erste Version: 1/2021
letzte Bearbeitung: 1/2021

Chronik des Aufstiegs - Mittelalter und frühe Neuzeit: Der versperrte Weg zur Gewaltenteilung

F1960.

Silo, mein bester Freund, war sehr herzlich, hatte denselben Humor wie ich, spielte nicht so gemeine Streiche und war freundlich zu Jüngeren und Schwächeren

Vorgeschichte: F1840. Kersti: Über die Pferde heißt es, der Hengst wäre so gefährlich wie ein Hengst nur sein könnte. Als Kriegspferd hätte ihn sein Besitzer dazu ausgebildet, alle Menschen zu hassen

Honorius erzählt:
Mit den meisten meiner Mitschüler hatte ich nur oberflächliche Kontakte, weil das, was sie mit Humor verwechselten, überhaupt nicht nach meinem Geschmack war. Sie suchten immer nach einer Möglichkeit, sich gegenseitig bloßzustellen und sich mit Boshaftigkeiten zu traktieren. Ich fand das unmöglich und kindisch. Ich war daher wachsam, ihnen keine Blöße zu geben und gab den Rädelsführern bei passender Gelegenheit eins auf den Deckel, so daß sie mich in Ruhe ließen. Ich verstand allerdings nicht, warum sie sich für Christen hielten, die für die hohen kirchlichen Ämter geeignet sein würden, auf die unsere Schule vorbereitete, denn mit Liebe hatte das, was sie machten, nun wirklich nichts zu tun. Und als Jesus gefragt wurde, was der Kern seines Glaubens ist, hat er erklärt, daß es die Liebe zu sich selbst, seinen Nächsten und seinen Feinden ist.

Silo, mein bester Freund dort, kam nicht wirklich gut bei den anderen Studenten an und das verstand ich nicht. Er war wie ich ein guter Schüler, sehr herzlich und er hatte dieselbe Art von Humor wie ich. Außerdem spielte er nicht so gemeine Streiche wie die anderen und war freundlich zu Jüngeren und Schwächeren.

Während es mir bei den meisten Mitschülern zu heikel gewesen wäre, weil sie Tiere für etwas hielten, das sie benutzen konnten, als wären es Gegenstände, sah ich das bei ihm anders, denn er gab sich große Mühe auf die Bedürfnisse seines eigenen Pferdes einzugehen. Daher versuchte ich, als ich allein mit ihm war, ob der Hengst ihn über die Weide läßt. Aber irgendetwas war merkwürdig. Der Hengst reagierte viel zu gleichgültig, aber auch irgendwie feindselig auf ihn, ließ ihn aber nach ein wenig Schmeichelei doch passieren und sah aus, als würde er mich für ziemlich verrückt halten. Bei späteren Besuchen verhielt er sich nicht mehr so, aber diese merkwürdige Reaktion ist mir im Gedächtnis geblieben und ich habe sie nicht verstanden. Mein Freund sagte zu mir später, daß die meisten Pferde auf ihn anders reagieren als auf Menschen, wenn er freundlich zu den Tieren wäre, würde sich das aber nach einer Weile geben. Er stimmte mir zu, daß das schon seltsam wäre. Mein Freund sagte mir bei der Gelegenheit auch, daß er viel mehr Schwierigkeiten hätte als die meisten Menschen, Tiere mit Fell zu verstehen und daß er sehr froh wäre, daß ich ihm immer erkläre, was sein Pferd hat, wenn es unzufrieden wirkt. Irgendwie fände er es leichter ein Huhn oder eine Eidechse zu verstehen als ein Pferd.

Die Idee fand ich schräg und als wir auf einer Wanderung bei der Mittagspause Eidechsen beobachteten, fragte ich ihn, ob er wüßte, was sie sich bei dem denken, was sie gerade tun. Ich rechnete mit nichts Besonderen, aber während ich ihm bei seinen Erklärungen der Eidechsenwelt zuhörte, war ich zunehmend erstaunt, daß sich mir eine völlig neue Welt eröffnete, die durchaus Sinn ergab. Er lockte die Eidechsen auch an und fütterte sie, wie wir das manchmal mit Vögeln machen. Ich fragte mich, warum sie zu ihm gingen, aber nicht zu mir. Er erklärte mir, daß ich für ihre Begriffe komisch riechen würde. Dann fragte ich, warum er dann für sie nicht komisch riecht. Er beantwortete mir diese Frage nicht, sondern lenkte ab.

Auch zu den Vögeln konnte er mir tatsächlich einige Perspektiven eröffnen, auf die ich von mir aus nicht gekommen wäre, so erklärte er mir, daß ich das Brüten am ehesten verstehen könnte, wenn ich mir vorstelle, daß Vögel die Eier genauso niedlich finden wie ihre Küken und daß sie sich deshalb solche Mühe geben, es ihnen warm und behaglich zu machen. Jedenfalls war seine andere Sicht auf die Tierwelt für mich ebenso eine echte Bereicherung, wie er mir erzählte, daß meine Erklärungen zu Säugetieren für ihn eine Bereicherung waren.

Außerdem mochte ich seine Art, mit der er im Vorbeigehen hier mal jemandem auf die Beine half, da mal schnell mit zugriff. Für meine Begriffe war er ein besserer Mensch, als die meisten Menschen die ich kannte.

Irgendwann behauptete einer der anderen jungen Leute in meiner Umgebung, mein Freund wäre in Wirklichkeit eine Echse und hätte keine Gefühle. Ich sagte ihm daß er spinnt und nahm das nicht so recht ernst. Ich verbrachte weiterhin viel Zeit mit ihm und fragte mich, was die anderen hatten.

Kersti

Fortsetzung:
F1961. Kersti: D

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben