erste Version: 8/2015
letzte Bearbeitung: 8/2015

Ägyptische Priesterleben: Ägyptische Priesterleben - Eine Schule der Hingabe

F558.

Als ich sagte, daß mein Vater gesagt hatte, daß man sich freuen muß, erklärte er mir, daß das dann ja gar nicht meine Gefühle seien, ich solle nachschauen, was meine Gefühle sind

Vorgeschichte: F557. Kersti: D

Erigon erzählt:
"Warum mußte mein Lehrer es denn selber machen?" fragte ich.
"Damit er sich so bewußt wie irgend möglich war, daß es seine Handlung und seine Entscheidung war, die ihn zum Eunuchen gemacht hat. Danach war er dann eine ganze Weile ziemlich kratzbürstig, aber wir hatten das Gefühl, daß er sich Mühe gab, sich anzupassen."
Ich erzählte, daß er mir gesagt hatte, daß sie ihm die Zunge herausschneiden würden.
"Das kommt jetzt auch auf mich zu." sagte er.
"Und wie fühlst du dich damit?"
"Ich kann mir noch nicht so recht vorstellen, wie es wird, aber ich werde schon damit zurechtkommen." seine Stimme klang entspannt.
Ich suchte nach Worten, um die Frage zu formulieren, die mich jetzt interessierte. Er hörte sich mein Gestammel kurz an und meinte dann:
"Ich nehme an, du willst mir jetzt die Frage stellen, mit der du deinen spirituellen Lehrer neulich so auf die Palme gebracht hast?"
Ich nickte erleichtert.
"Er hat mir danach gesagt, daß das eine der wichtigsten Fragen war, die ihm je gestellt wurden. Aber wie immer, wenn eine Frage genau den Punkt trifft, ist er natürlich erst einmal stinksauer geworden."
Ich horchte auf, denn er hatte sich zwar bei mir für die Frage bedankt, aber so deutlich hatte er das nicht gesagt!
"Ich bin ein ganz anderer Typ als dein Lehrer. Ich war eher der brave Typ. Wenn mein Vater gesagt hat, daß ich mich über etwas freuen soll, habe ich brav gelächelt. Wenn er sagte, daß seine Schläge für mich gut seinen, versuchte ich die Schläge gut zu finden. Und er war die Sorte Mensch, die abends besoffen nach Hause kommt und aus einer Laune heraus die Kinder und Sklaven verprügelt. Wenn er behauptete, er würde mich schlagen, weil ich böse wäre und mich bessern müßte, versuchte ich mich böse zu finden und mich so zu bessern, daß er mich nicht mehr schlägt. Ein Ding der Unmöglichkeit bei diesem Kerl, also war ich der Ansicht ich sei von Natur aus böse. Als er mir sagte, daß ich für den Tempel vorgesehen wäre und mich doch sicherlich freuen würde, daß man mich für den Dienst bei so hohen Herren im Tempel des Schweigens ausersehen hatte und doch bestimmt fände, daß es gut wäre mir dafür die Zunge herauszuschneiden, weil Sklaven ja nie den Mund halten wenn sie das sollen stimmte ich zu und versuchte mich auf den Tempel zu freuen. Da ich mich an keine Situation erinnern konnte, in der ich mich mal richtig gefreut hatte, dachte ich, das sei mir auch gelungen.
Dann kam der Tag an dem ich hierherkam und ich redete mir ein, ich wäre jetzt ganz besonders stolz, nun ein Priester zu werden. Mein Vater übergab mich an den Eunuchen, der mich zur Kastration brachte und statt mich einfach zu kastrieren, fragte der Verschneider mich nach meinen Gefühlen. Ich erzählte daß ich stolz sei jetzt Priester zu werden und mich freute, dafür kastriert zu werden. Er fragte mich nach den Gründen für diese Freude und als ich sagte, daß mein Vater gesagt hatte, daß man sich freuen muß, erklärte er mir, daß das dann ja gar nicht meine Gefühle seien, ich solle nachschauen, was meine Gefühle sind. Er redete so lange mit mir, bis mir bewußt wurde, daß ich eine Scheißangst vor dieser Kastration hatte, daß ich Heimweh hatte, mich ungeliebt fühlte und nur noch jämmerlich weinte. Er nahm mich in die Arme, ließ mich weinen und erklärte mir dann, warum nicht alle Jungen selber Kinder bekommen dürfen. Er sagte, daß wir beide jetzt wissen, daß ich wirklich nicht kastriert werden will und daß es für mich persönlich nicht gut ist, daß er es aber trotzdem machen würde, weil es notwendig sei, zu verhindern, daß so viele Kinder geboren werden, daß sie am Ende alle verhungern. Er befahl mir, mich über diesen Graben zu stellen und wie immer war ich brav und ließ es mit mir machen. Aber zum ersten mal in meinem Leben war mir klar, daß ich das wirklich nicht wollte und daß ich darüber sehr unglücklich war.
In der Woche, als ich mich davon erholte, habe ich fast nur geweint, weil mir in den Gesprächen mit meinem spirituellen Lehrer klar wurde, wie totunglücklich ich als Kind gewesen war und daß ich mir das nur nicht eingestanden hatte, weil Sklaven ja glücklich darüber zu sein hatten, wie gut mein Vater für sie sorgt. Danach wurde ich dann gefragt, welche Arbeiten ich denn am liebsten machte und das wurde ein ziemlich langes Gespräch, weil ich gar nicht gewöhnt war, mir meine Wünsche einzugestehen. Nachdem ich endlich herausgefunden hatte, was ich gerne arbeite, wurde ich genau dafür eingeteilt und während ich die Arbeit tat, erlebte ich zum ersten mal, wie es sich anfühlt, wenn man tut was man will und sich wirklich freut. Das was ich da empfand war blaß im Vergleich zu der Freude, die ich jetzt kenne, aber es war mehr, als ich je zuvor erlebt hatte. Ich merkte, wie gut es tut, geliebt zu werden. Und dann plötzlich kam der Vorarbeiter an, sagte mir ich sollte mich hinknien und schlug mich. Ich brach in Tränen aus und konnte gar nicht mehr aufhören zu weinen. Einer der anderen Priester kam zu mir, nahm mich in die Arme, tröstete mich und fragte mich warum ich eigentlich weinte. Ziemlich schnell fanden wir heraus, daß ich mich gar nicht erinnern konnte, ob die Schläge überhaupt wehgetan hätten und daß die Haut nicht verletzt war. Die Schläge an sich waren jedenfalls nicht schlimm gewesen. Er fragte mich, warum ich denn so traurig gewesen sei, wenn sie Schläge nicht wehgetan hatten. Ich meinte dann, daß die Schläge doch bestimmt bedeuten, daß ich böse gewesen sei. Er fragte mich, ob ich mich denn erinnern könne, etwas Böses gemacht zu haben. Mir fiel nichts ein. Ihm auch nicht. Er erklärte, daß das dann ja wohl auch nicht der Grund für die Schläge gewesen sein könne. Ich solle doch zum Vorarbeiter gehen und ihn fragen, warum er mich geschlagen hatte. Er stellte mir ebenfalls sehr viele Fragen und erklärte mir dann, daß die Schläge rein symbolisch gewesen seien. Sie dienten dazu, mir bewußt zu machen, wie viele schreckliche Gefühle ich mit Schlägen verband, damit ich diese Gefühle sehen und loslassen kann. Danach redete ich mit meinem spirituellen Lehrer viele Tage lang über meinen Vater, der mich immer veprügelt hatte, wenn er besoffen war und mir wurde klar, daß das mit mir nichts zu tun gehabt hatte - wenn man mal davon absah daß ich klein und wehrlos war - sondern daß diese Prügelorgien eine persönliche Schwäche meines Vaters waren. Er hatte schließlich jeden geschlagen, der es nicht wagen konnte, sich ihm zu widersetzen.
Irgendwann dann begann mich das Rätsel, warum ich glücklich wurde, nachdem man mir etwas angetan hatte, was nun wirklich nicht gut für mich war, zu beschäftigen. Ich ging zu meinem Verschneider hin, um ihn zu fragen, wie er sich das erklärte. Er erzählte mir, daß wir darauf bestehen, daß die Männlichkeit der Jungen unversehrt ist, wenn sie in den Tempel kommen, weil wir die Kastration, die nötig ist, damit nicht zu viele Kinder gezeugt werden, dann benutzen können, um daran zu lernen, wie man mit den Härten und Ungerechtigkeiten des Lebens umgeht, ohne daran Schaden zu nehmen. Wir benutzen sie als Beispiel, an dem wir lernen können, wie gesunde Hingabe an das Leben funktioniert. Und da das so ein Wendepunkt in meinem Leben war, hat mich das Phänomen, daß man etwas für den Betroffenen so Schlechtes benutzen kann, um etwas so Gutes für genau diese Person zu bewirken, so fasziniert, daß ich Verschneider geworden bin." schloß er.

