F2659.

Hans Hermann von Katte bewirkte, daß jeder Student nach einer Vorlesung aufhörte, sich Menschen gegenüber arrogant zu verhalten

Vorgeschichte: F2658. Hans Hermann von Katte: Das Studium der Diplomatie, das ich gerade begonnen hatte, stellte alles in meinem Weltbild kopf und ich wußte echt nicht mehr, wo oben und unten ist

Kalimbo, Assistent des Rektors der Universität erzählt:
Hans Hermann von Katte tat irgendetwas, was bewirkt, daß selbst der dümmste Student im ersten Jahr nach einer einzigen Vorlesung begriff, daß es ein dummer Gedanke ist, sich Menschen gegenüber wie ein arrogantes Arschloch zu verhalten. Die Echsen meinen natürlich immer, sie wären die Stundenten und Hochschullehrer und wir wären nur das Dienstpersonal, aber natürlich bekommt man als Mensch ohne offizielle Position in Wirklichkeit einen viel tieferen Einblick in die Gesellschaft, in der man lebt, als eine Echse, die ihr Leben lang als das Beste, was die Gesellschaft produziert hat, angesehen wurde. Daher sind wir unseren Herren, was die Fähigkeiten in gesellschaftwissenschaftlichen Fächern angeht, haushoch überlegen und das brauchen wir auch, um als Art nicht unterzugehen.

Natürlich kann man nicht überall so viel darüber lernen, wie an der besten Universität des Planeten, aber wir haben es immerhin geschafft dafür zu sorgen, daß wir bei jedem außerirdischen Diplomaten, der als fähig erachtet wurde, Studenten zu unterrichten, unsere eigenen inoffiziellen Vorlesungen erhalten, die meist als Arbeitessen organisiert sind. Da muß man aber jeweils auf die kulturellen Vorstellungen der Gastdozenten eingehen, damit sie zufrieden sind. Sie sind natürlich alle der Ansicht, sie würden auf diese Weise die soziale Struktur unserer Gesellschaft erforschen, was sie in gewisser Weise auch tun. Tatsächlich geben wir ihnen aber auch einen sorgfältig ausgearbeiteten Unterricht, damit sie die arroganten Sichtweisen der Echsenkultur nicht ungeprüft übernehmen, sondern sehen, daß eigentlich alles ganz anders ist.

Daß wir das geheim halten, liegt hauptsächlich an den Studenten, die dafür wenig Verständnis aufbringen würden. Sie würden auf so dumme Gedanken kommen, wie daß wir Verrat an unserer eigenen Gesellschaft begehen könnten, dabei tun das selbst Angehörige weitaus ungerechterer Gesellschaften normalerweise nicht. Die Heimatgesellschaft eines Menschen oder einer Echse ist immerhin seine Heimat und wenn man den Betreffenden nicht völlig aus der Gesellschaft verstößt, ist er normalerweise loyal, wie man Berichten aus inzwischen millionen verschiedener Gesellschaften entnehmen kann. Verrat an der eigenen Gesellschaft wird oft unterstellt, aber findet selten statt. Das ergab eine Metaanalyse aus diversen Studien zu diesem Themenkreis aus hunderten von Gesellschaften.

Unsere Hochschulprofessoren wissen natürlich, daß wir mit unseren Gastprofessoren reden und sehen es zumindest bei anderen Menschen auch durchaus positiv, weil ihnen bewußt ist, daß wir den außerirdischen Menschen die Tricks vermitteln, mit denen man Echsen dazu bewegt, sich gegenüber Menschen anständig zu verhalten. Sie haben immerhin inzwischen begriffen, daß das eine Minimalbedingung ist, wenn sie Frieden mit menschlichen Kulturen wollen. Aber ganz durchschauen sie unsere Strategie auch nicht. Zumindest glaube ich nicht, daß ihnen bewußt ist, daß wir ein umfassenderes Netz an diplomatischen Beziehungen haben als sie. Sie wissen zumindest in den meisten Fällen, wann wir andere Welten besuchen, aber nicht immer, was in diesen Welten unsere diplomatische Mission ist und wohin wir weiterreisen. Sie scheinen es ja immer noch für glaubhaft zu halten, daß Außerirdische Diplomaten Menschen nur deshalb mit in andere Welten nehmen, weil sie ihnen wie besonders niedliche Haustiere vorkommen! Sklaverei macht wirklich etwas in den Köpfen der herrschenden Art kaputt, was man ihnen, nachdem man die größten Mißstände ausgehebelt hat, mühsam wieder beibringen muß.

Hans Hermann von Katte war aber auch darin eine Sondermarke, denn er war ganz offensichtlich in der Lage, unsere Situation bevor er uns auch nur gesehen hat, richtig einzuordnen, obwohl er selbst der herrschenden Schicht seiner eigenen sehr primitiven und außerordentlich abgeschotteten Gesellschaft angehört. Er hatte sich nämlich bei Ells ssa Ssittarr erkundigt, ob es in Ordnung wäre, wenn er sich scheinbar heimlich mit uns trifft, um uns zu unserer Sicht auf unsere Gesellschaft zu befragen, weil ihm bewußt gewesen war, daß er sonst das Risiko eingegangen wäre, uns in Gefahr zu bringen. Er war auch in der Lage die sehr zurückhaltenden Kommentare unserer jüngsten Kollegen richtig einzuordnen und angemessen zu beantworten. Ich finde ihn ehrlich erstaunlich. Darüber schien er die institutionelle Arroganz des Angehörigen einer Herrscherschicht überhaupt nicht zu haben, was mir ganz ehrlich nicht erklärlich war, weil er eben dem Adel angehörte und Lehrer des Herrschers eines kleinen Königreiches war. Daher fragte ich ihn, wie das kam.

Kersti

Fortsetzung:
F2660. Hans Hermann von Katte: Die Kulturen mit denen man sich wissenschaftlich austauschte, umfaßten tausende an Welten, wie ich erfuhr

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben