Reinkarnationserinnerung - Mein Leben zu Jesu Zeit

J3.

Jesu Kreuzigung

Jesus sagt: fast alle Götter, die Menschen im Laufe der Geschichte angebetet haben, sind Angehörige raumfahrender Rassen, die sich von uns Menschen teilweise erheblich unterscheiden, teilweise aber auch unerkannt unter uns leben könnten. Keiner dieser Götter ist besser als wir Menschen. Über diesen Teil ist Jesus Vater empört.

Es gibt einen einzigen wahren Gott und dieser Gott ist die Liebe. Wir können in unserem Herzen mit ihm reden. Der wahre Gott liebt jeden Menschen bedingungslos und würde uns nie bestrafen oder fallenlassen. Er versorgt uns mit allem Notwendigen, wenn wir nur darum bitten.

Also beten wir um Essen - das funktioniert mengenmäßig ganz gut, nur nicht sonderlich regelmäßig. - Immer wenn einer von uns jemanden grollte, gab es Verspätungen. Interessanterweise hatten wir immer, wenn jemand unsere Hilfe brauchte, genug dabei. Wir beten um Kleidung - die bekamen wir immer rechtzeitig. Und auch manchmal um ganz private kleine Wünsche. Auch die werden meist erfüllt.

Wir fragen uns bei jedem Gebet, über wen wir uns geärgert haben, wem wir noch verzeihen müssen, damit die Liebe, die Gotteskraft wieder fließen kann.

Und wir beten um eine bessere, friedlichere, liebevollere Welt.

Jesu Vater

"Simon, mein Vater möchte, daß du zu ihm aufs Schiff kommst."
Jesus sah mich unsicher an.

Er hatte mich, wie jeden seiner Freunde davor gewarnt, was passieren wird, wenn ich auf das Raumschiff (stellt euch ein typisches Kitsch-UFO vor) komme. Sein Vater wollte mir einen kleinen Sender einpflanzen lassen, der es ihm ermöglichen würde, mich immer überall zu finden, meine privaten Unterhaltungen abzuhören, mit mir zu reden und mir jederzeit unglaubliche Schmerzen zuzufügen. Außerdem soll es laut Jesus Vater auch dazu geeignet sein, seine Träger zu töten. Wir bezeifeln das. Jesus lebt noch, obwohl er seinem Vater alles andere als ein gehorsamer Sohn war. Jesus meinte, wenn sein Vater mir so ein Teil einpflanzen will, könnte ich dem nur entkommen, indem ich nie wieder etwas mit Jesus zu tun hätte. Sonst würde sein Vater mich früher oder später doch einfangen. Ich hatte meine Entscheidung längst getroffen. Ein Mensch braucht Freunde - gerade wenn er in einer so schwierigen Situation steckt wie Jesus.

Ich lächelte Jesus zu und sagte:
"Dann laß uns gehen."

Ich konnte mir sinnvollere Beschäftigungen vorstellen, als mir eine Verfolgungsjagd mit Raumschiffen zu liefern - obwohl das spannend wäre.

Wir gingen hinaus in die Wüste, wo das Schiff in einem Tal verborgen auf uns wartete. Ich trat ein und sah mich neugierig um. Dort stand ein großer, bärtiger, blonder Mann neben einem Tisch mit vier Stühlen aus glasklarem Material. Auf einem der Stühle saß eine ebenfalls blonde Frau. Ihre Ausstrahlung war wesentlich schwächer aber auch reiner als die des Mannes. Sie gefiel mir. Ich lächelte ihr zu. Sie trug die Ärzteuniform der Engel - wie wir die Brüder vom Himmel nannten. Also würde sie mir das Gerät einpflanzen. Der Mann mußte Jesus Vater sein. Er sah ihm auch ähnlich. Ich musterte ihn prüfend. Er hatte etwas Herausforderndes an sich. Jesus hatte erzählt, daß es schwer ist, mit ihm auszukommen.
"Na, du läßt dich aber auch durch gar nichts einschüchtern." meinte er.
"Nein. Wieso? Ist sich einschüchtern lassen irgendwozu nützlich?" fragte ich grinsend.
Er lachte. Ich hatte den Tonfall richtig gewählt.
"Setz dich."
Wir setzten uns. Jesus fühlte sich hier nicht wohl.
"Du bist also ein Freund meines Sohnes."
Ich nickte.
"Bist du dir im Klaren darüber, daß ich dich jederzeit umbringen könnte?"
"Das konnten viele. Einige hatten schon Gift in meinen Wein gemischt. Dennoch sitze ich heute hier. Wenn ich jedesmal in Panik geraten wäre, wäre ich wahrscheinlich schon tot - oder hätte Zeit meines Lebens unnötigerweise Angst gehabt. Ich kann mir Nützlicheres vorstellen."
"Aber ich bin Gott!"
Ich starrte ihn voller Verachtung an:
"Weißt du, ich beschäftige mich mit Religion. Ich glaube dir alles, was du sagst. Diese Lüge ist schon zweitausend Jahre alt."
Er gab mir eine Ohrfeige und befahl:
"Ke'ischa, tu deine Arbeit."
Ich sah die Frau an und fragte:
"Wohin?"
Sie winkte mich in einen Nachbarraum.

Dort angekommen fragte sie mich:
"Du weißt bescheid, wie?"
Ich nickte.
"Ich möchte die Operation bei vollem Bewußtsein miterleben."
"Warum? Du mutest dir nur unnötige Schmerzen zu."
"Ich will sehen, was du tust. Schmerzen sind unwesentlich."
"Jesus hat seltsame Freunde. Absolut furchtlos."
"Jesus übt sich in der Kunst, sich zwischen sämtliche Stühle zu setzen. Das ist auch eine Art, sicherzustellen, daß Feiglinge nicht zu den eigenen Freunden zählen." Ich lachte.

