Was mich im nachhinein wundert ist, daß ich nie auf den Gedanken gekommen bin, daß man sich mit meinen Zuchtmenschenuntergebenen unterhalten könnte
Vorgeschichte:
F2609. Silas aus dem Tal:
Ich hatte beschlossen, daß ich Sirach behandeln würde, als wäre er einer meiner Patienten
Sirach von Tyr erzählt:
Silas war ein viel angenehmerer Typ als ich befürchtet hatte. Er hatte zwar eine penetrante Gutmenschenhaltung, die mich nervte, denn jeder weiß, daß jeder Mensch ein gewisses Maß an Egoismus hat und wer sich für "den Guten" hält, lebt diesen Egoismus häufig auf eine Weise aus, die sehr unehrlich und grausam ist, indem er seinen hintergründigen Egoismus für Güte erklärt.
Als ich ihm dann persönlich begegnete, stellte ich fest, daß er zumindest in der Lage war, seine eigenen Bedürfnisse und Wünsche als eben das zu sehen und die Bedürfnisse anderer als die Bedürfnisse anderer zu erkennen, selbst wenn er manche Dinge offensichtlich falsch sah. Jedenfalls hatte ich ihn sehr direkt gefragt, was er von mir hält und hatte von ihm die Antwort bekommen, daß er meine negative Beurteilung seiner Methoden durchaus kannte, daß er aber die Auskunft erhalten hatte, daß er sich darum keine Sorgen machen mußte, weil er den Prinzen als mächtigen Unterstützer hatte. Daher könne er es sich leisten, ganz entspannt mit mir umzugehen. Außerdem sei er erfolgreich und das wüßte er. Er wüßte auch, daß ich den Vorteil gehabt habe, aus eigener Erfahrung zu wissen was hilft und was nicht und da er diesen Vorteil nicht gehabt hätte, hätte er jemanden gefragt, dem er zutraute zu wissen, wie man mit so etwas umgeht, nämlich die Zuchtmenschen und von denen würde das Konzept, das er anwendet, eigentlich stammen. Na da hatte er wirklich den Richtigen gefragt.
Ich war, bevor ich von den Echsen gefangen genommen wurde, technischer Offizier gewesen. Was mich im nachhinein wundert ist, daß ich wirklich nie auf den Gedanken gekommen bin, daß man sich mit meinen Zuchtmenschenuntergebenen auch unterhalten könnte. Ich war sicherlich kein schlimmer Befehlshaber für sie, denn ich habe dafür gesorgt, daß sie in Ruhe arbeiten können, habe eingesehen, daß sie wie jeder Mensch ein vernünftiges Maß an Pausen brauchen und habe bei Verletzungen einen Arzt gerufen und mir von dem sagen lassen, wann und wie ich den Mitarbeiter wieder einsetzen kann, damit die Arbeit nicht die Heilung der Verletzung behindert. Aber ich habe ihnen Anweisungen gegeben und die Arbeit besprochen und bin nicht auf den Gedanken gekommen, daß es in ihren Köpfen auch persönliche Gedanken geben könnte, über die man sich mal unterhalten könnte. Ich sagte das Silas nicht, denn im Nachhinein ist mir das wirklich sehr peinlich. Ich sagte ihm nur, daß es ein kluger Gedanke gewesen sei, die Zuchtmenschen zu fragen.
Die Zuchtmenschen sind mit den ganzen Foltern viel klüger umgegangen als wir Freigeborenen und am Unklügsten hat sich gewöhnlich der Hochadel verhalten. Ich gehörte dem niederen Adel an, der gewöhnlich seinen Kindern immerhin noch beibringt, daß man arbeiten muß, um weiterzukommen. Ich habe auch nicht unverdientermaßen bessere Noten bekommen wie der Hochadel. Und ich wußte vorher auch, daß man Kriminellen am besten aus dem Weg geht, wenn man kann, daher gehörte ich mit dem Unklug verhalten nicht der Spitzengruppe an. Daß die Zuchtmenschen sich viel klüger verhalten hatten als ich, ging mir aber erst im Nachhinein auf, als ich wieder befreit worden war und wann immer ich bei der Arbeit irgendwo stand und nicht in der Lage war, irgendeine vernünftige Entscheidung zu treffen, sagte einer der Zuchtmenschen einen freundlichen Satz, der mich wieder auf die richtige Spur brachte. Mal indem er fragte, wie ich mich den früher verhalten hätte, mal indem er mir sagte, daß ich aber schon einen von drei Vorschlägen aussuchen müßte. Da ich mich von ihnen dann viel mehr verstanden fühlte als von jedem anderen kam ich plötzlich mit ihnen ins Gespräch und mir wurde klar, daß mir eine ganze geheime Welt entgangen war, in der sie ihr Privatleben lebten. Und sie hatten ein Privatleben, auch wenn sie dieses Wort nicht dafür benutzten.
Jedenfalls kamen wir bei dem Gespräch überein, daß wir unterschiedliche Strategien hatten und daß mal die eine mal die andere besser funktioniert und daß wir wenn es uns nicht gelingt unseren Patienten zu helfen uns darüber austauschen, ob der andere vielleicht eine bessere Idee hat.
Fortsetzung:
F2621. Silas aus dem Tal:
Aber Danien Wolf macht das Unmögliche möglich und ich bin nicht in der Lage, meinen Augen zu trauen