichtet.) Dann öffneten sie mit einer Zange den Brustkorb und schnitten Herz und Lunge heraus und zum Schluß rissen sie Zähne und Augen aus meinem Kopf.
Ich blieb bei Bewußtsein bis sie fertig waren. Dann erst stellte jemand das Fesselfeld aus und ich konnte aus meinem Körper fliehen und die Schmerzen hinter mir lassen.
Ich war erst einmal für geraume Zeit fix und fertig. - Es dauerte lange, bis ich mich schließlich aufraffte, mit meinem Freund über dieses Leben und die Planung meines nächsten Lebens zu sprechen. Dennoch war ich im großen und Ganzen mit dem zufrieden, was ich in jenem Leben geleistet hatte, wie ich gelebt hatte.
Quelle: Erinnerung an ein eigenes früheres Leben
Ein Text von Kersti Nebelsiek, Alte Wilhelmshäuser Str. 5,
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