erste Version: 2/2020
letzte Bearbeitung: 2/2020

Das Sternenreich der Zuchtmenschen: Der Bruder des Prinzen

F1608.

"Weißt du, was mich wundert: Du wirkst wirklich so, als wärest du mit dir und der Welt zufrieden." sagte der Arzt plötzlich

Vorgeschichte: F1603. Tanan LZB45-321-37: Ich fragte die Prinzessin was denn los war und wurde angefahren, daß ich sie endlich wegbringen sollte

Tanan LZB45-321-37 erzählt:
Kaum kam ich zurück in das eigene Schiff, wollte der König von mir wissen, warum die Prinzessin einfach rausgestürmt war. Ich erklärte ihm den Grund und er behauptete als allererstes, das könne gar nicht sein, das wäre nur ein Vorwand. Ich antwortete ihm, daß ich doch gesehen hatte, wie wütend die Prinzessin gewesen war und wie empört jeder einzelne auf dem Schiff reagiert hatte, sobald er erfahren hatte, daß er das verlangt.
"Ach komm Tanan, du hast die Operationen doch selbst hinter dir und du scheinst ja mit dir und der Welt ganz zufrieden zu sein."
Ich sah ihn schockiert an und fragte mich, wie man dermaßen bescheuert sein kann.
"Die Implantate werden mich innerhalb von zwanzig Jahren vergiften. Damit kann man gar nicht zufrieden sein!" widersprach ich.
Er wollte mir nicht einmal das glauben und behauptete, daß ich doch eigentlich sehr glücklich wäre, sein Palastechniker zu sein und als er mich zu dieser weiteren Operation geschickt hatte, wäre ich damit ja auch ganz zufrieden gewesen.
Ich setzte ihm auseinander, daß es mir ja wohl kaum Spaß machen konnte, wenn ich durch die Operation außer Schmerzen erst einmal tagelang gar nichts fühle. Außerdem hatte ich doch gesehen, wie furchtbar Salich in dem letzten Jahr gelitten hatte und das würde auch noch auf mich zukommen. Ich erklärte ihm auch daß Diras Leute jeden der so etwas tut, für einen Barbaren halten.

Das Gespräch dauerte einige Stunden und es endete damit, daß der König sich in seine Privaträume zurückzog und behauptete er würde erst wieder mit mir reden, wenn ich wieder vernünftig geworden sei. Ich sah ihm nach und traute meinen Ohren nicht.
"Ich habe es auch schon versucht und hatte genauso wenig Erfolg." sagte der Arzt, der sich mir, ohne daß ich das bemerkt hatte, von hinten genähert hatte.
Plötzlich wurde mir mit einem Schock klar, daß ich mich richtig mit dem König gestritten hatte. Früher, als ich den König gerade erst kennengelernt hatte, hätte ich mich das nie gewagt. Es war immer nur der Arzt gewesen, der dem König ins Gesicht sagte, was er dachte und ich hatte mich immer gefragt, wie lange es dann wohl dauert, bis er entlassen wird. Der Arzt ist nicht entlassen worden, daher würde ich auch nicht das werden, was der König fälschlicherweise als vernünftig bezeichnet. Ich hatte nämlich irgendwann in einem Gespräch mitgehört, warum der König den Arzt nicht entläßt. Ihm war bewußt, daß es keinen Sinn macht, den Leuten den Mund zu verbieten, wenn sie trotzdem weiter das denken, was sie nicht sagen dürfen. Und weil er so dachte, konnte ich es auch wagen, weiterhin meine Meinung zu sagen, wenn sie dem König nicht gefällt.

Andererseits - was macht man eigentlich mit einem Menschen der partout nicht zur Kenntnis nehmen will, daß er etwas Grausames tut? Ich fragte das den Arzt und er war genauso ratlos wie ich.
"Weißt du, was mich wundert: Du wirkst wirklich so, als wärest du mit dir und der Welt zufrieden." sagte der Arzt plötzlich.
Ich fragte ihn, was er mir damit sagen wollte. Daraufhin erzählte mir Kiwar, wie Salich gewesen war, als er kurz nach den Operationen in den Palast kam. Er hatte sich verhalten wie ein typischer Freigeborener, indem er getan hatte, als sei die Welt durch die Operationen untergegangen. Salich hatte fünf Kinder, die eigentlich ein längst toter Freund mit seiner Frau bekommen hatte, daher hatte er einen Grund weiter zu leben und zu arbeiten. Freigeborene die keine Kinder haben, bringen sich aber um, deshalb operiert man nur welche, die Kinder haben. Das wirklich merkwürdige ist: Es ist ja so - man hat ein paar Tage solche Schmerzen, daß man außer Schmerzen gar nichts wahrnimmt. Ein bis zwei Wochen sind die Schmerzen so, daß sie einem wirklich bei allem stören. Danach vergißt man sie, wenn man sich auf irgendetwas richtig konzentriert, kann sich aber nicht richtig ausruhen, denn immer wenn man sich entspannen will, drängen sich wieder die Scherzen in den Vordergrund. Danach sind halt noch ein bißchen Schmerzen da, aber es geht. Im letzten Jahr bevor man an den Vergiftungen stirbt ist es dagegen wieder so, daß einem die Schmerzen bei allem stören. Merkwürdig ist, daß wir nach den Operationen gleich möglichst viel machen, um die Schmerzen zur Seite zu drängen, so gut das geht, während die Freigeborenen jahrelang nur noch sterben wollen, ehe sie irgendwann ungefähr so gut zurechtkommen wie wir auch. Im letzten Jahr bevor man an den Vergiftungen stirbt, wenn die Schmerzen wieder so schlimm sind, daß sie wirklich bei allem stören, dann kommen die Freigeborenen aber so gut damit zurecht wie wir auch. Wir wissen nicht, woran das liegt, aber merkwürdig ist das schon. Das erklärte ich Kiwar dann auch so.

Kersti

Fortsetzung:
F1610. Kiwar von Lenniskalden: Als ich das sagte, entwickelte Tanan eine Theorie darüber, daß Grausamkeiten an Menschen zu Taubheit bei denen führen würde, die sie begehen

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben