1/2012

Reinkarnationserinnerung - Niemand braucht Sklavenjungen

F139.

Wenn ich nicht wüßte, daß du nichts in der Hose hast, könnte ich beinahe eifersüchtig sein

Es begann damit, daß mir Dinia während sie mich pflegte, schüchtern über Haar strich. Dann fingen wir an, Händchen zu halten, gaben uns Küßchen, wenn keiner zusah. Schließlich lagen wir manchmal gemeinsam im Bett und streichelten einander, wenn Zando Wache hatte und der Herr außer Haus war. Wir waren vorsichtig und es war nicht sehr häufig, aber diese Stunden waren uns wertvoll.

Ich freute mich jeden Tag auf meine Wache bei ihr, überlegte mir, wie ich ihr eine Freude machen könnte und von Zeit zu Zeit fiel mir etwas ein, was ihr ein Lächeln aufs Gesicht lockte.

Wir unterhielten uns lange und oft. Da reden viel schneller geht als schreiben erzählte sie mir viel und ich schrieb jeweils nur wenige Sätze. Dennoch erzählte ich ihr beinahe mein gesamtes Leben.

Eines Tages aß sie mit dem Herrn zu Mittag und ich stand wie immer bei solchen Gelegenheiten schräg hinter ihr und hielt Wache. Manchmal warf sie mir einen kurzen Blick, eine Bemerkung zu und wir lachten. Ich war froh, sie glücklich zu sehen. Plötzlich meinte der Herr in einem herablassend amusierten Tonfall:
"Wenn ich nicht wüßte, daß du nichts in der Hose hast, womit du das zuende bringen kannst, Sklave, könnte ich beinahe eifersüchtig sein."
Wie im Reflex fuhr meine Hand zum Schwert, um es zu ziehen und ihm den Kopf abzuschlagen, heftig kämpfte ich gegen diesen Impuls an. Mir wurde schwarz vor Augen. Gewaltsam entspannte ich meine geballten Fäuste und zwang meinem Gesicht einen ruhigen Ausdruck auf. Die Hände seiner Wachen fuhren zu den Schwertern, sie wurden totenblaß, als sie die Wut in meinem Gesicht sahen und begriffen, wie kurz ich davor gestanden hatte, meinen Herrn zu erschlagen.

Eigentlich sollte ich froh sein, daß es ihn nicht interessierte, daß ich in seine Frau verliebt war. Heilfroh, denn sonst hätte er mich hinrichten lassen oder Schlimmeres. Wie hatten wir nur so leichtsinnig sein können, ihn das merken zu lassen? Aber - er hatte sie beinahe umgebracht, wie konnte dieses herzlose Stück Dreck, das er war, sich über das Schönste, was ich in diesem Leben erlebt hatte, lustig machen? Der Herr aber lachte mich nur aus, als er sah, wie aufgewühlt ich war.

"Dieser Idiot." dachte ich, "Wie kann man nur so dumm sein, sich über einen ausgebildeten Krieger lustig zu machen. Und das, nachdem er gesehen hat, daß ich zum Schwert gegriffen habe. Es hatte sehr wenig gefehlt, daß ich ihm den Kopf abgeschlagen hätte - und seine Wachen wären nicht schnell genug gewesen, um ihn zu schützen: Sie hatten erst reagiert, als ich selbst schon angefangen hatte den Impuls zu kontrollieren."

Abends kam Koris zu uns ins Zimmer. Er schickte das Dienstmädchen fort, schloß die Tür hinter sich und sagte:
"Ich habe gehört, ihr habt so verliebt miteinander geturtelt, daß der Herr meinte, wenn er nicht wüßte, daß du Eunuch bist, Kanto, dann wäre er eifersüchtig. Stimmt das?"
Ich nickte.
"Himmel Kanto - zumindest du solltest das wirklich besser wissen!"
Ich schrieb: "Ich weiß es besser, deshalb lebt er noch."
Der Führer der Leibwache atmete tief durch.
"Du willst mich nicht verstehen, wie?"
Ich sah ihn nur zornig an.
"Herrin, Kanto, ihr beiden werdet in Gegenwart des Herrn oder in der Öffentlichkeit nicht miteinander sprechen. Kein Wort, das nicht für Kantos Pflichten als Leibwächter absolut notwendig ist. Ihr werdet einander nicht anlächeln. Ihr werdet euch nicht mit Gesten und nicht schriftlich unterhalten. Ihr tut so, als würdet ihr einander nicht kennen, verstanden?" der scharfe Befehlston, mit dem dieses letzte Wort ausgesprochen wurde, war unmißverständlich.

Ich nickte.
"Ganz gleich was er sagt, Kanto, der Herr ist eifersüchtig auf dich. Und er hat Grund dazu, denn seine Frau liebt dich und niemanden sonst. Er wird in den nächsten Tagen und Wochen noch mehr solche grausamen Scherze machen und du wirst ab jetzt durch nichts zu erkennen geben, was du darüber denkst, verstanden?"
Ich nickte.
"Kanto, du siehst schon wieder so aus, als wolltest jemanden mit bloßen Händen erwürgen. Hast Du dich überhaupt genug unter Kontrolle, um meinen Befehlen Folge zu leisten?" jetzt klang seine Stimme viel weicher.

Ich nickte und schrieb:
"Ich hatte mich unter Kontrolle, als sein Scherz vollkommen unerwartet kam. Jetzt, wo ich damit rechne, wird es leichter sein."
"Was ihr im stillen Kämmerlein ohne Zeugen miteinander tut, ist eure Sache. Aber wo euch jemand zuschaut, seid ihr nur Leibwächter und Herrin, nichts sonst."
Ich nickte und entspannte mich. Er hatte also nichts gegen unsere Beziehung. Er machte sich nur Sorgen um mich.
"Herrin, auch ihr müßt euch an meinen Rat halten. Kanto wurde einmal mit der Frau seines Herrn im Bett erwischt. Dafür hat er seine Zunge und seinen Penis verloren. Ihr wollt doch nicht der Grund dafür sein, daß ihm etwas noch Schlimmeres angetan wird?"
Dinia brach in Tränen aus. Ich drückte sie an mich. Es war natürlich nicht dasselbe. Die frühere Herrin hatte mich in ihr Bett befohlen, obwohl ich sie gebeten hatte, das nicht von mir zu verlangen. Dinia und ich waren dagegen wirklich ineinander verliebt - und hatten darüber leichtsinnigerweise die ganze Welt vergessen.

"Ich kann mich auf euch beiden verlassen, nicht wahr?" sagte Koris.
Ich nickte.
"Ich wollte ihn doch nicht in Gefahr bringen, ich liebe ihn doch!" sagte Dinia.
"Weißt du, der Herr hat im Grunde nichts Besseres verdient. Er hätte dich beinahe umgebracht. Aber euer eigenes Leben solltet ihr nicht durch solchen Leichtsinn aufs Spiel setzen."
Ich nickte und küßte die Herrin. Koris sah uns beide an, lächelte und schüttelte den Kopf. Immer noch lächelnd verließ er den Raum.

Wir hielten uns danach streng an seinen Rat.

Kersti

Quelle: Erinnerung an ein eigenes früheres Leben


F140. Kersti: Fortsetzung: Um nicht die Gefühle eines Leibwächters zu verletzen
F138. Kersti: Voriges: Lesen und Schreiben
FI11. Kersti: Niemand braucht Sklavenjungen
VA106. Kersti: Reinkarnation
EGI. Kersti: Kurzgeschichten
V231. Kersti: Frühere Leben von mir
Z51. Kersti: Erinnerungen an frühere Leben
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben
Kersti: Hauptseite
Kersti: Suche und Links
Kersti: Über Philosophie und Autorin dieser Seite

Ein Text von Kersti Nebelsiek, Alte Wilhelmshäuser Str. 5, 34376 Immenhausen - Holzhausen, Tel.: 05673/1615, Internetseite: https://www.kersti.de/, Kersti_@gmx.de
Da ich es leider nie schaffe, alle Mails zu beantworten, schon mal im voraus vielen Dank für all die netten Mails, die ich von Lesern immer bekomme.
Werbung ist nicht erwünscht und ich bin nicht damit einverstanden, daß diese Adresse für Werbezwecke gespeichert wird.