Dummerweise wußte ich diesmal ganz einfach nicht, wozu ich noch leben sollte, wenn mein Drache tot war.
"Khaerith, du mußt mir helfen. Dhaera versinkt immer mehr in
Apathie und ich kann sie gar nicht mehr erreichen. Irgendwie muß
es doch möglich sein, sie wieder zurückzurufen."
Damit war immerhin die Frage mit dem wozu leben beantwortet... Nicht
daß ich im Augenblick allzugroße Lust gehabt hätte, zu
leben - aber sie brauchte wirklich Hilfe und es wäre grausam, sie
alleinezulassen.
Zuersteinmal ging ich jedoch an den Wasserhahn, um meinen Durst zu stillen.
Wahrscheinlich war auch auf den neugeborenen Drachen zu viel Schmerz von
sterbenden Drachen übergeschlagen. Und Drachen lösten ein
solches Problem normalerweise indem pausenlos ein anderer Drache bei
dem so seelisch Verletzten Wache hielt, den eigenen Geist in eine
friedliche Stimmung brachte und den Geist des Verletzten von allen
anderen Einflüssen abschirmte. Wir waren zwar keine Drachen sondern
Menschen - aber prinzipiell zu einer solchen Wache genauso fähig
und als Drachenreiter telepathisch ausreichend geübt. Aber zwei
waren zu wenige, um diese Wache pausenlos durchzuhalten. Ich
erklärte ihr diese Überlegungen und fragte am Ende:
"Gibt es noch mehr Drachenreiter hier?"
"Ja. Aber sie sind alle zu nichts zu gebrauchen, weil ihre Drachen
tot sind."
"Laß uns nach draußen gehen, damit dein Drache in der
Sonne liegen kann. Er soll in Zukunft nicht mehr dabei sein, wenn du
jemandem Ohrfeigen gibst. Er hat schon viel zu viel Schmerz miterlebt
und die Ohrfeigen werden ihn daran erinnern. Ich schaue dann, wie ich
die anderen zur Besinnung zu bringen kann."
Tatsächlich war der Tod eines Drachen keine ausreichende
Erklärung für den Zustand der Drachenreiter. Drachen starben
selten, sie wurden ja um ein vielfaches älter als Menschen, aber
einmal war ein Drache gestorben, der einen Reiter hatte - bei einem
Unfall und sein Reiter hatte zwar tief getrauert, aber er hatte von
allen Seiten so viel Unterstützung erfahren, daß er sich
bald wieder dem Leben zuwandte und von einem anderen Drachen adoptiert
wurde, dessen Mensch an Altersschwäche gestorben war.
Die erste Wache überließ ich Dania, die jetzt nach ihrem Drachen Dhaeraith hieß.
Ein Text von Kersti Nebelsiek, Alte Wilhelmshäuser Str. 5, 34376 Immenhausen - Holzhausen, Tel.: 05673/1615, Internetseite: https://www.kersti.de/ E-Mail an Kersti
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