erste Version: 9/2022
letzte Bearbeitung: 9/2022

Chronik des Aufstiegs - Mittelalter und frühe Neuzeit: Der versperrte Weg zur Gewaltenteilung

F2362.

Ein Kerker - die ideale Gelegenheit, um meine spirituellen Übungen zu machen!

Vorgeschichte: F2360. Kersti: D

Geon erzählt:
Ich verbrachte viel Zeit am Krankenbett und bekam einige Zeiten mit, in denen er offensichtlich träumte und immer wieder sagte: "Nein ich habe das nicht getan! Nein ich war das nicht!" Einmal hörte ich klar "Das war der Bichhof doch selbst." Ich nahm an, er träumte von Verhören und bei diesen Worten lag ein schneidender Schmerz in der Luft. Honorius glaubte, was er sagte, das war deutlich zu spüren. Ich fing immer wieder ein Bild auf, in dem der Bischhof ein Kind auf dem Altar einer Kapelle erstach.

Als er dann endlich mal erwachte, als ich da war, freute Honorius sich, mich zu sehen und dachte wohl, ich sei nur gekommen, um ihn zu besuchen. Ich konnte es nicht lassen ihn aufzuziehen, indem ich behauptete, ich wolle seine spirituellen Hausaufgaben kontrollieren. Er erfaßte sofort daß das ein Scherz war, seine halb scherzhafte Antwort, daß er diesmal viel Zeit und Ruhe für seine spirituellen Hausaufgaben gehabt hätte und dabei auch sehr erfolgreich gewesen war, klang zu ernsthaft, als daß ich sie nur für einen Witz hätte halten können. Da steckte mehr hinter.

Als ich ihn fragte, was er für den Anfang seiner Probleme hielt, begann Honorius tatsächlich mit den sexuellen Belästigungen durch den Bischhof. Ich erfuhr dabei, daß sein Vater das Problem offensichtlich falsch eingeschätzt hatte. Honorius hatte sich erst um Rat an seinen Vater gewandt, als er schon Ohrfeigen und Tritte zwischen die Beine verteilt hatte und sonnenklar war, daß das Problem bereits zu weit eskaliert war, um durch klare Worte gelöst werden zu können. Und es hatte sich auch nicht um zweifelhafte Witze oder Berührungen an nicht ganz passenden Stellen gehandelt, sondern der Bischhof hatte zwischen die Beine gefaßt und Küsse auf den Mund aufgezwungen. Sein Vater hatte dagegen geglaubt, es hätte sich um harmlose Witze gehandelt und Honorius hätte nie eindeutig Nein gesagt.

Um den Rest der Geschichte zu erfahren, mußte ich Geduld haben, denn seine Gesundheit ging vor und er brauchte viel Schlaf, um sich von seinen Verletzungen zu erholen.

Ich erfuhr dann nach einigen Tagen, daß das Bild, wo der Bischhof das Kind auf dem Altar ersticht, von Honorius nur kurz gesehen wurde, als er die Tür zu einer Kapelle geöffnet hatte, zu der ihn sein Vorgesetzter bestellt hatte. Er hatte sich bei dem Anblick auf dem Absatz umgedreht und wollte wegreiten, was ihm nicht gelang, weil ihm zu viele Bewaffnete auflauerten. Er wurde bewußtlos geschlagen und nach langen Verhören in den Kerker geworfen.

Ich fragte ihn, wie er sich da gefühlt hatte.
"Elend. Aber ich hatte ja reichlich Zeit, wieder zur Besinnung zu kommen und mich zu erinnern, was wirklich wichtig ist." antwortete er.
Ich wunderte mich über den humorvollen Tonfall, als gäbe es daran einen geheimen Witz. Aber so sehr ich mich bemühte, ich konnte an der Situation nichts witzig finden, besonders weil er mir zuerst mal ausführlich schilderte, wie verzweifelt er sich gefühlt hatte. Und trotzdem war da dieser Humor!
"Irgendwann fiel mir auf, daß ich etwas Dummes tue, das dazu führen kann daß ich zur erdgebundenen Seele werde. Also habe ich mir gesagt, ich habe hier viel Zeit und Ruhe, die ideale Gelegenheit um meine spirituellen Übungen zu machen. Und das habe ich dann eben gemacht." fuhr er fort.
"Ein Kerker - die ideale Gelegenheit, um meine spirituellen Übungen zu machen!" - Na auf den Gedanken kann wirklich nur Buddha kommen. Wenn ich es nicht längst gewußt hätte, wäre ich spätestens jetzt überzeugt, daß Honorius zu Buddha gehört!

Honorius schilderte ausführlich seine spirituellen Erfahrungen. Er muß immer wieder zwischen Leben und Tod geschwebt haben, jedenfalls hat er oft die Wahrnehmung seines Körpers völlig verloren und ist immer wieder mit der Gruppenseele verschmolzen. Dort wurde ihm aber dann jedesmal mitgeteilt, er hätte noch Aufgaben im Leben und er wurde zurückgeschickt. Honorius war auch hier ein typischer Buddha, indem er überhaupt nicht geglaubt hat, daß er da jemals wieder lebend herauskommen könnte, aber gleichzeitig treu und brav getan hat, was nötig war, daß es klappen konnte.

Kinder dieser Gruppenseele sind bei manchen Lehrern unbeliebt, weil sie immer so unbequeme Fragen stellen, auf die der typische Lehrer keine überzeugende Antwort weiß. Ich denke aber, es reicht eigentlich, sich bewußt zu machen, daß niemand allwissend sein kann, damit man mit diesen Fragen entspannt umgehen kann. So schlimm ist es nun wirklich nicht, wenn man von Zeit zu Zeit sagen muß: "Das weiß ich auch nicht."

Wenn er dann mal bei Bewußtsein war, hatte er Hunger, Schmerzen, wurde verhört und gefoltert oder war in diesem ekligen dunklen Loch von Kerker, wo am weder aufstehen noch sich ganz ausstrecken konnte. Wenn er allerdings darüber erzählte, klang das anders. Dem Bischof hat er von seinen spirituellen Erfahrungen erzählt, nur um ihn zu ärgern und als er es zu weit getrieben hat, hat er ihm ins Gesicht gespuckt. Diejenigen die ihn verhört hat, hat er mir seinen sarkastischen Bemerkungen geärgert und durcheinander gebracht. Manchmal haben sie ihm aber auch, statt ihn zu verhören, ihre halbe Lebensgeschichte erzählt. Das hat auch der Wärter getan, der ihm regelmäßig das Essen gebracht hat. Man hat das Gefühl, er hat einfach getan, was er will und war durch überhaupt nichts mehr zu beeindrucken, nachdem er die Situation für hoffnungslos erklärt hatte.

Da ich einen anderen Buddha-Anteil kenne, da er mein spiritueller Lehrer wurde, nachdem andere mir nichts mehr beibringen konnten, weiß ich, daß das durchaus typisch für diese Gruppenseele ist. Lange hatte ich geglaubt das wäre eine persönliche Schwäche von mir, das ich nicht so viel Mut habe. Buddha fragte ich mich, ob ich mich bei Lebensgefahr größer oder kleiner fühle als sonst.
"Kleiner." antwortete ich.
"Ich fühle mich dann viel größer als normal." sagte er.
Er erklärte mir dann, daß das nicht meine persönliche Schwäche ist, sondern daß ich von meiner Gruppenseele im Stich gelassen werde, wenn ich Hilfe brauche. Deshalb würde ich mich kleiner fühlen. Seine Gruppenseele würde ihre Anteile normalerweise ihr Leben selbst führen lassen, wenn alles einfach ist und gut läuft, aber sofort da sein, wenn ein Anteil Schmerzen hat oder um Hilfe ruft. Deshalb würde ich mich bei Gefahr kleiner fühlen und er sich größer fühlen und zwar immer so groß, daß er sich der Situation gewachsen fühlt.

Danach war es wohl nicht meine persönliche Schwäche sondern die meiner Gruppenseele, die mit meinem Leben nicht immer klarkommt. Ich fragte danach verschiedenste Menschen, ob sie sich bei Gefahr größer oder kleiner fühlten und die meisten von ihnen fühlten sich bei Gefahr kleiner. Es gab aber auch Ausnahmen.

Kersti

Fortsetzung:
F2363. Kersti: D

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben