Ich kam mir erfolglos vor, weil meine Patienten sich erstaunliche Tricks ausdachten, um bloß keine Entscheidung treffen zu müssen
Vorgeschichte:
F2604. Silas aus dem Tal:
Ich kam also auf das Schiff und sollte LZB-Zuchtsklaven-Kinder beaufsichtigen, die als fertig ausgebildete Hilfstechniker mit Implantaten galten
Silas aus dem Tal erzählt:
Das Schiff steckte nur relativ leichte Schäden ein und wir konnten die Arbeit, die wir zur Behebung der Schäden leisten mußten, bewältigen. Das war nicht auf allen Schiffen so. Ein Schiff haben wir sogar vollständig verloren, auch wenn es einem der XZB12s gelungen ist, viele der Mitglieder der Besatzung in Rettungsboote zu laden und sie auf einem der anderen Schiffe in Sicherheit zu bringen.
Ich war aber gar nicht darauf vorbereitet, wie es ist, wenn bei einer Schlacht wirklich Menschen verletzt werden. Ich hätte es besser wissen sollen, aber irgendwie hatte ich mir Krieg viel harmloser vorgestellt. Jedenfalls saß ich nachher am Bett von Danis LZB197-67-33, der eines meiner Zuchtmenschen-Kinder war und war entsetzt, daß er in der Schlacht einen Arm verloren hatte. Einer der großen LZB-Zuchttechniker hatte nur sehr kurz vorbeigeschaut und dem kleinen Jungen gesagt, er solle zusehen, daß er am Leben bleibt und später würden sie in Ruhe darüber reden wie es weitergeht und eine Lösung finden.
Ich war entbehrlicher bei der Arbeit als die LZB-Zuchtmenschen, dachte ich, daher hatte ich etwas mehr Zeit, aber ich wurde auch bei irgendwelchen Hilfstätigkeiten in der Klinik eingespannt und dann erinnerte sich jemand, daß ich einige Studienleistungen in Psychologie, Diplomatie und Justizvollzug außer der Reihe hatte und befahl mir, zu den befreiten Gefangenen zu gehen und ihnen wieder auf die Beine zu helfen.
Ich ging also zu den befreiten Gefangenen und die waren komisch. Sie entschuldigten sich für alles, nahmen jede Frage auf, als wäre sie ein Befehl und wagten sich nicht, irgendeinen Wunsch zu äußern. Ich fragte mich was mit ihnen kaputt war.
Als ich dann abends nach der Arbeit nach meinem Technikerkind Danis schaute, erzählte es, warum der ältere Techniker gesagt hatte, daß sie eine Lösung finden. Der Kleine hatte Angst gehabt, daß sie ihn umbringen, weil er nicht mehr arbeiten kann und der ältere Techniker hat gesagt, daß Tharr vom Licht das nicht erlaubt und daß sie eine Lösung finden werden.
Das Kind fragte auch, was ich die ganze Zeit gemacht hatte und ich erzählte wie wie komisch die befreiten Gefangenen waren.
"Du mußt die mit zur Arbeit nehmen, aber nicht genau sagen, welche Arbeit er tun soll sondern ihm immer zwei Aufgaben zur Auswahl anbieten, damit er nicht weiß, was er tun soll und sich selber eins von beidem aussuchen muß. Dann lernt er nach und nach wieder, daß er sagen darf, was er will." sagte das Kind.
Die Idee kam mir sofort gut vor, aber sie wirkte so selbstverständlich dahingesagt und perfekt überlegt, daß ich nachfragte, woher das Kind das weiß.
"Das machen wir immer, wenn sie jemanden zu viel mit dem Strafer gequält haben und das haben sie mit denen doch auch getan." antwortete Danis.
Ich sagte, daß ich eigentlich gar nicht so genau wußte, was sie mit den Gefangenen angestellt haben, daß sie so komisch geworden sind.
"Ganim kannst du Silas mal einen Straferfilm zeigen?" fragte Danis in den Raum.
