erste Version: 1/2019
letzte Bearbeitung: 1/2019

Chronik des Aufstiegs: Die Pforten der Hölle - Die Beschützer der Menschheit vor den Geistern der Verzweiflung

F1194.

Tatsächlich hatte ich zu viel hin und her überlegt, ob ich meine Gedächtnislücke eher ansprechen oder eher verschweigen sollte

Vorgeschichte: F1195. Tharon: Der Rest des Rittes überzeugte mich, daß Khar wirklich tot war, denn er übernahm auf dem gesamten Ritt die Hauptlast der magischen Verteidigung

Khar erzählt:
Ich muß beim Reiten eingeschlafen sein oder so etwas, denn ich erwachte in einem Bett. Mischtrauisch sah ich mich um, ob das nicht möglicherweise wieder einer der Käfige für Besessene war, aber nein, es handelte sich um ein völlig normales Zimmer, das ich verlassen konnte, ohne daß jemand mich daran zu hindern versuchte.

Nur - warum wußte ich dann nicht, was in der Zwischenzeit geschehen war? Ich stand auf, zog mich an - meine Sachen lagen ordentlich und sauber auf einem Stuhl bereit und es waren nicht die, die ich am Vortag angehabt hatte. Das hieß wohl, daß ich unter Freunden war, denn woher sonst sollten meine eigenen Sachen kommen, die jedenfalls nicht auf dem fremden Pferd gewesen waren, das ich geritten hatte.

Ich öffnete die Zimmertür und als dort niemand zu sehen war, machte ich mich auf die Suche nach einem Ort, wo man etwas zu essen bekommt, denn mein Magen teilte mir mit, daß er sich sehr vernachlässigt fühlte. Erst um die nächste Gangecke begegnete mir jemand. Ehe ich meine Frage beisammen hatte - oder mich so ganz entscheiden konnte, was ich fragen wollte, meinte die Frau:
"Du kommst mit."
"Wohin?" fragte ich.
"Tharon will dich sofort sehen." meinte sie.
Mir fiel ein Stein vom Herzen, weil es ihm offensichtlich gut genug ging. Mein nächster Gedanke war:
*Oh nein - sofort wieder Arbeit!*
"Kriege ich auch etwas zu essen?" fragte ich kläglich.
"Ich bringe dir was." antwortete sie und fragte mich was ich wollte.
"Ich bin noch nicht viel weiter gekommen als bis zu der Erkenntnis daß mein Magen knurrt. Was gibt es denn?" fragte ich.
Tatsächlich hatte ich zu viel hin und her überlegt, ob ich meine Gedächtnislücke eher ansprechen oder eher verschweigen sollte. Je nachdem, mit wem man es zu tun bekam, bekam man bei so etwas bequem alle Fragen beantwortet - oder man hat Pech und es mit jemanden zu tun, der einen dann für einen längeren Zeitraum für verrückt hielt. Glücklicherweise stellte sich die Frage jetzt nicht mehr, denn mit Tharon würde ich natürlich offen reden und dann wäre auch klar, wie ich weiter vorgehen muß, weil ich dann alle notwendigen Informationen hätte.

Sobald die Frau uns allein gelassen hatte, sagte ich Tharon, daß ich mich nicht an den Weg hierher erinnern konnte und auch nicht wußte, wo ich eigentlich war. Er erklärte mir, daß es sich um ein anderes Ordenshaus handelte, dessen Name und Lage er mir nannte und daß wir hier erst einmal bleiben konnten. In der nächsten Zeit würde dann dieser Ordensstandort unser Haus übernehmen und sich dabei verhalten, als wolle er vertuschen, daß es einen schweren magischen Angriff gegeben hatte, bei dem ein Ordensstandort praktisch ausgelöscht worden war. Unser alter Ordensstandort würde daher zunächst von völlig bedeutungslosen Ordensangehörigen übernommen werden, die keine wirksame magische Wache halten können, so daß dort der Eindruck entsteht, da wäre nichts mehr.

Wir würden uns zunächst hinter der Wache des hiesigen Standortes verstecken und mit einigen Jahren Verzögerung würden die mächtigen Magier den hiesigen Standortes von hier zum dortigen Standort abwandern und dann hier hauptsächlich unsere jüngere Generation den Wachdienst übernehmen, so daß wir von der Energiesignatur kaum wiederzuerkennen sein würden. Außerdem würden wir alle irdisch unsere Identität wechseln, die Namen stünden aber noch nicht fest, weil wir erst noch geeignete Deckidentitäten suchen müßten.