Ich lächelte in mich hinein. Jesus Vater hatte zweifellos nicht damit gerechnet, daß sein Sohn sich als so widerspenstig erweisen würde. Nun versuchte er, Jesus auf dem Umweg über seine Freunde unter Kontrolle zu kriegen. Ich schätzte die Erfolgschancen gleich null.
"Ich hoffe, er macht, wenn ihm das klar wird, nicht seine ständige Drohung wahr, Jesus zu töten." dachte ich.
"Tut mir leid, der Herr befielt ausdrücklich, die Operation mit Betäubung durchzuführen. Er meint, sonst würdet ihr das Gerät vielleicht selbst wieder entfernen."
Schade. Ich war wirklich neugierig. Und das war tatsächlich einer meiner Hintergedanken gewesen. Nicht sofort, nur falls es nötig sein sollte, uns vor Jesu Vater in Sicherheit zu bringen. Ich legte mich auf die Behandlungsliege.

Der Herr überprüfte das Gerät nachher sehr eingehend. Insbesondere die Sache mit den Schmerzen probte er, bis mein Nervensystem so überreizt war, daß mein Körper mir nicht mehr gehorchte, nur unkontrolliert zitterte. Da ich danach nicht aufstehen konnte, hob er mich hoch und warf mich aus dem Schiff. Jesus folgte mir wütend. Ich fand, daß sein Vater diese Wut nicht wert sei. Er trat Jesu Liebe so mit Füßen, daß Jesus jede Zusammenarbeit verweigerte. Er hätte es auch ganz anders haben können. Ich weiß doch, wie glücklich Jesus über jedes freundliche Wort seines Vaters war. Aber um sich durch Gewalt beherrschen zu lassen, ist Jesus Charakter zu stark.

Das Schiff flog davon.

Jesus kniete neben mir, nahm telepathisch mit mir Kontakt auf, fragte:
"Geht es?"
"Klar. Es ist doch nur passiert, was wir erwartet haben, oder?"
Jesus stimmte mir zu. Er war traurig. Er hoffte immer noch, daß sein Vater sich ändern könnte. Das würde vermutlich erst geschehen, wenn Jesus es sich nicht mehr so sehnlichst wünschte. Jesus selbst hatte mir die Gesetzmäßigkeiten erklärt, die dahinterstanden, doch hier war er dafür blind.

Still warteten wir, daß mein Körper mir wieder gehorchte.

Viele, die Jesus kennen, würden es mir nicht glauben: Seinem Vater gegenüber benimmt er sich wie ein kleines, verletztes Kind.

Von mir sind sie dagegen gewöhnt, daß ich von Zeit zu Zeit explodiere - mit Vorliebe, wenn jemand eine Morddrohung zum dritten mal wiederholt und schon das Messer zum Zustechen in der Hand hält. Erstaunlicherweise hat keiner diese Drohung je wahrgemacht.

Ich habe das Gerät oft benutzt, um mich mit Jesus Vater zu streiten. Eine normale Unterhaltung ist mir mit ihm bis zur Kreuzigung nie gelungen.

Apostel

Ein halbes Jahr später:
Eng beieinander saßen wir in einer kleinen Halle in Jerusalem. Es tat uns gut, unter Freunden zu sein. Jesus erzählte, daß er uns alles beigebracht hätte, was er könne. Dann nannte er je zwölf Männer und zwölf Frauen, die seine Arbeit weiterführen sollten. Fühlte er sich so bedroht? Was mochte zwischen ihm und seinem Vater vorgefallen sein? Plötzlich fiel mir auf, daß er meinen Namen gar nicht genannt hatte. Dabei hatte ich von allen Anwesenden die beste Ausbildung. Ich sah Jesus fragend an und beschloß zu schweigen: Jesus hat gewöhnlich gute Gründe. Da warf Jesus mir ein herzliches Lächeln zu. Hatte er meine Frage aufgefangen? Manchmal ist er offen genug. Ich erwiderte sein Lächeln. Er sprach weiter, als sei nichts geschehen.

Beim Verlassen der Halle erwischte ich ihn alleine und fragte neugierig, warum er meinen Namen nicht genannt hätte. Jesus antwortete:
"Du bist ein eigenwilliger Mensch. Du hast aus vielen Quellen gelernt. Oft leistest du sogar bessere Arbeit als ich. Aber ich könnte nicht guten Gewissens behaupten, daß du meine Arbeit unverfälscht weiterträgst. Du mußt dir deinen Ruf selber schaffen. Ich bin sicher, das kannst du."
Ich nickte. Er hatte recht.

Der Traum

Drei Tage später:
Nur ein kleiner Teil unseres Kreises stand zusammen mit Jesus vor Sonnenaufgang auf. Für mich und meine Frau war es eine liebgewordene Gewohnheit aus der Kindheit bei den Essenern, morgends die Sonne zu grüßen, wenn sie sich langsam über den Horizont erhebt. Ich glaube, Jesus erging es ähnlich. Den anderen, die nicht bei den Essenern aufgewachsen waren, war das einfach zu früh - und wir drängten sie nicht.

