In der Tür des Operationsraumes blieb ich stehen und schaute mich
aufmerksam um. Ich entdeckte eine große Flasche - mindestens
fünf Liter - mit isotonischer Salzlösung. Dann fragte ich die
Ärzte, was mich diesmal erwarten würde.
"Keine Sorge. wir nehmen dir nur ein wenig Blut ab." antwortete
eine Krankenschwester beruhigend.
"Ein wenig? Und weshalb braucht ihr dann fünf Liter
Salzlösung?" fragte ich.
Niemand antwortete. Sie würden mir den größten Teil meines
Blutes abzapfen, wenn sie so viel Flüssigkeit ersetzen mußten.
Aber ich würde es höchstwahrscheinlich überleben - sonst
hätten sie gar keine Salzlösung gebraucht.
Ich legte mich hin, wurde angeschnallt und die Liege so eingestellt, daß meine Beine deutlich höher lagen als der Kopf während mein rechter Arm nach unten hängen lassen wurde. Dann wurde in meinen linken Arm eine Infusionsnadel für die Salzlösung eingestochen, nachgeschaut ob sie die Ader auch wirklich getroffen hatten, doch die Infusion noch nicht laufen lassen, um das Blut nicht zu verdünnen. In den herunterhängenden rechten Arm wurde die Nadel zum Blutabzapfen gestochen und festgeklebt. Sie ließen das Blut laufen, bis mir schwarz vor Augen wurde, obwohl mein Kopf beinahe die tiefste Stelle des Körpers war. Das heißt der gesamte Unterleib und die Beine mußten praktisch blutleer sein. Dann erst stellten sie die Infusion an, um die Flüssigkeit zu ersetzen und ließen mich wieder einmal einfach so liegen. Es war wieder die Psychologin, die mich abholte - allerdings war ich diesmal viel zu schwach, um sie anzusprechen. Sie schob einfach die Behandlungsliege mit mir in meinen Schlafraum.
Am nächsten Tag schaute der Psychologieprofessor herein. Er fragte mich, ob ich wieder einmal zu faul wäre, um zu arbeiten. Ich solle gefälligst an meiner Geschichte weiterschreiben. Ich bat ihn, die Tastatur auf meinen Bauch zu legen und den Computerbildschirm so hinzustellen, daß ich ihn im Liegen sehen konnte. Zum Aufstehen sei ich schließlich noch zu schwach. Er lächelte und tat was ich ihm gesagt hatte.
Als die Psychologin mir später am Tag mein Mittagessen brachte, war sie überrascht, mich arbeiten zu sehen.
Dabei war diese Blutspende harmlos gewesen - bis auf die beiden Nadelstiche hatte sie nicht wehgetan, und bleibende Schäden hatte sie glücklicherweise auch nicht hervorgerufen. Wenn nur alle Operationen so wären!
Ein Text von Kersti Nebelsiek, Alte Wilhelmshäuser Str. 5, 34376 Immenhausen - Holzhausen, Tel.: 05673/1615, Internetseite: https://www.kersti.de/ E-Mail an Kersti
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