Ich fragte, ob ich mich am Vortag denn seltsam verhalten hatte.
"Nein, überhaupt nicht. Wer immer sich da um den Körper gekümmert hat, muß zu deiner regulären feinstofflichen Mannschaft gehören oder ist ein eigener Anteil von dir, denn er wußte haargenau bescheid, was er machen mußte, selbst in Dingen, die wir dir irdisch nicht erklärt hatten, weil alles zu plötzlich kam. Er hat sich an der Pforte völlig korrekt vorgestellt, sogar die richtigen Codewörter genannt und nach genau den Leuten gefragt, die ihm die Türe öffnen würden. Der Pfortendienst kannte dich natürlich nicht, aber selbst Anna ist nicht aufgefallen, daß da jemand anders im Körper war und sie hätte es zumindest gemerkt, wenn dein Vertreter charakterlich auffallend anders gewirkt hätte."
Anna war natürlich nicht besonders hellsichtig, so daß sie es nicht sehen konnte, wenn jemand anders da war.
"Jedenfalls sollte die Erinnerung bei jemandem sein, den du gut kennst, du wirst nur nachfragen müssen, wer sie eigentlich hat und kannst dir eine Kopie geben lassen, damit du bescheid weißt." meinte Tharon.
"Shiwa warst du das?"
"Nein das war Fenrir." antwortete er sofort und schob den Wolf zu mir hin, dem irgendetwas außerordentlich peinlich zu sein schien."
Ich ließ mir seine Erinnerung geben.

Die nächste Frage mußte ich wohl in meinem eigenen Gedächtnis nachkramen. Warum war ich eigentlich nicht in meinem Körper gewesen, als ich hier ankam? Andererseits war die Information gar nicht im Körper abgespeichert, da ich ja offensichtlich nicht im Körper gewesen war und daher würde ich zumindest etwas Ruhe brauchen, um mir sowohl die feinstofflichen Erinnerungen als auch Fenrirs Erinnerungen an den Weg, den er mit meinem Körper gegangen war, anzusehen. Wahrscheinlich würde ich nur im Schlaf genug Ruhe haben, um das zu tun, so daß ich die Erinnerung nur als Traum einspielen konnte.
"Sag mal, hast du eine Ahnung warum ich nicht im Körper war?" fragte ich.
"Es gab danach noch einen sehr großen magischen Angriff auf uns. Du hast bei der magischen Verteidigung des Ordens geholfen und dich selbst wahrscheinlich magisch als Tier getarnt; möglicherweise als Fuchs während du dich zu uns geschlichen hast. Jedenfalls hatte der Wachmagier deine Ankunft noch gar nicht gemeldet, als Anna gesagt hatte, daß du es hierher geschafft hast und Khiris mitgebracht hast."
"Warum wurde eigentlich Anna geschickt, um zu sehen, wer gekommen ist? Sie hat nicht gemerkt, daß ich nicht im Körper war. Da Fenrir den Körper bewacht hat, war das natürlich kein Problem, aber sie hätten mich ja auch mit einem Exorzismus aus dem Körper geworfen haben können und dann jemand da rein getan haben können, der irgendein magisches Problem durch die magische Abschirmung ins Haus schleppt." sagte ich.
"Du hast recht. Da wir aber alle in der Kapelle waren, um die Ablenkung aufrecht zu erhalten, mit der wir die Feinde zu einem anderen Ort gelenkt und dann in eine vorbereitete magische Falle gelockt haben, konnten die hiesigen niemanden anders fragen, ob er dich identifizieren kann."
Ich schüttelte innerlich den Kopf. Das war eine richtig gefährliche Sicherheitslücke und wir hatten nichts gehabt, womit wir sie hatten stopfen können.

Es klopfte an der Tür und eine Stimme sagte:
"Ich bringe das Essen."
"Stellen sie es rein und lassen sie uns dann bitte wieder allein." sagte Tharon.
Ein Teewagen mit Frühstück wurde in das Zimmer geschoben und die Tür schloß sich wieder. Ich stellte es auf den Tisch und begann zu essen, als Tharon plötzlich sagte, daß im Augenblick die Leute für eine Versammlung zusammengerufen würden und daß ich diese Versammlung leiten sollte und Ehon als stellvertretender Leiter fungieren würde.
"Ist Rios denn tot?" fragte ich erschrocken, weil ich mir keinen anderen Grund für so etwas vorstellen konnte.
"Nicht tot aber schwer verletzt." antwortete Tharon.
Ich hatte plötzlich wieder das Bild meines toten Hengstes vor Augen und brach in Tränen aus.

Kersti

Fortsetzung:
F1196. Khar: Ich entschied, daß ich richtig gefrühstückt haben wollte, bevor ich zu einer Versammlung erschien, der ich mich so wenig gewachsen fühlte, wie das nun einmal der Fall war