An jenem Tag war Jesus normalerweise vollkommen klare Aura leicht grau. Ich fragte ihn, was sei. Jesus lächelte:
"Ich hatte einen Wahrtraum."
"Möchtest du ihn mir erzählen?" fragte ich. Jesus nickte. Sein Blick ging in weite Ferne, als er sich die Traumbilder wieder in Erinnerung rief:
"Ich werde in einem Garten von Bewaffneten gefangengenommen und vor das jüdische Gericht geführt. Dort fragen sie mich, ob ob ich Gottes Sohn sei. Ich antworte ja. Meinen Vater nennen die alten Schriften Gott. Sie lassen mich auspeitschen und bringen mich zum römischen Statthalter. Der hält Gericht vor dem Volk. Er verurteilt mich zum Tode, ist aber nicht bereit, dafür selbst die Verantwortung zu übernehmen. Am nächsten Tag werde ich gekreuzigt und sterbe. Danach sind die Jünger so erschüttert und verzeifelt, daß sie aufgeben und alles, was ich ihnen beigebracht habe, vergessen. Ich sehe ihnen traurig zu und würde sie gerne trösten und wieder auf den richtigen Weg bringen. Ich bin nur ein Mensch. Es ist doch nicht so wichtig, ob ich sterbe."
"Hast du deinen Vater schon gefragt, ob er dir helfen kann?"
"Nein. Das werde ich gleich tun."

Im Augenblick war Jesus noch mit der Sorge beschäftigt, was aus seinen Jüngern werden würde. Die Angst würde noch kommen. Eine Kreuzigung ist kein leichter Tod, nichts, was man ohne weiteres wegstecken kann.

Jesus hatte mir am Vortag gesagt, daß ich zu einem der nahegelegenen Essenerhäuser eine Botschaft bringen sollte. Es ging mir gegen den Strich, Jesus in dieser Situation alleinzulassen.
"Soll ich hierbleiben?"
"Nein. Die Botschaft ist wichtig. Du mußt gehen." erwiderte Jesus.

Ich nickte. Die Entscheidung mußte ich Jesus überlassen.

Beim Frühstück erzählte Jesus alles noch einmal und ergänzte, daß sein Vater ihm gesagt hätte, daß er nicht helfen würde, sollte es kommen wie im Traum.

Ich fragte mich, ob Jesus Vater dabei die Hand im Spiel hatte. Ich fragte Jesus ein zweites mal, ob ich bei ihm bleiben solle. Er antwortete wieder mit nein.

Der Botengang

Ich fürchtete, es könnte schon zu spät sein, wenn ich zurückkomme. Ich bin ganz gegen meine Gewohnheit weite Strecken des Weges gerannt. Dennoch wurde es dunkel, als ich dort ankam. Ich gab die Botschaft beim Meister des Hauses ab und sagte dann, daß ich mit Kesrith, dem Engel sprechen wollte, der hier Dienst tat. Sie schickten mich in die Funkstation.

Engel sind außerirdische Menschen, das Volk von Jesus Vater. Der Essenerorden hat einen Vertrag mit ihnen geschlossen, daß sie in jedem unserer Häuser einen Engel mit seiner Funkausrüstung unterbringen dürfen. Den genauen Wortlaut kenne ich nicht, wir dürfen jedoch nicht gegenüber Außenstehenden sagen, wer der Engel ist. Vom Aussehen her fällt er in unserer Gemeinschaft nicht auf, wo wir häufig Gäste aus fernen Ländern haben. Einfache Essener sehen oft bewundernd zu den Engeln auf. Wer wie ich eine oder mehrere Einweihungen erhielt, sieht oft auf sie herab, da sie nicht eingeweiht sind und da wir Technik nicht für wichtig halten. Ich ignoriere gesellschaftliche Rangunterschiede gewöhnlich vollkommen - was mir einige herzliche Freundschaften mit solchen diensttuenden Engeln eingebracht hat.

Da die Tür verschlossen war, klopfte ich. Kesrith öffnete, freute sich, mich zu sehen, sagte:
"Grüß dich Simon. Na, wie geh's?"
Ich erwiderte sein Lächeln und sagte:
"Grüß dich Kesrith. Wir machen uns Sorgen. Jesus hatte einen Wahrtraum, in dem er gekreuzigt wurde. Sein Vater meinte dazu, daß er Jesus in einer solchen Situation nicht helfen würde. Das scheint mir ein Hinweis, daß tatsächlich etwas im Busch ist. Vermutlich hat euer Herr da selbst seine Hand im Spiel."

Mir war der Wahrtraum als ausreichender Beweis erschienen, doch erfahrungsgemäß nehmen Engel dergleichen nicht ernst. Sie wissen nicht, welche Fähigkeiten der menschliche Geist hat. Statt dessen verlassen sie sich auf Maschinen. Kesrith nickte und sagte:
"Ich kenne Jesus. Er ist ein dermaßen guter, idealistischer Mensch, daß ich mich gefragt habe, wie das gut gehen soll, bei dem Vater. Er hat es bestimmt nicht verdient, gekreuzigt zu werden. Wenn er Hilfe braucht, werde ich mein Bestes tun. Ich muß nur etwas Konkretes wissen."
Ich nickte. Eine solche Zusage von Kesrith ist einiges wert. Er ist bereit, sich notfalls für Gerechtigkeit selbst in Gefahr zu bringen, dabei aber auch ein sehr kluger Mann, der in solchen Dingen meist Erfolg hat.

Danach unterhielt ich mich mit dem Lehrmeister des Hauses. Er gab mir nach langem Reden nur eine halbherzige Zusage, auf die ich mich nicht verlassen würde. Dann lief ich mitten in der Nacht zurück nach Jerusalem.

Ich erfuhr, als ich dort ankam, daß Jesus schon gefangen war. Am Nachmittag sollte die Gerichtsverhandlung stattfinden. Ich blieb solange, weil zusätzliche Informationen wichtig sein mochten, um gezielt handeln zu können.

Ich sagte meiner Frau, daß sie mich rechtzeitzig wecken sollte und legte mich kurz schlafen.

Gericht

Die Gerichtsverhandlung sollte auf einem Balkon stattfinden. Ich stand unauffällig gekleidet zusammen mit meiner Frau in der wartenden Menge.