Irgendwie verstand ich jetzt, wie er dazu gekommen war, diesen Beruf mit Liebe auszuüben und denen, die er verschneidet, dabei so viel Herzlichkeit entgegen zu bringen. Aber auf einer anderen Ebene verwirrte und verblüffte mich die Geschichte so, daß ich nur noch mehr Fragen im Kopf hatte. Außerdem bezweifelte ich, daß die Kastrationen wirklich eine sinnvolle Maßnahme der Bevölkerungskontrolle darstellten, denn alle Sklavinnen auf dem Hof meines Vaters bekamen im Schnitt so zehn Kinder in ihrem Leben, obwohl von zehn Jungen neun kastriert wurden. Damit ging ich davon aus, daß die Kastrationen auf dem Hof, wo ich aufgewachsen war, jedenfalls keinen Einfluß auf die Kinderzahl gehabt hatten.

Daß auf dem Hof nicht immer mehr und mehr Menschen lebten, lag nur daran, daß alle Mädchen verkauft wurden, kurz bevor sie in die Pubertät kamen und daß nur so viele Mädchen gekauft wurden, wie der Hof brauchte, damit die gewünschte Zahl Kinder zur Welt kam. Es gab also wesentlich weniger Frauen in den fruchtbaren Jahren als Eunuchen auf dem Hof und viele der Mädchen wurden in die Stadt verkauft, wo generell nicht so viele Kinder aufgezogen wurden, wie man Sklavinnen brauchte.

Kersti

Fortsetzung:
F559. Kersti: D

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben

EGI. Kersti: Erinnerungen aus diesem Leben, aus früheren Leben und aus feinstofflichen Welten
V231. Kersti: Frühere Leben von mir
FI62. Kersti: Inhalt: Eine Schule der Hingabe

Ein Text von Kersti Nebelsiek, Alte Wilhelmshäuser Str. 5, 34376 Immenhausen - Holzhausen, Tel.: 05673/1615, https://www.kersti.de/, Kersti_@gmx.de
Da ich es leider nie schaffe, alle Mails zu beantworten, schon mal im Voraus vielen Dank für all die netten Mails, die ich von Lesern immer bekomme.
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