Ehrlich gesagt, fühlte ich mich durch Katte ausgebootet und verunsichert, aber das durfte ich an dieser Stelle nun wirklich nicht heraushängen lassen
Vorgeschichte:
F2579. Hans Hermann von Katte:
Diplomatie zu versuchen, ohne auf diplomatische Ohrfeigen zu reagieren, als wäre es eben eine Ohrfeige, ging gar nicht
Ells ssa Ssittarr erzählt:
Als ich Hans Hermann von Katte kennenlernte, hatte ich den Eindruck, er wäre ein ganz normaler Mensch mit zu wenig Ego, um in Ego-Kämpfen zu bestehen. Ich dachte, ich hätte ihn leicht unterbuttern können, wußte aber, daß Menschen darauf sehr aggressiv reagieren. Unsere hiesigen Menschen wissen, wo ihr Platz ist, aber Wildlinge darf man nicht so behandeln, die reagieren, als würden sie denken, man wolle sie umbringen und tun dann ihr Bestes, um dem Gegner ernste Verletzungen zuzufügen und benutzten dabei eine Macht, von der wir schlichtweg nicht wußten, wo diese kleinen Dinger sie hernahmen. Man kann sie natürlich besiegen, sonst wären wir auf diesem Planeten nicht die Herren, aber man würde nicht denken, daß bei ihnen so etwas zu finden ist, wenn man sie sieht. Sie wirken seelisch zu klein.
In den ersten Tagen als ich mit ihm zu tun hatte, um ihn in unsere Gesellschaft so weit einzuführen, daß ich ihn auf meine Gesellschaftswissenschaftlichen Klassen loslassen konnte, wirkte er auch völlig wie ein Mensch, mit menschentypischen Ansichten, die nur ein wenig durch seine Herkunftskultur und die Ausbildung bei Kamiron gefärbt waren. Menschen sind sehr durch ihre Instinkte gesteuert, sie haben kaum Seele und sind sich ihrer Seele auch nicht bewußt, aber das ist ja kein Grund sie unglücklich zu machen, indem man entgegen ihrer Natur versucht, sie voll in eine Echsengemeinschaft einzugliedern. Sie sind Individualisten, die so etwas nicht mögen und davon Angstzustände bekommen, auch wenn ich echt nicht verstehe, warum sie Vereinzelung so toll finden. Jede normale Echse ist froh zu einer großen Seelengemeinschaft zu gehören und will von der stärksten Seele geführt werden.
Dann brachte ich ihn zu dem Buffet und merkte, wie sich die normale Spannung zwischen Echsen und menschlichen Wildlingen aufbaute. Ich bemühte mich, Hans Hermann rechtzeitig Unterstützung anzubieten, aber er lehnte das ab, war seelisch plötzlich unfaßlich groß und wies jeden meiner Schüler behutsam, als würde ein Erwachsener ein frisch geschlüpftes Küken zurechtweisen, in die Schranken. Nachdem er das bewerkstelligt hatte, schrumpfte er wieder auf seine normale menschliche Größe und verhielt sich, als wäre nichts Außergewöhnliches geschehen. Ich bemerkte aber, daß er meine Schüler zurechtwies, was diese nicht verstanden, obwohl sie selbstverständlich im Unterricht erfahren hatten, was eine Diplomatische Ohrfeige ist und warum man sich Ärger einhandelt, wenn man nicht auf diese reagiert. Ich fragte mich, warum er an dieser Stelle nicht direkter wurde.
Nach dieser ersten Begegnung, wo meine unerfahrenen Schüler sich wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert haben, mußte ich natürlich wissen, wie er das aufgefaßt hatte und ob ich die erste Schulstunde absagen mußte, um erst einmal meine Beziehung zu ihm wieder in Ordnung zu bringen und ihm zu erklären, wie er Echsenschüler anpacken muß, damit sie spuren. Das übliche Handycap einer kleinen, zu leicht in Panik verfallenden Seele, die man handfest unterstützen mußte, damit es läuft, schien er ja nicht zu haben, auch wenn er das im friedlichen Alltag gut versteckte.