Als sie Jesus herausführten, begannen Sprechchöre:
"Hängt ihn, kreuzigt ihn, steinigt ihn."
Lächerlich. Ein Mensch kann nur einmal sterben. Ich fragte mich, wer diesen Pöbel so aufgehetzt hatte. Sie hatten keinen Grund, uns etwas tun zu wollen. Den haben nur die falschen Götter und jene, die davon leben, daß sie angebetet werden.

Jesus ließ ruhig seinen Blick über die Menge gleiten. Er lächelte uns grüßend zu. Seine Haltung war sehr aufrecht, sein Blick hellwach, aufmerksam. Er lächelte, als hätte er ein schönes Geheimnis. Er hatte noch lange nicht aufgegeben. Nachdenklich betrachtete er den römischen Befehlshaber. Sein Rücken war mit blutigen Peitschenstriemen überzogen, seine Hände auf den Rücken gefesselt. Ich fragte mich, was er für eine Nacht gehabt haben mochte.

Jesus wurde zum Tod durch Kreuzigung verurteilt, wie vorhergesehen. Über den Befehlshaber konnte ich nur den Kopf schütteln. Wenn er Unrecht spricht, sollte er dafür wenigstens die Verantwortung übernehmen. "Ich wasche die Hände in Unschuld." - so ein Schwachsinn! Vielleicht wollte er damit uns um Verzeihung bitten. Dann fragt sich, warum er diese Entscheidung getroffen hat. Wer kann ihn so unter Druck setzen?

Mein erster Ritt

Nachdenklich ging ich zu unserem Haus.

Normalerweise sind wir der Ansicht, daß Pferde ein Luxus sind, den man wirklich nicht braucht. Wir tragen grundsätzlich keine Waffen und Schmuck ist Unfug. Doch Simon, mein Namensbruder, der einmal zu den Freiheitskämpfern gehörte, trägt immer noch sein Schwert mit sich herum. Eine unserer Frauen ist geradezu mit Schmuck überladen und Terius, der Sohn eines römischen Adeligen, hat stets sein edles und sehr schnelles Pferd dabei. Ich bin froh darum, denn ich liebe dieses Tier. Wohl deshalb bin ich außer Terius der einzige, den es nicht tritt oder beißt. Außerdem haben wir drei Esel, die frei hinter uns herlaufen. Wenn es etwas Schweres zu tragen gibt, übernehmen sie das. Sie sind auch eine große Hilfe, wenn man sich den Fuß vertreten hat. Manchmal hat jemand einfach Lust zu reiten. Aber meist betteln sie nur um Leckerbissen und beteiligen sich an unseren Albereien, indem sie uns von hinten mit dem Kopf umstoßen.

Ich bat Terius um das Pferd. Er fragte erstaunt:
"Kannst du überhaupt reiten?"
"Nein. Aber Fuss", so hieß der Hengst, "wird sich zweifellos bemühen mich heile zu bringen, wohin ich will."
Terius lachte und überließ mir das Pferd. Ich sattelte - das hatte ich von Terius gelernt - und stieg auf.

In der Stadt war der Hengst unruhig. Er fühlte sich unter so vielen Menschen unsicher und neigte deshalb zu heftigen Reaktionen. Ich nahm die Zügel etwas kürzer und versuchte ihm durch diesen leichten Kontakt mit dem Maul meine Ruhe und Sicherheit zu vermitteln. Als wir so ohne Zwischenfälle das Stadttor passiert hatten, ließ ich die Zügel locker und feuerte ihn an. Zuerst lief er sehr holprig, so daß ich mich fragte, ob ich mich auf Dauer würde halten können - doch dann wurde er viel schneller und ging in eine weiche Gangart über, bei der es ganz einfach war, oben zu bleiben. Von Zeit zu Zeit gab ich ihm mit den Zügeln einen leichten Hinweis, sich etwas mehr rechts oder links zu halten. Zwischendurch ging er auch mehrmals eine Weile ganz langsam, um sich auszuruhen, doch war ich am Essenerhaus, bevor es dunkel wurde.

Ich gab einem Jungen die Zügel, sagte, er solle das Pferd im Kreis führen, bis ich wiederkäme und erstattete Kesrith Bericht. Kesrith nickte, meinte:
"Na dann wollen wir mal die Beziehungen spielen lassen. Ich werde euch jemanden schicken, der vom Erfolg berichtet."
Da wir den Engeln nicht bei der Arbeit zusehen dürfen - sie wollten sicherstellen, daß keiner von uns die Geräte zu bedienen lernt - mußte ich jetzt gehen.

Bei einem Treffen nach der Kreuzigung erzählte Kesrith mir, daß er deshalb zur Strafe versetzt würde, aber das sei nicht so schlimm. Die Versetzung hierher sei auch eine Strafe gewesen.

Auf dem Rückweg trieb ich den Hengst nicht ganz so an, kam mitten in der Nacht ins Haus, stieg vom Pferd und führte es in den Stall. Terius wartete dort auf mich.
"Was ist los? Warum schläfst du noch nicht?" fragte ich erstaunt.
"Ich habe mir Sorgen gemacht. Du hast noch nie auf einem Pferd gesessen."
"Aber Terius, Fuss würde mich nie abwerfen. Er hat sich größte Mühe gegeben, mich heile dorthin zu bringen, wo ich will."
"Du warst sehr schnell. Bist du gallopiert?"
Als ich ihm erzählte, wie sich das Reiten angefühlt hatte, erklärte mir Terius, daß die holprige Gangart Trab hieß und die schnelle, weiche, fließende Gallopp. Ein wie ein Römer gekleideter Mann trat aus einem Seitengang und fragte, ob ich heute wirklich zum ersten mal auf einem Pferd gesessen hätte und dann gleich so weit geritten sei. Ich bejahte. Der Mann lachte:
"Dein Gottvertrauen möchte ich haben!"
"Mit Gottvertrauen hat das wenig zu tun. Es reicht, daß ich dem Pferd vertraue." antwortete ich.
Er lachte wieder.

Arbeit

Kaum hatte ich den Hengst abgesattelt und versorgt, fragte jemand nach einem Heiler. Ich war nicht gerade erfreut über dieses zusätzliche Problem, ging aber mit, da es wohl jedem von uns ähnlich ergangen wäre. Man sollte die Probleme anderer nicht übergehen.

Der Mann führte mich zu seiner gelähmten Tochter. Ich bat ihn, mich alleinzulassen, kniete neben dem Kinderbett nieder, legte mir die Hände vors Gesicht und löste mich von meinen persönlichen Sorgen. Wenn ich jetzt an Jesus gedacht hätte, hätte ich nicht heilen können.

Ich drehte das schlafende Kind auf den Bauch und fuhr mit beiden Zeigefingern die Wirbelsäule entlang. Ich korrigierte die Stellung einiger Wirbel, doch im Großen und Ganzen lag die Ursache der Krankheit nicht in Wirbelfehlstellungen oder dergleichen. Ich drehte das Kind wieder auf den Rükken. Eine weitergehende körperliche Untersuchung konnte ich mir sparen, da Nervenstränge zu fein sind, um sie auf der körperlichen Ebene behandeln zu können.

Ich ging tiefer in den Frieden Gottes hinein, bis ich mit den höheren Sinnen das feine Netz des Wahrnehmungsgitters sehen konnte. Mit den feinen Fingern meines Geistes, brachte ich Stockungen ins Fließen und stellte fehlende Verbindungen wieder her. Dann ging ich alle höheren Auraebenen durch und korrigierte dort das Energiefeld. Schließlich begann ich zu beten. Langsam glitt ich in immer tiefere und tiefere Entspannung, nahm Kontakt mit der Seele des Kindes auf, betrachtete mit ihm Vergangenheit und verschiedene Wege in die Zukunft und ließ zu, daß Gott uns einen starken Strom seiner reinen, klaren Energie(VA180. Definition Eso) zukommen ließ. Beendet wurde diese Arbeit durch meinen Schutzengel, der mir wortlos ein Bild von meiner Zukunft in den Geist blitzte. (Schutzengel sind geistige Wesen, die sich gewöhnlich noch nie oder fast nie verkörpert haben. Sonst unterscheiden sie sich kaum von Menschen und sind auch grundsätzlich fähig, als Menschen zur Welt zu kommen.) Richtig, es war Morgen. Ich mußte bei der Kreuzigung anwesend sein. Mein Schutzengel versprach mir, die restliche Arbeit mit Jera, dem Kind zu übernehmen. Ich dankte, verabschiedete mich von Jera und kam wieder zu mir.

Der Vater des Kindes stand hinter mir. Ich grüßte ihn.
"Und? Kannst du sie wieder gesund machen?" fragte er zaghaft.
"Sie wird gesund werden."
Der Mann fiel vor mir auf die Knie, küßte meine Füße, stammelte einen Dank, brach in Tränen aus und bat mich um meinen Segen. Ich kniete nieder, legte meine Arme auf seine Schultern und sagte leise:
"Steh auf, junger Mann. Ich verstehe, daß du glücklich bist. Das bin ich auch, wenn meine Arbeit durch solchen Erfolg gekrönt wird. Aber nicht mir gehört der Dank sondern Gott. Meine Kräfte hätten nicht gereicht, um dieses Wunder zu vollbringen. Und es liegt auch nicht in meiner Entscheidung, ob ich Erfolg habe oder nicht. Deine Tochter hat dazu ebensoviel beigetragen."
"Du Papa, warum weinst du so?"
Jera, das kleine Kind war leise aufgestanden und legte ihren kleinen Arm um die Schultern ihres Vaters. Der schaute auf, seine Augen wurden groß. Er umarmte seine Tochter und begann wieder vor Freude zu weinen. Dem Mädchen fiel erst jetzt auf, daß sie aufgestanden und ein Stück gegangen war, sie zog ein sehr erstauntes Gesicht. Dann fragte sie:
"Du hast das gemacht, ne?"
"Nein, ich war nur das Werkzeug, durch das Gott dir geholfen hat. Bleibe dir selbst treu und höre immer auf deine innere Stimme. Dann wirst du auch gesund bleiben, Jera."
Ich lächelte ihr zu. Das Kind nickte ernsthaft und umarmte mich.
"Ich muß jetzt gehen Jera. Sie wollen Jesus, meinen Lehrer heute kreuzigen und ich will bei ihm sein."
"Hat er etwas Böses getan?"
"Nein. Jesus hat nur viele Menschen geheilt und ihnen erzählt, wer Gott wirklich ist. Das hat einigen sehr mächtigen Menschen nicht gefallen, die oft Böses tun."
"Und jetzt bringen diese bösen Leute ihn um?"
"Ja."
"Dann geh schnell hin und rette ihn."
Ich weinte. Ich glaubte nicht, daß ich die Macht dazu hätte.
"Schau, du mußt nur auf deine innere Stimme hören und immer tun, was sie dir sagt, dann hilft Gott dir, wie er mir geholfen hat, daß ich wieder gehen kann." gab sie mir meinen eigenen Ratschlag zurück. Ich sah zu dem dreijährigen Kind hin und spürte die alterslose Weisheit ihrer Seele. Ich erinnerte mich an Jesu Worte:

"Wahrlich ich sage euch, wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, werdet ihr nie das Himmelsreich erringen."

Damals meinte Simon, der ehemalige Freiheitskämpfer dazu:
"Ach deshalb sind wir immer so kindisch, wenn wir unter uns sind."
Ich grinste und antwortete:
"Wahrscheinlich."

