Auch die Katze hatte alt und krank ausgesehen, ihr Fell stumpf und
struppig, als er sie kennenlernte. Sie bewegte sich vorsichtig, als
täte ihr jede Bewegung weh. Auch sie sah jetzt viel jünger und
völlig gesund aus. Nur ging diese Entwicklung viel schneller als
sie eigentlich gehen dürfte, wenn es mit rechten Dingen zuginge.
Eigentlich müßte Gerit regelmäßig Alpträume
haben, viel mißtrauischer und unfreundlicher sein. Mitten in diese
Gedanken hinein sagte Gerit:
"Herr, ich würde gerne ein oder zwei Privatpatienten annehmen.
Je nachdem, wie ernst die Fälle sind. Ich bin weitgehend gesund
und auch ihre Tochter braucht nur noch einen Bruchteil der
Fürsorge wie am Anfang. In der Klinik mußten wir zu viel
arbeiten - aber mehr als ich jetzt mache, schaffe ich allemal."
Wie vom Donner gerührt sah der Wissenschaftler den Heiler an. Mein
Gott, sie hatten Gerit halb umgebracht in der Klinik, indem sie ihn
gezwungen hatten zu heilen.
"Wie kommt es, daß du nach den Erfahrungen freiwillig heilen
willst?"
"In der Klinik mußten wir so viel arbeiten, daß ich es
nicht gemerkt habe, aber bei der Arbeit mit ihrer Tochter ist mir
bewußt geworden, wie sehr ich das Heilen liebe. Ich muß
wohl auch arbeiten, um meinen Lebensunterhalt zu verdienen und ich habe
nichts anderes gelernt."
"Ich will eine wissenschaftliche Arbeit über das Verhältnis
zwischen Heiler und Katze schreiben und wollte dich bitten, als
Grundlage dafür deine Lebensgeschichte niederzuschreiben."
"Gerne. Ich glaube jedoch nicht, daß ich so viele
Klinikerinnerungen täglich verkraften würde, daß durch
das Aufschreiben meine Heilarbeit eingeschränkt würde."
antwortete der Heiler.
"Es ist mir eine große Hilfe, wenn du heilst, denn eigentlich
hatte ich mir deinen Kauf nicht unbedingt leisten können."
erklärte Arragon freundlich, dann frage er: "Sag mal, wie
kommt es, daß du nach all dem, was dir angetan wurde, nicht
verbittert bist?"
"Wer verbittert, stirbt."
"Wie?"
"Entweder liebt man trotz allem, was geschieht, oder man ist
spätestens nach einem Jahr tot in der Klinik."
"Aber warum?"
"Es scheint, daß Katzen ihre menschlichen Partner heilen.
Irgendwie geht das nicht, wenn wir nicht lieben."
"Aber viele Menschen könnten so etwas nicht aushalten, ohne sich
zu verschließen. Warum kannst du das?"
"Katzen heilen nicht nur den Körper, sie heilen auch die
Gefühle. Ich weiß nicht genau wie, doch fühle ich mich
jedesmal nachher viel zufriedener, wenn er bei mir auf den Schoß
gelegen und geschnurrt hat."
"Das wäre eine Erklärung, warum du seelisch einen so
gesunden Eindruck machst."
"Wie jetzt gesund?"
"So als hättest du ein ganz normales leichtes Leben gehabt -
ohne all die Qualen, Foltern und vorsätzlichen Grausamkeiten
der letzten Jahre."
"Ist das so ungewöhnlich?"
"Ja."
"Ich glaube, alle Heiler sind so. Wir haben in unserer Katze einen
Freund, der uns nie im Stich lassen würde."
"Und ihr seid gemeinsam durch die Hölle gegangen."
"Das sind wir."
Die Katze:
Das mit den Privatpatienten war meine Idee.
Ich wollte beweisen, daß es auch geht,
ohne Heiler und Katzen zu quälen. Obwohl
mein Mensch meine Gedanken nur unbewußt
versteht, richtet er sich oft nach meinen
Bitten.
Ein Text von Kersti Nebelsiek, Alte Wilhelmshäuser Str. 5, 34376 Immenhausen - Holzhausen, Tel.: 05673/1615, Internetseite: https://www.kersti.de/ E-Mail an Kersti
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