erste Version: 12/2017
letzte Bearbeitung: 12/2017
Vorgeschichte:
F964.
D
Ehon erzählt:
Da der Orden vorgeben wollte, daß Geron gestorben sei, war schon vorher in der Diskussion gewesen, sie hatten die Angelegenheit aber nur halbherzig angegangen, da einfach zu viel passiert war.
Daher ließ ich Nachforschungen anstellen, als wen wir ihn ausgeben konnten. Die einzige Person, die dafür in Frage kam, war ein Vierzehnjähriger, der durch einen Unfall ums Leben gekommen war. Er war körperlich ähnlich genug, daß jemand, der ihn nicht kannte, glauben konnte, es wäre dieselbe Person, war sehr klein gewachsen gewesen und seelisch nahe genug verwandt, daß nicht auffallen würde, daß die Personen vertauscht worden waren. Außerdem war er Vollwaise und galt er als magisch sehr begabt, so daß Gerons außergewöhnliche Begabung nicht zu überraschend erscheinen würde. Wegen der Genesung würde Geron einige Zeit von niemandem gesehen werden, der nicht sowieso eingeweiht war und von seiner Persönlichkeit her ging er durchaus als Jugendlicher durch. Ich sorgte also dafür, daß verbreitet wurde, der Tote wäre lediglich schwer verletzt und würde zur Behandlung hierher gebracht.
Kirçi, der beste Freund des Jungen, wurde mit der leeren Kutsche mitgeschickt, da er Geron in seine Legende einführen sollte.
Dirk merkte, als ich das das erste mal erwähnte, daß es mir zu viel war, mich bei dem ganzen Chaos auch noch um einen trauernden Jugendlichen zu kümmern, dem so etwas schwieriges abverlangt wurde, wie daß er jemanden anders als seinen toten besten Freund ausgeben sollte. Er bot mir daher an, das erste Gespräch mit ihm zu führen, schließlich wüßte er aus eigener Erfahrung, was man in einer solchen Situation am dringensten braucht. Ich war erstaunt und erleichtert und ließ ihn machen.
Erst als ich abends einschlafen wollte, kam mir der Gedanke, daß ich vielleicht mal fragen sollte, was er damit gemeint hatte, daß er aus eigener Erfahrung wüßte, was man in einer solchen Situation am dringensten braucht. Ich ärgerte mich - wie schon zig mal in den letzten Tagen über mich selbst. Nicht nur, daß es mir einfach nicht gelang, immer an alles zu denken, was wichtig war und um das ich mich kümmern mußte, ich war auch noch so unausgeglichen, daß ich von Zeit zu Zeit jemanden anfuhr, der so etwas nicht verdient hatte oder an unpassensten Stellen plötzlich zu lachen begann. Glücklicherweise nahm mir das niemand wirklich übel, weil sie durchaus begriffen, wie es zustande kam, aber das war doch kein Zustand! So etwas darf sich ein Vorgesetzter einfach nicht leisten.
Ich kam nicht dazu, die Frage zu stellen, denn Dirk fuhr am nächsten Morgen mit seinen beiden Begleitern heim, da er rechtzeitig zu Gerons vorgeblicher Beerdigung wieder dort sein mußte. Da der Jugendliche ihn bis an die Kutsche begleitete und sie die ganze Zeit miteinander redeten, ging ich davon aus, daß ihr Gespräch gut gelaufen sein mußte.
Von Igor war der Vorschlag gekommen, daß wir mit den Kindern an die neue Hochbegabtenschule geben könnten, die der Orden in einem anderen Landesteil gründen würde. Sie wäre weit genug weg, daß niemand Geron wiedererkennen konnte. Da Geron an Khar hing, sollten wir mit dorthin gehen und uns dort neue Gebäude bauen lassen. Dort würden wir auch Gelegenheit haben, uns aus den Kindern der Schule diejenigen Stipendiaten herauszupicken, die für eine Ausbildung zum schwarzen Ritter geeignet waren. Das Ganze erschien mir so zumindest praktikabel und ich ging davon aus, daß Khar dem zustimmen würde, sobald er wieder ansprechbar war. Zumindest hoffe ich, daß er wieder gesund werden oder wenigstens am Leben bleiben würde. Ich konnte ehrlich darauf verzichten die Leitung dauerhaft zu haben.
Außerdem durfte ich die Betreuung eines trauernden Jugendlichen weder allein dessen Seelsorger noch einem Kind überlassen. "Du mußt uns helfen, damit sie meinen Freund nicht umbringen!" ist so ungefähr das gemeinste Argument, mit dem man einem solchen Kind kommen kann, wenn er vor Trauer nicht ein noch aus weiß, weil der eigene beste Freund gestorben ist. Daß der Junge sich mit der Regelung einverstanden erklärt hatte, heißt noch lange nicht, daß er auch nur ansatzweise damit fertig wurde. Also mußte ich regelmäßig Zeit für ihn finden und mir seine Sorgen anhören. Und da ich es sonst wahrscheinlich vergessen hätte, entschied ich, daß er jeden Abend mit mir zu abend essen sollte. An mein eigenes Abendessen würde mich mein Magen erinnern und wenn er dann neben mir saß, bestand nicht die Gefahr, daß ich seine Sorgen völlig aus dem Blick verlor.
Fortsetzung:
F966.
D
Ein Text von Kersti Nebelsiek, Alte Wilhelmshäuser Str. 5,
34376 Immenhausen - Holzhausen, Tel.: 05673/1615,
https://www.kersti.de/,
Kersti_@gmx.de
Da ich es leider nie schaffe, alle Mails zu beantworten, schon mal
im Voraus vielen Dank für all die netten Mails, die ich von
Lesern immer bekomme.
Werbung - auch in Form spiritueller Newsletter - ist nicht erwünscht und ich bin nicht damit einverstanden, daß diese Adresse für Werbezwecke gespeichert wird.