Sobald sie den Gefängnistrakt verlassen hatten, wurde ich über
Lautsprecher ins Büro gerufen. Ich schloß die Tür auf und
ging hin.
"Und? Wie haben sie sich benommen?"
Ich erzählte dem Gefängnisleiter alles, was sie gesagt hatten
und bat dann, nachschauen zu dürfen, wie es den Leuten ging.
"Gut. Mach deinen Rundgang und erstatte mir nachher Bericht."
Die meisten lagen immer noch apathisch im Bett. Ich entdeckte vereinzelt
Striemen, aber nichts, das dauerhafte gesundheitliche Folgen
befürchten ließ. Nur der Reiter namends Koherith tigerte
ruhelos in der Zelle auf und ab. Als ich die Tür aufschloß
drehte er sich abrupt zu mir um und holte aus, um mir eine Ohrfeige zu
geben. Ich blieb stehen und lächelte nur. Er ließ es
bleiben.
"So." sagte ich "Du bist also auf den Beinen."
"Ja. Wo sind die Burschen, die zuletzt hier waren, Khaerith?"
"Wahrscheinlich sicher außerhalb der Gefängnismauern. Was
haben sie getan?"
"Sie haben mich nackt ausgezogen und dann die Eier
gequetscht."
"Du bist außer mir und Daeraith der einzige Drachenreiter, der
auf den Beinen ist. Und von daher kann ich diese Idee nicht schlecht
finden." antwortete ich und starrte ihm ungerührt in die
Augen.
Er erwiderte meinen Blick zornig und wurde dann nachdenklich:
"Wirklich der einzige?"
"Ja."
"Und die Drachen?"
"Hier ist Daera - die frischgeschlüpfte Schwester von meinem
Drachen - und das ist der einzige lebende Drache von dem ich
weiß." antwortete ich.
"Wir müssen herausfinden, ob noch jemand von ihnen lebt.
Wieviele Drachenreiter sind hier gefangen?"
"117. Das sind alle noch lebenden Reiter, so weit ich weiß.
Die meisten sind nicht bei Bewußtsein und wenn wir nichts tun,
werden sie sterben. Daera liegt auch nur apathisch herum und wir halten
abwechselnd Wache bei ihr." erklärte ich.
"Das heißt die meisten von uns sind tot - und die Drachen
sowieso..."
"Ja. Ich will verhindern, daß noch mehr sterben. Und dazu
brauche ich deine Hilfe. Komm - wir fragen den Gefängnisleiter, ob
noch andere Drachen leben."
Da brach er in Tränen aus. Ich trat zu ihm hin, nahm ihn in die
Arme und fragte wie es ihm in der letzten Zeit ergangen sei. Es war,
wie ich erwartet hatte. Flucht. Dann wurden zuerst die Eltern seines
Drachen gefunden, gefangengenommen, ihnen bei lebendigem Leibe die Haut
abgezogen und schließlich fanden sie auch ihn und seinen Drachen,
lähmten ihn mit Lähmstrahlern, häuteten den
gelähmten Drachen, der aber die Schmerzen dennoch in vollem
Ausmaß fühlte und Koherith bekam sie mit. Ich blieb bis
spät in die Nacht bei Koherith, erst dann wechselte ich Daera bei
ihrem Drachen ab.
Ein Text von Kersti Nebelsiek, Alte Wilhelmshäuser Str. 5, 34376 Immenhausen - Holzhausen, Tel.: 05673/1615, Internetseite: https://www.kersti.de/ E-Mail an Kersti
Ich freue mich über jede Art von Rückmeldung, Kritik, Hinweise auf interessante Internetseiten und beantworte Briefe, soweit es meine Zeit erlaubt.