1/2012

Reinkarnationserinnerung - Niemand braucht Sklavenjungen

F138.

Lesen und Schreiben

Noch bevor ich wieder auf den Beinen war, erzählte Dinia mir, daß der Herr ihr befohlen hatte, lesen und schreiben zu lernen. Er meinte, wenn er schon nicht mit ihr schlafen könne, wolle er zumindest eine gebildete Unterhaltung mit ihr führen können. Sie fragte mich, ob sie für den Unterricht das Zimmer verlassen solle, damit ich meine Ruhe habe. Ich schüttelte entschieden den Kopf. Lesen und schreiben! Wenn ich das lernen könnte, dann könnte sie mich verstehen.
"Willst du das auch lernen?"
Ich nickte und lachte sie an.
"Gut dann werde ich dem Schreiber befehlen, daß er darauf achten soll, daß du alles sehen und hören kannst, was er mir sagt."
Ich bedankte mich mit einem Lächeln, griff ihre Hand und drückte sie. Sie erwiderte mein Lächeln und sagte dann:
"Du hast mir das Leben gerettet. Ich bin froh, daß ich dir zumindest ein wenig davon zurückgeben kann."
Wenn der Schreiber ihr an einer Wandtafel erklärte, was die einzelnen Buchstaben bedeuteten, hörte ich aufmerksam zu. Ich beobachtete ihre Schreibübungen und versuchte mir alles sorgfältig einzuprägen.

Wochen vergingen. Die blauen Flecken und Zerrungen der Strafe waren inzwischen wieder so weit abgeklungen, daß ich wieder vollen Dienst leisten konnte, doch die Herrin hatte darauf bestanden, daß meine Wache bei ihr die Zeit einschloß, in der sie ihren Unterricht erhielt, so daß ich weiterhin Gelegenheit erhielt, zu lernen.

Eines Tages hatte ich endlich die Buchstaben zusammen, die ich für meine Bitte brauchte, nahm die Schreibtafel der Herrin und schrieb: "Zadek will bestimmt auch schreiben lernen."
Leider sah es, obwohl ich mir große Mühe gegeben hatte, die Buchstaben richtig zu lernen, bei weitem nicht so gut aus, wie wenn der Schreiber schrieb.
"Kanto hat etwas geschrieben!" rief die Herrin aufgeregt.

Der Schreiber kam zu mir, sah es sich an und fragte die Herrin, ob sie es lesen könne.
"Nein. So ganz nicht." antwortete die Herrin.
"Dann schreibe ich es dir noch einmal ordentlicher ab."
Der Schreiber tat wie versprochen und half der Herrin dabei, den Satz zu lesen. Mein nachfolgender Versuch, die Herrin zu überzeugen, daß sie Zadek die Teilnahme am Unterricht erlaubte, war vom Erfolg gekrönt, obgleich es mich heute noch wundert, wie sie es geschafft haben, mich zu verstehen, obwohl mir bei den nächsten Sätzen die meisten Buchstaben, die ich gebraucht hätte, um etwas Sinnvolles zu schreiben einfach nicht eingefallen sind. Unaufgefordert schenkte mir die Herrin ihre Tafel, damit ich immer etwas zu schreiben hatte.

Koris war der nächste, an dem ich meine neuerworbene Fähigkeit erprobte. Er hatte, als der Herr ihm zum Offizier ernannt hatte, auf Befehl des Herrn lesen und schreiben gelernt, so daß er mich verstehen konnte. Und Gründe, mit ihm zu reden, hatte ich schon wegen meiner Arbeit genug. Abgesehen davon war er auch einer der Menschen, die ich wirklich mochte. Bei Abendessen setzte ich mich wie meist neben ihn, doch diesmal holte ich meine Schreibtafel heraus und beantwortete seine Fragen schriftlich.
"Du erstaunst mich immer wieder, Kanto. Wie hast du es geschafft, in so kurzer Zeit schreiben zu lernen? Ich habe drei Jahre gebraucht, bis ich es einigermaßen konnte." meinte er.
"Du kannst sprechen. Du hattest keinen Grund, es wirklich zu wollen." antwortete ich ihm schriftlich.
Er sah plötzlich sehr traurig aus.

Kersti

Quelle: Erinnerung an ein eigenes früheres Leben


F139. Kersti: Fortsetzung: Wenn ich nicht wüßte, daß du nichts in der Hose hast, könnte ich beinahe eifersüchtig sein
F137. Kersti: Voriges: Die Strafe für Widerspruch
FI11. Kersti: Niemand braucht Sklavenjungen
VA106. Kersti: Reinkarnation
EGI. Kersti: Kurzgeschichten
V231. Kersti: Frühere Leben von mir
Z51. Kersti: Erinnerungen an frühere Leben
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben
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Ein Text von Kersti Nebelsiek, Alte Wilhelmshäuser Str. 5, 34376 Immenhausen - Holzhausen, Tel.: 05673/1615, Internetseite: https://www.kersti.de/, Kersti_@gmx.de
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