erste Version: 2/2019
letzte Bearbeitung: 2/2019

Chronik des Aufstiegs: Die Pforten der Hölle - Der im Nachtmeer wohnt

F1231.

Khar war offensichtlich der Ansicht, daß ich in zwei Tagen lernen konnte, wozu andere Jahre brauchen

Vorgeschichte: F1230. Khar: Der japanische Mönch, der Ungarisch nur gebrochen sprach, hatte offensichtlich wesentlich bessere Sprachkenntnisse in Dämonensprachen

Takumondo erzählt:
Khar war offensichtlich der Ansicht, daß ich in zwei Tagen lernen konnte, wozu andere Jahre brauchen. Jedenfalls sprach er ab dem zweiten Tag nur noch deutsch mit mir. Eine Woche lang war es für ihn OK, wenn ich auf Ungarisch antwortete, dann erwartete er deutsche Antworten von mir. Aus mir völlig unverständlichen Gründen funktionierte das auch, wenn man mal davon absieht, daß ich mal, um ihn zu ärgern japanisch mit ihm geredet hatte, worauf er in diesem archaischem Japanisch antwortete, mit dem er mich schon am ersten Tag verblüfft hatte. Ich fragte ihm, wo er das herhatte, schließlich konnte man das ganz bestimmt nicht in Europa lernen und er antwortete:
"Also in diesem Leben habe ich jedenfalls kein Japanisch gelernt!"
Nachdem er mir so mitgeteilt hatte, daß er einfach so eine Sprache sprach, die er in einem früheren Leben gelernt hatte, rätselte ich darüber, ob das der Grund sein könnte, warum ich deutsch so viel schneller lernte als chinesisch oder ungarisch. Schließlich fragte ich Khar, was er glaubte, warum das so war.
"Ich sage dir im Feinstofflichen ein, wenn du die Wörter nicht kennst. Zuerst habe ich dir alles, was ich in deutsch gesagt habe, gleichzeitig in der Dämonensprache deiner feinstofflichen Heimat erzählt, später habe ich dir nur die Worte übersetzt und vorgesagt, die du nicht sofort verstanden hast. Außerdem habe ich allen anderen auch gesagt, daß sie im feinstofflichen dasselbe machen sollen. Die meisten wissen nicht, daß sie das tun, du hast aber bei jedem Gespräch einen feinstofflichen Helfer, der deutsch kann. Der Trick würde bei den meisten Menschen so nicht funktionieren, aber du bist so hellsichtig, daß du irdisch mitbekommst, was wir dir feinstofflich einsagen."
Ich war wie vor den Kopf geschlagen. Aber es stimmte. Ich hatte, wenn ich mich innerlich fragte, wie man etwas Bestimmtes auf deutsch sagt, tatsächlich oft eine innere Stimme gehört, die mir das entsprechende deutsche Wort sagte.

Die ungarische Bibel verstand ich beim ersten Lesen nicht, bis er mir den ersten Abschnitt in dieses archaische Japanisch übersetzte. Danach fragte ich mich, ob ich mein Gehirn eigentlich völlig ausgeschaltet hatte. Die Bibel benutzte ganz ähnliche Analogien wie ich aus Japan und China kannte, um religiöse Inhalte auszudrücken und ich hatte im Ungarischen so auf der konkreten Bedeutung der Wörter festgehangen, daß ich gar nicht drauf gekommen war, daß es im übertragenen Sinne gemeint gewesen war. Wenn man sich als Gelegenheitsarbeiter durchschlägt, muß das irgendetwas im Gehirn ausschalten! Von da ab war mir das, was dort stand, plötzlich klar. Ich verstand nur eines nicht: Warum hielten sie das Christentum für eine andere Religion als den Buddhismus? Für jede von Jesu Lehren gab es im Buddhismus Parallelbeispiele.

Khar verstand sehr gut, wie ich die Lehren verstanden hatte, aber er machte sich dann einen Spaß daraus, mir vorzuspielen, wie Kirchenleute meine Interpretation verdreht hätten, um daraus eine ganz böse Gotteslästerung, wie die Europäer das nennen, zu basteln. Dabei erklärte er mir auch einige völlig krause Interpretationen der Bibel, wo man sich wirklich das Gehirn verdrehen muß, um darauf zu kommen und bei welchen Untergruppen der Kirchenvertreter diese Fehlinterpretationen besonders verbreitet sind.

Besonders wundern tat mich das nicht, denn auch bei uns gab es so krause Interpretationen des Buddhismus, nur halt nicht genau dieselben. Deshalb muß man die diplomatischen Fallstricke ja für jede Kultur einzeln lernen, während die großen Weisheiten in jeder Kultur dieselben sind. Es gibt tausend Irrtümer, aber nur eine Wahrheit.

Ich betrachtete diesen Jugendlichen und fragte mich, wie er eigentlich auf Menschen seiner eigenen Kultur wirken mochte, die nicht in diesem Umfeld aufgewachsen waren. Das war natürlich schwer zu sagen, denn ich hatte ihn nur mit Menschen zusammen erlebt, die sein außergewöhnliches Weltbild in wesentlichen Punkten teilten und ihn als spirituelle Autorität ansahen. Er trat so auf, daß niemand es für nötig hielt, ihm nach dem Munde zu reden und die intelligenteren Leute ihm oft einfach nur zum Spaß mit irgendeinem Gegenstandpunkt zu einer Diskussion herausforderten. Trotzdem schienen alle zu meinen, daß Khar sowieso immer recht hat, nur Khar eben nicht, der regelmäßig irgendeinen unwesentlichen kleinen Irrtum bei sich fand den er dann auch sofort zugab.

Natürlich war Khars Sicht richtiger. Ein dummer Mensch kann einen intelligenten Menschen nicht widerlegen, aber das heißt nicht, daß der intelligente Mensch immer recht hat - sein falsches Gedankengebäude ist nur ein Schloß, keine bescheidene Hütte! Und jeder Narr weiß, daß Schlösser, wenn sie falsch gebaut sind, mindestens genauso häufig einstürzen wie Bauernhütten, eher häufiger, weil Bauern immer nach demselben Schema bauen, von dem man seit Generationen weiß, daß es so jedenfalls hält, während Schlösser öfter gewagte Konstruktionen sind, die noch nie erprobt wurden.

Kersti

Fortsetzung:
F1188. Mirko: Ich verstand das nicht. Was fanden die ganzen Überfliegertypen an mir?