erste Version: 5/2019
letzte Bearbeitung: 5/2019

Chronik des Aufstiegs: Die Pforten der Hölle - Die Beschützer der Menschheit vor den Geistern der Verzweiflung

F1302.

Die anderen hatten dem Arzt zwar durchaus gesagt, daß ich ebenfalls besessen war, das schien er aber nicht zu glauben, als ich mich ihm gegenüber völlig normal verhielt

Vorgeschichte: F1301. Kalar: Warum Ehon nicht tot war, verstand ich nicht. Hatten seine Feinde nicht gewußt, wie man zielt?

Khar erzählt:
Als sie Ehon zu mir in den Wagen brachten, stellte ich fest, daß unsere Freunde aus dem anderen Ordenshaus offensichtlich dermaßen beeindruckt von Ehons ungewöhnlichen Geisteszustand gewesen waren, daß sie völlig vergessen hatten, uns mitzuteilen, in welchem körperlichen Zustand er war. Glücklicherweise waren sie so klug gewesen zu erkennen, daß auch ein von Dämonen besetzter Körper eine medizinische Behandlung braucht. Der Arzt hatte sogar darauf bestanden, mit in die Bahn zu kommen. Allerdings wirkte er für meine Begriffe zu nervös, um wirklich eine Hilfe zu sein.

Ich schickte meine Dämonen in den Hintergrund und verdonnerte sie, kein Wort zu sagen, bis er wieder weg war. Dann begrüßte ich den Arzt und befragte ihn zu den Einzelheiten der Verletzungen.

Die anderen hatten dem Arzt zwar durchaus gesagt, daß ich ebenfalls besessen war, das schien er aber nicht zu glauben, als ich mich ihm gegenüber völlig normal verhielt. Natürlich wäre mir das, direkt nachdem ich aus der Gefangenschaft zurückgekommen war, so nicht möglich gewesen, aber jetzt wo ich meine neustes Dämonenschar einigermaßen erzogen hatte, klappte das schon. Wie ich das allerdings die ganze Bahnfahrt und auch noch danach durchhalten sollte, war mir unklar. Außerdem war ich zu unkonzentriert. Der Arzt fragte mich im Feinstofflichen, ob ich ihm erlauben würde, eine Ausbildung bei uns zu machen und ich Idiot habe ihm irdisch geantwortet, worauf er völlig irritiert reagierte.

Es gelang ihm auch nicht, die Aussage, daß ich besessen sei, damit übereinzubringen, daß ich als der Fachmann auftrat, der Ehons spirituellen Zustand untersuchte und erklärte, daß er wohl durch einen Exorzismus in die Höllen geworfen worden sei und ihm dann Dämonen mit auf die Erde gefolgt seien. Natürlich hätte ich das auch so nicht machen können, als ich gerade frisch aus der Gefangenschaft geflohen war. Da war ich froh gewesen um jede Sekunde, in der ich mal auf der Erde nachsehen konnte, ob alles richtig läuft.

Nachdem ich mich über den Gesundheitszustand von Ehons Körper informiert hatte und mich überzeugt hatte, daß der Arzt nicht zu verängstigt gewesen war, um sich richtig um ihn zu kümmern, ging ich das Problem an, daß ich aus dem Dämonenkäfig rausmußte. Natürlich konnte ich das nicht so machen, wie ich es getan hätte, wenn Kanush allein bei mir Wache gehabt hätte. Andererseits reichte es auch, wenn ich klar machte, daß ich seine Entscheidung, ich würde weiter in den Dämonenkäfig gehören, nicht mehr respektierte, damit er mich tun ließ, was ich für richtig hielt. Ich ging davon aus, daß er alles mit mir diskutieren würde, sobald ich mit ihm allein wäre und dazu mußte ich ihm Gelegenheit geben, sobald ich es irgendwie einrichten konnte. Aber ich rechnete nicht damit, daß das echte Probleme geben würde. Er war für die Leitung des Ordens magisch nicht qualifiziert und wußte das auch. Wenn Dirk noch da gewesen wäre, hätte er die magischen Aufgaben übernommen. So mußte ich das tun. Außerdem mußte ich mir die Kinder in der Schule ansehen, ob unter den neuen Jungen und Mädchen welche waren, die für eine Ausbildung bei uns in Frage kämen. Ehon war noch nicht dazu gekommen. Darüber hinaus brauchte ich Lehrmaterial, damit unsere Schüler auch etwas aus Büchern lernen konnten. Meine Bücher, die ich als Kind geschrieben hatte, waren zwar ein Anfang, aber wir brauchten mehr von der Sorte, wenn wir nicht jedem einzelnen alles selbst erklären wollten, wofür wir einfach zu wenige ältere mit abgeschlossener Ausbildung waren.

Auf der Fahrt stellte der Arzt mir dann weitere Fragen zu unserer Ausbildung und merkte dabei gar nicht, daß er sich so verhielt, als wolle er wirklich bei uns lernen. Ich paßte diesmal etwas besser auf, ihm seine feinstofflichen Fragen und Bitten nicht zu offensichtlich irdisch zu beantworten, nur mischte sich diesmal einer von meiner Dämonenhorde ein und fragte den Arzt, warum er es denn nicht mag, wenn man ihm seine nicht ausgesprochenen Fragen beantwortet. Er starrte mich fassungslos an.
"Das war einer von meinen Dämonen. Er ist inzwischen zwar schon so weit, daß er deutsch kann, aber das heißt halt nicht, daß er Menschen so ganz versteht." erklärte ich.
"Dann war das ernst gemeint, mit dem Besessen?" fragte er.
"Ja. War es. Es ist so, daß die Gefährten Jesu meinem, man müßte Dämonen nach Möglichkeit auf ewig in die Höllen verbannen, weil sie nicht bereit sind einen vergangenen Krieg zu beenden. Wir dagegen wissen, daß man seine Feinde lieben und mit ihnen Frieden schließen muß, wenn man jemals Frieden haben will. Die Gefährten Jesu glauben sie könnten Dämonen vernichten, was nicht möglich ist. Wir sind der Ansicht, man muß sie heilen und erziehen, damit sie lernen friedlich als Mensch unter Menschen zu leben. Ehon ist - wie ich gesagt habe - durch einen Exorzismus in die Höllen geworfen worden. Er weiß, wie man da wieder rauskommt und das haben ihm einige der Bewohner dieser Höllen nachgemacht. Da wir zu den Dämonen freundlich waren, bemühen sie sich, uns gegenüber kooperativ zu sein. Was sie falsch machen, machen sie, weil sie es nicht besser wissen, nicht aus Bosheit." erklärte ich.
Da er weitere Fragen stellte, erklärte ich ihm, daß ich auch in die Höllen geworfen worden war, nur wäre das länger her und daher hatte ich meine Dämonenschar inzwischen so weit unterrichtet, daß sie sich fast wie Menschen verhalten würden, nur kämen halt immer wieder Fragen, auf die nur ein Dämon kommen kann, der die Erde noch nicht richtig kennt.

"Sind Dämonen denn gar nicht böse?" fragte er mich.
"Das ist eine komplizierte Frage." begann ich und erklärte ihm dann an einigen Beispielen, daß Dämonen sich im Allgemeinen bemühen, sich kooperativ zu verhalten, daß sie aber so anders sind als wir, daß sie manchmal nicht verstehen, was wir als kooperatives Verhalten wahrnehmen würden.
"Daß wir die Dämonenkäfige benutzen ist keine Strafe, sondern es dient dazu, so viel Sicherheit zu schaffen, daß der jeweilige Betreuer nicht zu verängstigt ist, um noch klar denken zu können. Wir geben unseren Leuten so viel äußere Sicherheit wie möglich, damit sie ruhig genug bleiben können, um entspannt und freundlich zu sein." erklärte ich.
"Und was macht ihr, wenn ein Dämon etwas Gefährliches tut?" fragte er.
"Wir verbieten es ihm und erklären ihm dann, warum Menschen das nicht wollen. Die Schwierigkeit ist, daß sie unsere Erklärungen oft nicht verstehen und umgekehrt oft auch vor Sachen Angst haben, die wir völlig harmlos finden." erklärte ich.
"Dämonen haben Angst?" fragte er.
"Ja, selbstverständlich. Zumindest diejenigen, deren Gefühle dazu gesund genug sind. Aber sie fürchten sich vor ganz anderen Dingen als Menschen und es ist manchmal schwierig herauszufinden, warum sie gerade vor den Dingen Angst haben, vor denen sie sich fürchten." erklärte ich.

Kersti

Fortsetzung:
F1303. Kalar: Irgendwann wurde mir klar, daß die Jugendlichen von Erlebnissen redeten, die vor ihrer Geburt in Rußland oder Japan stattgefunden hatten, als wären sie dabei gewesen