Ich ging also zu dem Zimmer, das wir ihm in der Universität zur persönlichen Verwendung zugewiesen hatten und stellte fest, daß es sowohl feinstofflich abgeschirmt war, als würde ein gesamter Echsenstaat darin hausen, als auch irdisch abgeschlossen war. Ratlos stand ich davor. Dann sah ich in den Überwachungsfilmen nach, was los war und danach sah es aus, als hätten ihm einige Menschen Kleinigkeiten vorbeigebracht und wären wieder gegangen. Allerdings kenne ich unsere lieben Menschen. Wenn sie ihre Ruhe haben wollen, frisieren sie Überwachungsfilme so, daß man nicht merkt, wo sie sind und was sie tun und da das, was sie mitgebracht hatten, logisch nicht wirklich Sinne ergab, es sei denn sie wollten da zu abend essen, ging ich davon aus, daß sie ihre private Kennenlernparty in Kattes Privaträumen feierten. Katte hatte sich ja klugerweise auch erkundigt, ob das in Ordnung ist. Tatsächlich haben die menschlichen Kennenlernparties, die fast jeder menschliche Gast veranstaltet, eine sehr wesentliche Funktion, indem sie unsere menschlichen Diplomatenlehrergäste mir den Tricks versorgen, die sie brauchen um ihre Echsenschüler darauf hinzuweisen, wie sie sich zu benehmen haben, ohne übermäßig anzuecken. Meine menschlichen Untergebenen wußten natürlich, daß ich diese Parties billigte, weil ich ihren Sinn verstand, aber es war durchaus sinnvoll, sie vor den Schülern unserer Universität zu verbergen, weil diese noch einiges in Bezug auf die Funktionsweise von Diplomatie zu lernen hatten. Daß man klugerweise Menschen benutzt, um eine gute Beziehung zu Menschen aufzubauen, ist eine Weisheit, die man erst nach und nach in Echsenköpfe reinbekommt, die ernsthaft glauben, daß Echsen alles besser können als Menschen. Wie man beispielsweise daran erkennen kann, daß ich Überwachungsfilme nicht so perfekt frisieren kann, wie meine menschlichen Untergebenen, die ich bei Bedarf für eben diese Aufgabe heranziehe, ist das offensichtlicher Blödsinn.
Leider schien diese Party gut zu laufen, denn die Menschen, die garantiert da drinnen waren, auch wenn die Überwachungsfilme sie beim Abendessen in der Kantine zeigten, kamen nicht wieder heraus. Schließlich sah ich in den Aufzeichnungen über seine Herkunftskultur nach, wie Menschen so ein Problem lösen und erfuhr, daß sie mir der Hand an die Tür klopfen, auf Rückfrage ihren Namen nennen und dann meist hereingebeten werden. Ich versuchte den Trick also, wurde tatsächlich hereingebeten und bekam die vermutete Party zu sehen.
Seiner eigenen Aussage nach hatte Hans Hermann von Katte aus dem Buffet nur gelernt, welche Lücken seine Schüler noch hatten und wußte schon, wie er vorgehen wollte. Zur Sicherheit fragte ich nach, wie er das genau machen wollte und stellte fest, daß er eine grob richtige Vorstellung hatte, was meine Schüler verstehen würden.
Ehrlich gesagt, fühlte ich mich durch Katte ausgebootet und verunsichert, aber das durfte ich an dieser Stelle nun wirklich nicht heraushängen lassen, denn er war eben ein Diplomat, den wir als Lehrer für unsere Diplomaten einsetzen und es war einfach nur angemessen, daß er sich den entsprechenden Respekt selbst verschaffte.
Fortsetzung:
F2651. Kenzharr tsarr Krrikchrik:
Ich erschien also morgens zum Unterricht und fragte mich, was das nächste gruselige Ding war, das dieser unberechenbare Mensch tun würde