erste Version: 10/2019
letzte Bearbeitung: 10/2019

Das Sternenreich der Zuchtmenschen

F1469.

Der Anschlußstecker

Vorgeschichte:


Ich war - wie in anderen Leben auch - in eine Versuchsanstalt verkauft worden. Ich hatte vorher eine Ausbildung im Bereich Reparaturen von Raumschiffselektronik gemacht - und die Versuchsreihe bezog sich darauf, wie man in Menschen Anschlußstecker zum Einklinken in Computernetze integrieren kann. Der gesamte Körper wurde verkabelt und der Stecker fand sich in der Mitte des Rückens an der Wirbelsäule.

Mein Körper reagierte mit heftigen und sehr schmerzhaften Krämpfen auf die Operationen. Ich brauchte Tage um mich so weit davon zu erholen, daß die Krämpfe aufhörten. Und dann sollte ich lernen mit den Implantaten umzugehen. Inhaltlich-sachlich war das kein Problem. Ich wußte schnell, wie man sie benutzt und konnte gut damit arbeiten, doch schon nach kurzer Zeit kamen die Krämpfe wieder und die Schmerzen und ich wäre am liebsten gestorben.

Sobald mein Körper aufgehört hatte wehzutun und sich zu verkrampfen wurde ich an ein Gehirnschiff verkauft. Ich war als Versuchsmodell ein Sonderangebot - das Schiff mußte nichts für mich zahlen, dafür aber Meßreihen aufnehmen und meine Arbeitsleistung protokollieren.

Als ich an Bord kam, hatte ich ziemliche Angst vor der Zukunft. Dagegen half es auch nichts, daß das Schiff beim Vorstellungsgespräch freundlich und höflich zu mir war und mir versprach, daß meine gesundheit höher geschätzt würde, als die Möglichkeit das Implantat zu nutzen. Ich glaubte nicht an solche Versprechungen, weil ich wußte wie sehr das Schiff unter Geldmangel litt.

Das Schiff ließ mir bis zur ersten Verwendung des Implantates einen Tag mehr Zeit, als die Wissenschaftler empfohlen hatten. Ich arbeitete einfach normal in der Zeit, ohne das Implantat zu nutzen.

Dann wurde ich an das Schiffsnetz angeschlossen um eine komplizierte Reparatur zu machen, die ohne die zusätzlichen Wahrnehmungen durch das Implantat kaum zu bewerkstelligen gewesen wäre. Vier Stunden ging das gut, dann kamen die Krämpfe wieder. Sofort ließ das Schiff den Stecker ziehen und rief den Schiffsarzt. Ich wurde im Krankenzimmer sorgfältig untersucht und ins Bett gesteckt, damit die Krämpfe ablingen können.

Einige Tage später, sobald es mir wieder besser ging, wurde ich zum Arzt gerufen. Er hatte in der Zeit stundenlang medizinische Datenbanken durchsucht und Informationen zu meinem Problem gelesen. Und er hatte ein Mittel gefunden, das die Krämpfe unterdrücken konnte, aber sehr giftig war.

Außerdem hatte er mit einem Gerät das ähnlich funktioniert wie die Geräte, mit denen hier Hirnstromkurven gemessen werden, herausgefunden, durch welche Signale in den Nerven sich die Krämpfe rechzeitig vorher ankündigen und eine Schaltung gemacht, mit der das überwacht werden kann und das dann durch einen Alarmton vorwarnt, so daß ich den Stecker ziehen kann, bevor ich so weit bin, daß ich mich tagelang in heftigen Krämpfen winde.

Danach haben wir über Einzelheiten gesprochen. Darüber, daß ich, egal was wir machen mit diesen Implantaten nicht länger als 20 Jahre überleben kann, darüber, wie oft ich das Gift höchstens bekommen darf, um diese Zeit nicht zu verkürzen, darüber, welche Reparaturen wichtig genug sind, daß man unbedingt das Implantat benutzen muß und bei welchen man besser ohne das Implantat zu benutzen arbeiten sollte.

Im Endeffekt habe ich ein Drittel meiner Arbeitszeit mit dem Implantat gearbeitet - und zwei Drittel ohne - und die Zeiten wo ich das Implantat benutzt habe, habe ich genossen weil ich dann in einem viel engerem Kontakt mit dem Schiff stand und so viel mehr mit ihm austauschen konnte als sonst.

Ich habe 20 Jahre auf diesem Schiff gearbeitet. Es waren 20 gute Jahre, 20 Jahre in denen diese Krämpfe nicht wieder aufgetreten sind. Doch dann wurde es wieder schlimm, ich erblindete, ertaubte und verlor meinen Tastsinn innerhalb weniger Wochen, hatte ständig Krämpfe die sich nicht mehr durch das Gegengift unterdrücken ließen und starb. Ich wollte dann wenigstens mit dem Schiff über das Implantat sprechen können... weil es die einzige möglichkeit für mich war, überhaupt noch etwas anderes als Schmerzen zu fühlen.

Während dieser 20 Jahre hielt ich mich ständig auf dem Laufenden, was mit meinen Kollegen mit ähnlichen Implantaten geschehen ist. Die, die es mit mir erhalten hatten, haben durchweg nach dieser Operation kein Jahr mehr gelebt - und dieses Jahr war sicher eines, das sie am Liebsten nicht erlebt gehabt hätten. Die die ein Jahr nach mir waren, lebten durchschnittlich fünf Jahre. - Ebenfalls unter furchtbaren Qualen. Zu der Zeit, als ich starb, konnte man 50 Jahre mit dem Implantat überleben - das heißt, wenn man es nicht in zu jungen Jahren erhielt, verkürzte es die Lebensspanne kaum. Deshalb entschied das Schiff, daß es jetzt zu verantworten sei, einen weiteren Implantatträger zu kaufen, um mich zu ersetzen.

Kersti

Fortsetzung:

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben