erste Version: 9/2022
letzte Bearbeitung: 9/2022

Frühe Aufstiegsversuche auf der Erde: Die tote Stadt

F2381.

Zuerst war ich erschrocken, wie genau Iskar unsere Verletzlicheit erkannt hatte, dann wurde mir klar, daß meine Angst irrational war

Vorgeschichte: F2380. Kersti: D

Sirona erzählt:
Mein Mann Donut kam zu mir und erzählte mir, Iskar wäre ein Wilder und hätte ihn umbringen wollen. Nun hatte ich zumindest grob im Blick behalten, was in der Äußeren Stadt so vor sich ging und ging auch regelmäßig hoch, daher kam mir diese Beschreibung nicht realistisch vor. Iskar war ein Mitglied der Stadtwache und es zählte zu seinen Aufgaben, auch bewaffnete Streits zu schlichten. Iskar ist ein sehr ruhiger Eunuch, kompetent, gelassen und immer freundlich. Donut dagegen scheint mir langsam Verfolgungswahn zu entwickeln, wie das manche Leute tun, kurz bevor die Antialterungsbehandlung aufhört zu wirken und alt genug dazu sind wir fast alle. Lediglich Geton und Arhana sind ein paar hundert Jahre jünger als der Rest von uns.

Wann immer er mir begegnet war, hatte Iskar sich als kompetenter Ingenieur erwiesen, der technische Geräte benutzen und ungefähr alles reparieren konnte. Ich glaube, wenn er wüßte, wo die alten Waffen der Stadtwache liegen, hätte er sie längst wieder in einen funktionsfähigen Zustand versetzt, daher gehe ich davon aus, daß ihm das nicht gezeigt wurde. Ich hoffe Geton kommt nicht auf den Gedanken, ihm das zu zeigen, denn ich weiß nicht, ob die Menschen dann nicht einen Aufstand anzetteln und wir sind zu wenige, um uns davor zu schützen. Aber Iskar selbst traue ich so etwas nicht zu, er ist einfach zu sehr darauf bedacht, überall für Frieden und Ordnung zu sorgen und auch wenn ich es für wichtig halte, das göttliche Blut rein zu erhalten, kann ich Iskars Vorschlag, daß man doch besser Kinder mit Menschen bekommen solle, nicht für boshaft halten. Er versteht nur die besonderen Fähigkeiten der Götter nicht, weil er wirklich ein reinrassiger Mensch ist, wie es sie nur noch ganz wenige gibt.

Ich ging also zu Iskar und fragte ihn, was eigentlich los gewesen sei und wo Donuts Waffe wäre. Er erklärte mir, daß Geton schneller als ich gewesen sei und die Waffe bereits zurück in die Stadt der Götter gebracht hätte. Er hätte Donut entwaffnet und die Waffe eingeschlossen, weil er sie wegen einer bloßen Meinungsverschiedenheit gezogen hätte und das zu verhindern sei eben seine Aufgabe in der Stadtwache. Wenn es Meinungsverschiedenheiten gäbe, könne man die mit Worten klären, die Verwendung von Waffen würde nur richtige Probleme verursachen und könnte schlimmstenfalls zu einem Aufstand führen, den wir nicht abwehren könnten, weil wir gegenüber der Stadtbevölkerung von mehr als hundertausend Köpfen zu sehr in der Minderheit und außerdem auf deren Nahrungsmittellieferungen angewiesen seien. Zuerst war ich erschrocken, wie genau er unsere Verletzlicheit erkannt hatte, dann wurde mir klar, daß meine Angst irrational war. Er hatte sie nämlich erkannt und achtete darauf, daß uns nichts passiert, schlimmstenfalls indem er uns vor gefährlichen Dummheiten bewahrt. Und er hatte recht, wild mit den alten Energiewaffen herumschießen, war genau die Art Dummheit, mit der man einen Aufstand provozieren kann. Besonders weil ich Iskar durchaus zutraute, daß er wußte, wie man sie baut!

Wahrscheinlich sollte ich zusehen, daß ich mehr Kontakt mit ihm halte, damit er sich uns mehr zugehörig fühlt, aber ehrlich gesagt, waren mir die Menschen der äußeren Stadt zu fremd und ich hatte wenig Spaß an den Kontakten, die ich aus Vernunft aufrecht erhielt. Es war mir in den letzten paar hundert Jahren nicht mehr gelungen, da richtige Freundschaften zu schließen, wie Geton sich mit Iskar angefreundet hatte. Geton war ja auch noch sehr jung und fühlte sich wohl deshalb nicht richtig von uns Älteren verstanden. Er fehlte ihm einfach an Gleichaltrigen.

Kersti

Fortsetzung:
F2382. Kersti: D

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben