Gefallene Engel


Der Untote

FF15.

Die jüngere Schwester

Eines Tages - ich war vier Jahre alt - brachte er eine Untote mit zum Pferch. Er rief mich zu sich, hob mich über die Absperrung, befahl mir der Untoten Rede und Antwort zu stehen und ging wieder. Ich ging zu ihr hin.

"Was möchtest du von mir wissen?" fragte ich sie.
"Hast du denn keine Angst vor mir?" fragte die Untote erstaunt.
"Nein. Ich war selber lange genug untot. Ich weiß, wie das ist."
"Kann er wirklich machen, daß ich richtig sterben und richtig geboren werden kann?"
"Ja. Das kann er. Bei mir hat er es auch getan und du siehst, daß ich richtig lebe. Raidis ist kein guter Mensch und im Dorf sehr unbeliebt, aber er hält seine Verträge ein, darauf kannst du dich verlassen. Er tut mehr für dich, als er dir verspricht und verlangt weniger von dir, als er dir androht. Obwohl er wirklich nicht nett ist."
"Aber er ist ein Sadist!"
"Ja. Und er wird seinen Sadismus an dir auslassen. Trotzdem ist es das tausendfach wert. Selbst wenn ich nur dieses eine Leben hätte. Du kannst dir gar nicht vorstellen wie schön leben ist."

Die Untote schlich noch tagelang um das Gut herum, ehe sie sich schließlich entschloß, sich auf den Handel einzulassen. Ich freute mich sehr, als ich davon erfuhr.

Die Schwangere Halbmenschenfrau wunderte sich sehr, daß ich mich gerade für ihre Schwangerschaft so interessierte und ihren Bauch so begeistert streichelte - schließlich war meine wirlich sehr liebe Mutter ja auch schwanger - aber das konnte ich ihr nicht erklären. Sie war nicht intelligent genug und ihr fehlte die nötige Erfahrung, um es zu verstehen.

Später nahm ich das Baby auf die Arme, wann immer sie es mir erlaubte und wartete ungeduldig auf die Zeit, wo das Kind, das einmal eine Untote gewesen war, sprechen lernen würde.

Die ehemalige Untote wurde meine engste Freundin in meinem ersten Leben. Ihr konnte ich alles erzählen, sie verstand mich, teilte das ungläubige Staunen darüber, daß das Leben so wunderbar ist, mit mir. Und sie war nie unfreundlich zu mir, ganz im Gegensatz zum Herrn, der mich ja irgendwie auch verstand.

Als wir älter wurden teilten wir das Lager miteinander und hofften, daß gerade rechtzeitig ein anderer Untoter aufkreuzen würde, um als unser Kind zur Welt zu kommen. Als sie etwa 14 und ich neunzehneinhalb war, kam tatsächlich ein neuer Untoter - und sie war alt genug, daß sie schwanger werden konnten, so daß er die Gelegenheit nutzte, in ihrem Körper heranzuwachen.

Kersti

Quelle: Erinnerung an ein eigenes früheres Leben


FF16. Kersti: Folgendes: Der grausame Preis der Erlösung
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