erste Version: 1/2019
letzte Bearbeitung: 1/2019

Chronik des Aufstiegs: Die Pforten der Hölle - Die Beschützer der Menschheit vor den Geistern der Verzweiflung

F1203.

Plötzlich konnte ich mir unter ewigen Höllenqualen etwas vorstellen, das mir ernsthaft Entsetzen einflößte

Vorgeschichte: F1202. Khar: Rios kam wieder auf die Beine, doch er hatte ständig schwere Kopfschmerzen, die einfach nicht weggehen wollten, egal was wir versuchten

Riko erzählt:
Schon von Karon hatte ich erfahren, daß seine Leute sich um Besessene kümmern und sie heilen. Ich stellte Khar daher Fragen dazu, was sie genau machen und ob er an Dämonen und die Hölle glaubt. Und wie könnte es auch anders sein, die Frage war mal wieder schwierig zu beantworten. Dabei hatte ich das eigentlich für eine einfache Frage gehalten.

Er sagte mir, er würde jemanden rufen und ich sollte ihm beschreiben war ich spürte. Ich fühlte also in mich hinein und spürte daß da jemand war, der mir groß und liebvoll vorkam und dem ich vertraute. Ich beschrieb ihn als irgendwie dunkler als Erzengel Michael aber sehr liebevoll und fürsorglich. Ich hatte auch das Gefühl daß er viel sanfter und geduldiger als Erzengel Michael war, während mir Michael eher streng vorgekommen war. Dann rief er Jesus, der auch sanfter und nicht so streng wie Michael war, aber sehr hell. Jesus schien sich auch irgendwie zu freuen, als er den Dunkeln gesehen hat. Und schließlich verriet mir Khar, wen er da gerufen hatte - den Teufel.
"Aber der ist ja gar nicht böse!" meinte ich erstaunt.
"Nein, ist er nicht. Was du wahrnimmst, ist deine eigene Beziehung zum Teufel, denn du kennst ihn." meinte Khar.
Ich fragte mich, warum ich ausgerechnet den Teufel für liebevoll hielt und stellte diese Frage laut

"Satan würde ich nicht auf dieselbe Weise rufen, denn er ist eher, wie Rios jetzt ist, wo er so schlimme Schmerzen hat - oft gereizt - nur hat sich Rios noch so weit unter Kontrolle, daß er einen lediglich anbrüllt. Satan ist so verletzt, daß ein falsches Wort bewirken kann, daß er in Panik um sich schlägt. Daher ist er niemand, den man einfach mal so für einen Anschauungsunterricht rufen würde. Aber auch Satan ist nicht im eigentlichen Sinne des Wortes böse, er ist nur sehr verletzt." erklärte Khar.
Ich dachte an Rios, den ich kannte, seit er als kleiner Junge nach der Flucht aus Rußland hierher gekommen war. Während der gleichaltrige Tharon jetzt einfach nur müde von einem Leben wirkte, daß ihn immer wieder maßlos überfordert hatte, konnte ich bei Rios beobachten, wie er vor meinen Augen zerfiel. Rios der immer der unauffällige Mann im Schatten des viel beeindruckenderen Tharon gewesen war, der immer die kleinen zwischenmenschlichen Probleme behob, die Tharons forsche Art hervorrief, der begütigte und im Hintergrund dafür sorgte, daß alles lief und bei den größten Katastrophen ruhig und gelassen blieb. Jetzt erkannte ich ihn kaum wieder. Mal erwischte ich ihn, wie er sich in irgendeiner Ecke zusammenkauerte und vor Schmerzen weinte, wenn man ihn ansprach, fuhr er herum als wollte er das Schwert ziehen und einem den Kopf abschlagen, aber er brüllte einen nur an, man solle ihn gefälligst in Ruhe lassen und vor allem nicht von hinten kommen. Ständig rastete er wegen Nichtigkeiten aus. Und er war oft so aufgeregt, daß er am ganzen Leibe zitterte. Irgendwann hatte ich dann gesagt, daß ich mir Sorgen mache, daß er aus Verzweiflung Selbstmord begehen könnte.
"Das würde nichts bringen. Die Verletzungen sind feinstofflich." sagte er in einem leisen sachlichen Ton, der völlig im Gegensatz zu seinen inzwischen so häufigen Wutausbrüchen stand.
Gerade dieser ruhige Ton, in dem er das sagte, machte mir bewußt, daß er in einer völlig ausweglosen Lage feststeckte, die weit über seine Kräfte ging. Plötzlich konnte ich mir unter ewigen Höllenqualen etwas vorstellen, das mir ernsthaft Entsetzen einflößte.

Khar verbrachte täglich etwas Zeit mit Rios und versuchte diese feinstofflichen Verletzungen zu heilen. Ich bewunderte seine Hartnäckigkeit und Geduld bei einem Problem, wo so überhaupt keine Erfolge zu sehen waren. Ich bewunderte auch die ruhige Gelassenheit, die er Rios Ausbrüchen entgegenbrachte und ich wunderte mich, daß er, wenn ich dann abends mit mir redete, ständig mit einem "Rios hat gesagt" oder "Rios hat vorgeschlagen" ankam. Schließlich fragte ich ihn, ob er Rios wirklich so oft um Rat fragte.
"Selbstverständlich tue ich das. Dadurch daß er Schmerzen hat, ist er nicht dümmer geworden und er ist froh, wenn er was anderes hat, um sich darauf zu konzentrieren, so daß er sich damit von den ständigen Schmerzen ablenken kann." antwortete Khar.
Ich sagte, daß ich das Gefühl hatte, daß er vor meinen Augen zerfiel.
"Du unterschätzt Rios. Ja, er stößt täglich an seine Grenzen. Aber er steht auch jeden Morgen wieder auf und versucht mit allem fertig zu werden. So verhält sich kein Mensch, der gerade dabei ist zu zerbrechen."
Ich sagte ihm, daß ich mir so Höllenqualen vorstellte.
"Ich kenne die Höllen. Ich bin in diesem Leben durch einen Exorzismus in die Höllen geworfen worden. Und glaub mir, es gibt dort Dinge, die noch wesentlich schlimmer sind als solche Schmerzen." sagte Khar leise in einem ernsten Ton, der gerade, weil er nicht theatralisch war, es mir kalt den Rücken herunterlaufen ließ.
Ich fragte Khar, was denn schlimmer sein kann, als wenn man solche Schmerzen hat, wie Rios sie gerade ständig hat.
"Wenn man gar nichts fühlen kann, ist das schlimmer. Und Rios weiß das, denn er kennt die Höllen auch."
Er erzählte auch, daß sehr viele Dämonen keine Liebe fühlen können und daß man sie oft erst sehr lange heilen muß, bis sie das wieder lernen. Er sagte mir, daß Khiris sich erinnern könne, wie es ist, ohne Liebe zu sein, ich könne ihn danach fragen.

Kersti

Fortsetzung:
F1204. Riko: "Genauso weiß ich über Jesus, daß er den Teufel und andere große mächtige Dämonen vor der Hölle gerettet hat, aber mein Retter war Khar, nicht Jesus." erklärte Khiris