erste Version: 2/2019
letzte Bearbeitung: 2/2019

Chronik des Aufstiegs: Die Pforten der Hölle - Die Beschützer der Menschheit vor den Geistern der Verzweiflung

F1212.

Man hat nicht immer die Macht für seine Lieben das zu tun, was man gerne für sie tun würde

Vorgeschichte: F1211. Rios: Beim nächsten Gespräch mit Khar merkte ich dann, daß ich ihm die ganze Zeit nicht richtig zugehört hatte

Rios erzählt:
Außerdem hatte ich bisher nicht Tharon besuchen können. Während ein normal gesunder Mensch für ihn nur anstrengend war, wäre ich mit meinen Wutanfällen für ihn ernsthaft gefährlich gewesen, weil sein Energiesystem zu kaputt war, um so heftige Gefühlsausbrüche zu verkraften. Er hatte während der Flucht - und überhaupt sein ganzes Leben - zu oft zu viel Energie durch sein System geleitet, weil es zur Verteidigung absolut nötig gewesen war und jetzt war es so weit, daß die dadurch entstandenen Verletzungen im Energiesystem einfach nicht mehr heilten, weil das System zu vernarbt war. Daß es mir nicht so ging, lag daran, daß ich bei weitem nicht so mächtig war wie er und es deshalb nicht das Geringste gebracht hätte, wenn ich mich so überfordert hätte, wie er das immer tat.

Ich besuchte also jetzt, wo es mir gut genug ging, daß ich wieder meinen inneren Frieden finden konnte, Tharon und stellte auf den ersten Blick fest, daß er noch viel müder wirkte, als ich ihn das letzte mal gesehen hatte.
*Na, geht es dir endlich besser?*
Er sah mich an lächelte, sprach die Worte aber nicht aus. Ich hörte sie nur in meinen Gedanken. Weil ich wußte, daß er es wisse wollte, erzählte ich ihm, wie es mir ergangen war und wie sich die Schmerzen angefühlt hatten. Tharon hörte sich das an, doch an seinem sanften Lächeln änderte das nichts. Er kannte solche Schmerzen, denn er war ja damals als Siebenjähriger auf der Flucht aus Rußland ganz ähnlich verletzt worden, wie ich bei dem letzten Kampf. Ich erzählte ihm auch, daß Mirkos Heilversuche irgendwie die Wende gebracht hatten und daß es mir seither jeden Tag besser ging als am Vortag, weil Khar und Mirko immer abwechselnd heilten und jeder von den beiden wohl die Probleme sehen konnte, die der jeweils andere übersah. Auch Khiris hatte, als ich ihn besuchte, irgendetwas wesentliches geheilt und sie waren jetzt nur noch am Kleinkram nachbessern, während ich mich fast wieder gesund fühlte.
*Das erleichtert mich sehr. Ich habe befürchtet, wir müßten die Kinder jetzt schon ganz allein lassen.* dachte Tharon.
Ich erzählte ihm, daß ich Khar im Grunde schon ziemlich allein gelassen hatte, weil ich einfach nicht lange genug zusammenhängend hatte denken können, um mich wirklich mit der Ordensführung zu beschäftigen und wie sehr es mich überrascht hatte, wie gut der Junge seine Sache gemacht hatte.
*Ja. Er ist sehr erwachsen geworden. Ich glaube nur, es wäre besser für ihn gewesen, wenn er länger Kind hätte sein können.*
"Möglicherweise. Ich weiß es nicht. Wäre es denn für dich besser gewesen?" fragte ich.
Tharon nickte kaum merklich und begann lautlos zu weinen. Ich berührte sacht seine Hand und streichelte sie.
*Ich wollte ihn so dringend davor beschützen, daß es ihm genauso geht wie mir.*
"Khar ist älter." sagte ich.
Ich konnte spüren, daß es ihn nicht tröstete und dachte zurück an die Flucht aus Rußland, auf der Tharon ewig lange magische Wachen gehalten hatte, weil er einer von drei Leuten war, die mächtig genug waren, um uns gegen die ständigen magischen Angriffe zu schützen. Ich erinnerte mich daran wie ruhig und ernst er immer gewirkt hatte, wenn er im Wagen saß und Wache hielt, völlig in sich versunken und konzentriert. Fast den ganzen Rest des Tages hatte er dann verschlafen. Aber wenn er nicht geschlafen hat, hat er fast die ganze Zeit geweint und niemand konnte ihn wirklich trösten. Wenn ich ihn gefragt habe warum er so weint, erzählte er Dinge, die mir Angst machten. Als Khar dann als kleiner Junge zu uns kam und erzählt hat, wie er als Karon, Tharons Vater, gestorben ist, sagte Tharon mir:
"Ich habe doch richtig gesehen, was sie mit Papa und Mutti gemacht haben."
Ich war mir nicht sicher ob er um sich selbst oder um Khar weinte, aber ich glaube, es war beides.

Man hat nicht immer die Macht für seine Lieben das zu tun, was man gerne für sie tun würde.

Kersti

Fortsetzung:
F1213. Khar: Daß Rios wieder einigermaßen gesund war, hieß daß es eine Person mehr gab, die wußte, wie man führt, also konnte ich einige der Führungsaufgaben an ihn delegieren