Ganim LZB200-63-7, das Gehirnschiff, auf dem wir arbeiten, sagte, daß es sich etwas einfallen lassen würde, ich solle an den Monitor bei den Krankenbetten gehen. Das tat ich auch und dann zeigte er mir Dinge, die ich mir ehrlich gesagt in meinen schlimmsten Alpträumen nicht hatte vorstellen können.
Es handelte sich um Überwachungsfilme, die genau die Menschen, um die ich mich kümmerte, bei etwas zeigte, was als Gehorsamsübungen bezeichnet wurde. Die Leute bekamen gesagt, sie sollten auf einen Knopf drücken und als sie das getan hatten, begannen sie furchbar zu schreien. Danis erklärte mir, daß sie mit dem Strafer gefoltert werden, wenn sie auf den Knopf drücken. Natürlich weigerte der Mann sich, als er das nächste mal gesagt bekam, er solle den Knopf drücken, nur half ihm das nichts. Mit einiger Verzögerung begann er wieder zu schreien und zu weinen und es dauerte länger als zuerst. Die Echse, die ihm den Befehl gegeben hatte, erklärte ihm, daß er dankbar sein müsse solche Befehle zu erhalten und sie sofort ausführen müsse, wenn er sie bekäme, denn wenn die Echse meinte daß er eine Strafe braucht, wäre die Strafe gut für ihn. Er solle sich bedanken, daß er bestraft worden sei. Der Mann antwortete, daß sie Echse ein Idiot sei und wurde wieder gefoltert, diesmal, bis er sich geraume Zeit nicht mehr bewegen konnte. Ganim erklärte mir daß sich diese Foltern über Monate hingeziehen könnten und erst aufgehört würde, wenn die Betroffenen Menschen jeden Befehl widerstandslos ausführen. Außerdem müssen sie auf Fragen, wie ihnen die Befehle gefallen, antworten, indem sie sagen, daß sie das natürlich wollen und wenn man sie schlachten will den Echsen natürlich gerne als Nahrung dienen. Es war einfach nur schockierend, wie sie Menschen fertig machen.
Auf meine Frage, wie man Offizieren nach so etwas so weit bringt, daß sie wieder als Offiziere dienen können, erklärte Ganim mir, daß man sie natürlich unter Aufsicht als Offiziere arbeiten lassen muß und dabei ständig von ihnen verlangen, daß sie verantwortliche Entscheidungen treffen. Ich formulierte also mit Hilfe der Zuchtmenschen ein Behandlungskonzept und ließ mir das von meinen Vorgesetzten absegnen.
Danach ließ man sie in Posten, wo sie weder durch Nichtstun noch durch falsche Befehle große Probleme verursachen konnten, mit dem Argument, wir bräuchten jede Hilfe, die wir kriegen können, arbeiten. Die Zuchtmenschenkinder legten ihnen ständig irgendwelche Kleinigkeiten zur Entscheidung vor und verlangten von ihnen, daß sie Entscheidungen zu treffen hatten.
Ich kam mir außerordentlich erfolglos vor, weil meine Patienten sich wirklich erstaunliche Tricks ausdachten, um bloß keine Entscheidung treffen zu müssen, doch alle anderen waren begeistert von meiner Arbeit. Ich verstand das nicht. Dann, als wir wieder zuhause waren, wurde das Schiff weiter zu dem Drachenplaneten geschickt, den wir erobert hatten und meine Patienten wurden ganz normal als Offiziere eingesetzt. Ich aber wurde in die Klinik zur Behandlung von durch die Echsen geschädigten Leuten geschickt und sollte mit den Leuten von den anderen Schiffen dasselbe Wunder - wie sie es nannten - vollbringen, was ich mit meinen Patienten geschafft hatte.
Fortsetzung:
F2606. Sirach von Tyr:
Silas aus dem Tal wurde mir als das neueste Weltwunder in der Behandlung von Schäden, die durch die Gehorsamsübungen entstehen, geschildert, tatsächlich war er der neueste Naivling