Jesus und wir, seine Jünger verbrachten in den seltenen Zeiten, wo wir nichts Wichtiges zu tun hatten, die meiste Zeit mit herumalbern und uns gegenseitig necken.

Wir brauchten das, um mit den immer wiederkehrenden lebensgefährlichen Situationen fertigzuwerden, in die unsere Treue zu Jesus und unseren Idealen uns brachte.

Jetzt verstand ich, was er gemeint hatte. Mir als Erwachsenem hatten meine Ängste den Blick verstellt.
"Danke, Jera. Das war genau der Ratschag, den ich brauchte."
Ich umarmte sie, stand auf und wollte gehen. Da fragte der Vater:
"Darf ich mitkommen?"
"Gern." antwortete ich.

Die Kreuzigung

Wir gingen zuerst ins Haus und ich erkundigte mich nach dem Stand der Dinge. Zwei Essener-Brüder waren da und erzählten, daß in Rom um eine Begnadigung für Jesus gebeten würde. Sie machten einen optimistischen Eindruck. Wir besprachen, daß auf dem Weg den Jesus zur Kreuzigungsstätte gehen mußte, alle paar Meter einer von uns stehen sollte. Wir würden nicht mit ihm reden können, aber wir würden ihm zulächeln. Auch ein Lächeln kann neuen Mut und neue Kraft geben. Er sollte wissen, daß er nicht allein war.

Ich stand vor dem Tor des Gefängnisses. Sie führten Jesus heraus. Ich grüßte ihn mit einem Lächeln. Er lächelte zurück. Er hatte offensichtlich Gelegenheit gefunden, sich zu waschen und sein langes Haar zu kämmen. Seine Haltung war so aufrecht, wie die Ketten es ihm erlaubten. Er trug den schweren Querbalken auf der Schulter. Entgegen den üblichen Gepflogenheiten, hatte man seine Hände noch nicht daran festgenagelt. Sein Rücken war von vielen neuen Peitschenstriemen überzogen. Helles rotes Blut floß über den Schorf vom Vortag.

Als er außer Sichtweite war, nahmen wir eine Abkürzung. Meine Frau und ich sollten am Kreuz stehen, da wir die bestausgebildeten Heiler in unserem Kreis waren. Wir mußten lange warten. Als Jesus schließlich kam, trug ein anderer für ihn sein Kreuz. Ich kannte den Mann nicht, doch erfuhr ich später, daß er es freiwillig getan hatte.

Sie peitschten ihn noch einmal aus, dann brachten sie ihn hoch zu dem Platz, wo ich so nahe wie möglich bei dem fest in die Erde gerammten, senkrechten Kreuzbalken stand. Jesus hatte Mühe, sich auf den Beinen zu halten. Seine Haare waren mit Schweiß und Blut verklebt und sie hatten ihm einen Kranz aus Dornen ins Haar gedrückt.

Mit drei weichen, ruhigen Schritten trat ich wie selbstverständlich an den Wachen vorbei und legte Jesus meine Hände auf die Schultern. Ich ließ von meiner Lebensenergie auf ihn übergehen und nahm telepathischen Kontakt auf. Seine Schmerzen und die grimmige Entschlossenheit seines Willens, ließen es mir schwarz vor Augen werden. Ich brauchte meine ganze Selbstbeherrschung, um mein inneres Gleichgewicht zu bewahren, ruhig, friedlich, offen und liebevoll zu bleiben. Jesus spürte meinen inneren Kampf und besann sich auf seine eigenen Lehren. Er wurde innerlich still und ruhig wie ein klarer Bergsee. Ein sanftes Lächeln erhellte sein Gesicht. Dann griffen die Wachen ein, die zuerst nur regungslos zugeschaut hatten. Ich trat ruhig zurück und beantwortete geistesabwesend ihre Frage, ob Jesus mein Freund sei mit "Ja". Sie sagten etwas, was sie für tröstlich hielten.

Gehorsam legte sich Jesus auf den am Boden liegenden Querbalken. Ich fühlte mit ihm den scharfen Schmerz, als die Nägel durch seine Arme drangen. Dann zogen sie den Querbalken am senkrechten Pfosten hoch, nagelten auch seine Füße fest. Etwa zwei Stunden lang gelang es mir, trotz dieser mitempfundenen Schmerzen, liebevoll und offen zu bleiben. Dann brach meine Konzentration zusammen und ich fand mich desorientiert und erschöpft in meinem eigenen Körper wieder - der den unschätzbaren Vorteil hatte, gesund und unverletzt zu sein. Ein Mann sprach mich von hinten an. Ich schimpfte, er solle mich gefälligtst in Ruhe lassen, ich hätte selbst genug Probleme. Erst als ich seinen bitter enttäuschten Gesichtsausdruck sah, wurde mir bewußt, daß er um Hilfe hatte bitten wollen. Ich sehnte mich nach einem ruhigen, friedlichen Winkel zum Ausruhen, bat um Kraft und atmete tief durch, um meine Gefühle wieder unter Kontrolle zu bekommen. Ich entschuldigte mich und fragte ihn, was er wirklich wolle. Er zeigte mir seine rechte verdrehte und zu einer Kralle verkrümmte Hand. Ich bat um Kraft, strich mit meinen Fingern den knotig verkrampften Arm entlang und die Verspannungen lösten sich. Innerhalb von Minuten war der Arm gesund.

Dann wandte ich mich wieder Jesus zu und tauchte erneut in dessen endloses Martierium an Schmerzen ein. Er war innerlich ruhig, sehr stark. Doch sein Körper war ein einziger Schmerz. Wie hielt er das aus? Wenige Minuten später brach auch seine Konzentration. Sein ganzer Körper verkrampfte sich in dem sinnlosen Versuch zu fliehen. Das löste eine neue Welle von Schmerzen aus. Ich hatte große Mühe, mich von diesem Zusammenbruch nicht mitreißen zu lassen, weiterhin Ruhe und Liebe auszustrahlen. Doch es reichte, um ihn aufzufangen. Jesus nutzte seinen Zorn über diese Schmerzen, um seinen Willen darauf zu konzentrieren, wieder in den ruhigen, entspannten Geisteszustand zurückzukehren.

Der Tag verging. Solche Zusammenbrüche geschahen uns immer wieder. Es ist viel einfacher, für vielleicht eine Stunde die Schmerzen mit einem Schwerkranken oder Verletzten zu teilen, um ihn zu heilen, als dasselbe stundenlang mit einem - wenn auch starken und mutigen - Menschen zu tun, der langsam zu Tode gequält wird.

Über unsere telepathische Verbindung hörte ich mit, wie Jesus Vater seinen Sohn verspottete:
"Na, wie fühlt man sich am Kreuz, wo eigenmächtige Rebellen wie du hingehören?"
Zuerst wurde Jesus wütend. Dann füllten sich seine Augen mit Tränen:
"Vater, Vater warum hast du mich verlassen?"
Um meinen Seelenfrieden war es damit geschehen. Am liebsten hätte ich diesen Mann erwürgt. Er gab sich nicht damit zufrieden, daß er Jesus ermorden ließ - nein er mußte auch jetzt noch auf ihm herumhacken. Die Verbindung zu Jesu Geist riß ab. Ich stand vor Wut schäumend vor dem Kreuz und hatte keine Möglichkeit dieses Arschloch zu erreichen. Zumindest reagierte er nicht auf die Beschimpfungen, die ich flüsterte. Er hatte sein Abhörgerät wohl abgeschaltet. Ich besann mich auf meine Aufgabe, schob meinen Ärger beiseite und nahm erneut mit Jesus Kontakt auf.

Der römische Soldat, der mich gefragt hatte, ob ich ein Freund Jesu sei, öffnete seine Flasche mit Essigwasser ließ einen Schwamm damit vollsaugen und gab Jesus das zu trinken. Über unsere geistige Verbindung nahm ich den Geschmack wahr und war beunruhigt. Jesus bekam meine Sorge mit und dachte:
"Es ist in Ordnung. Das war so verabredet."

Er strahlte Optimismus aus. Dann verlor er durch das Betäubungsmittel im Essigwasser die Besinnung. All seine Lebensfunktionen ließen nach bis sie fast nicht mehr zu sehen waren. Ich verlor den Kontakt zu Jesus Geist. Aber ich spürte: Er lebt noch.

Die Soldaten brachen den Räubern, die mit Jesus gekreuzigt worden waren, die Beine, damit sie schneller sterben sollten. Bei Jesus sagte der Soldat, der ihm das Betäubungsmittel gegeben hatte:
"Den brauchen wir nicht, der ist tot."
Das stimmte nicht.

Doch in die Lungen lief so viel Wasser, daß er zu ersticken drohte. Ich wandte mich an den Soldaten, bat ihn seine kurze Lanze sorgfältig zu reinigen und wischte sie mit Alkohol ab. Dann erklärte ich, wohin er stechen mußte, damit das Wasser abfließt.
"Simon, ich habe etwas Merkwürdiges beobachtet", sagte der Mann, dessen gelähmte Tochter Jera ich in der Nacht behandelt hatte, "da ist ein römischer Soldat mit einer Schriftrolle gekommen und sie haben ihn niedergeschlagen und die Schriftrolle weggebracht."
"Mist. Das wird der Bote mit der Begnadigung gewesen sein." sagte ich, "Weißt du wo unser Haus steht?"
"Ja."
"Dann lauf und sag unseren Leuten dort, was du beobachtet hast und daß Jesus wie tot aussieht. Sag, daß das eine Botschaft von Simon ist. Benutze genau diese Worte."
Ich kannte den Mann noch nicht gut genug, um zu wissen, inwieweit ich ihm trauen konnte. Die anderen würden verstehen, daß Jesus lebt - ob er tot ist oder nur so aussieht, konnte ich mit absoluter Sicherheit feststellen. Sie würden also wissen, was zu tun ist.

Die Soldaten gingen und ließen die Gekreuzigten für tot hängen. Auch der, der Jesus das Betäubungsmittel gegeben hatte, ließ sich durch meine Bitte, Jesus jetzt schon abzunehmen, nicht aufhalten.

Ehe Jeras Vater die Boschaft ausgerichtet haben konnte, kamen drei Essener und nahmen Jesus mit großer Selbstverständlichkeit vom Kreuz ab. Ich war fassungslos. Was hatten sie damit zu tun? Ich fragte sie.
"Wir haben alles vorbereitet um ihn zu heilen. Ihr solltet nicht davon erfahren, weil es zu auffällig gewesen wäre, wenn die Jünger zu erleichtert ausgesehen hätten. Du darfst leider nicht mitkommen. Wenn jemand fragt - auch einer von euch Jüngern - sag, daß wir Jesus ins Grab gebracht haben, daß er tot ist."
"Dann warte ich hier." sagte ich.

Ergänzung aus Jesu Sicht:

Jesus waren Ungereimtheiten aufgefallen: Während die jüdischen Machthaber Jesus so lange ausgepeitscht hatten, bis er die Besinnung verlor und ihn mit Hohn und gehässigen Bemerkungen bedachten, war der römische Statthalter sehr höflich. Seine Soldaten entschuldigten sich für jede kleine Unannehmlichkeit - davon gab es natürlich viele. Sie alle schienen sich dafür zu schämen, was sie taten. Daraufhin äußerte Jesus die Bitte, mit dem Statthalter unter vier Augen sprechen zu dürfen. Nachts kam er tatsächlich in den Kerker und fragte Jesus, was er wolle. Jesus teilte ihm seine Beobachtungen mit und äußerte die Vermutung, daß er erpreßt werde. Daraufhin meinte der Mann:
"Sie haben meinen Sohn. Willst du einen schnellen Tod?"
"Nein. Ich will diese Angelegenheit überleben."
Dann entwickelte Jesus den Plan mit dem Betäubungsmittel, das ihn wie tot erscheinen lassen sollte und bat den Statthalter einige Essener, die in der Stadt lebten, einzuweihen, damit die alles vorbereiten konnten.

Übrigends gab es noch einen dritten Plan zu Jesu Rettung, der weitgehend schiefgelaufen ist. Daraus stammt das Grab als Krankenzimmer.

Es ist schon erstaunlich, wie perfekt diese drei nicht miteinander koordinierten Pläne sich ineinanderfügten. Wir hatten wohl genug gebetet...

Nachher

Noch in derselben Nacht kam Jesus zu mir heraus. Ich strahlte vor Freude, ihn lebendig wiederzusehen. Jesus erwiderte mein Lächeln schwach:
"Ich wollte dir nur zeigen, daß es mir gut geht."
Er war sowohl geistig, als auch körperlich durch diesen harten Tag erschöpft und hatte immer noch Schmerzen. Doch er war auch entspannt, mit sich und der Welt in Frieden. Da ich ihm nicht noch mehr Schmerzen zufügen wollte, konnte ich ihn nicht umarmen, wie ich es am liebsten getan hätte. Ich nahm seine Hand - der Nagel war durch den Unterarm gegangen - und strich zärtlich darüber. Ich kann nicht sagen, wie sehr ich Jesus liebe. Wäre es nach mir gegangen, wäre ich den Rest meines Lebens bei ihm geblieben. Ich wäre ihm auch in die Hölle gefolgt. Wenn Jesus dort ist, kann das für mich kein schlimmer Ort mehr sein. Kaum war er gegangen, hörte ich in meinem Kopf die Stimme von Jesus Vater:
"Du wirst Jesus nie wiedersehen."
Ich ließ meine ganze Wut an ihm aus, erzählte ihm ausführlich, was ich von ihm und seinem Verhalten hielt. Währenddessen machte ich mich langsam auf den Heimweg. Meine Frau, die den ganzen Tag treu darüber gewacht hatte, daß niemand sich an meinem Körper vergriff, während ich vollkommen auf Jesus konzentriert war, begleitete mich schweigend.

Vor der Haustür war ich mit dem Schimpfen noch lange nicht fertig. Also fragte ich Jesus Vater, ob ich zu ihm aufs Schiff kommen könnte. Er stimmte mir zu und lotste mich zu einem versteckten Tal außerhalb der Stadt, wo er sein UFO geparkt hatte. Ich stieg ein und redete mir meinen Zorn von der Seele. Der Mann hörte mir bemerkenswert geduldig zu. Ich hatte fest damit gerechnet, daß er mich mit seinem kleinen Foltergerät bestrafen würde, wie immer.

Als ich ausgeredet hatte, sagte er:
"Jesus wird nach Indien wandern, sobald er gesund ist und du siehst ihn nie wieder. Ich dachte daran, ihm dann seine Freiheit zu geben."
Einmal hatte mir Jesus die vier oder fünf richtigen Unterhaltungen mit seinem Vater erzählt, Wort für Wort. Er hat bei dem Gedanken daran ganz glücklich gelächelt. Jesus Vater hat oft zu seinem Sohn gesprochen, aber sonst nur in Drohungen und Befehlen.
"Wenn du unter ,Freiheit geben' verstehst, daß du nie mehr mit ihm reden willst, kann es sein, daß er gar nicht begeistert ist. Trotz allem, was geschehen ist, liebt Jesus dich immer noch als Vater", antwortete ich ihm, "er würde sich sicher freuen, wenn du gelegentlich mit ihm redest, ohne etwas zu verlangen. Das hat er sich ein ganzes Leben von dir gewünscht."
"Meinst du?" fragte Jesus Vater und begann zu lächeln.
"Ich bin mir ganz sicher. Jesus liebt dich. Er wird dich immer lieben."
Ich hoffte, daß Jesus auf diese Weise endlich Gelegenheit erhalten würde, seine Beziehung zu seinem Vater zu heilen.

Ergänzung aus der Sicht von Jesu Vater

Ich habe diese Scenen auch aus Sicht von Jesu Vater nacherlebt. Er hat tatsächlich zusammen mit seiner Erzfeindin - einer Angehörigen einer schlangenartigen raumfahrenden Rasse - eine Intriege gesponnen, um Jesus ermorden zu lassen. Ich habe sein Verhalten anderen Menschen gegenüber und seine Gründe dafür aus seiner Sicht betrachtet und dabei festgestellt:

Wäre Jesus mit ihm ebenso souverän umgegangen, wie er das sonst mit jedem machte, der ihn umbringen wollte, (davon gab es schon vorher viele) hätte vermutlich auch sein Vater ihn nicht töten lassen wollen. In Bezug auf Jesus Vater haben wir beide versagt und das hätte Jesus beinahe das Leben gekostet.

Als Jesu Vater erfuhr, daß Jesus die Kreuzigung überlebt hat, weinte er vor Freude: "Mein Sohn lebt."

Erst jetzt, wo ich mir diese Scene wieder ins Gedächtnis rufe, um sie aufzuschreiben, wird mir bewußt, daß ich Jesus Vater bis heute nicht verziehen hatte. Tja, das ist wieder einmal einer der Fälle, wo es mir nicht gelungen ist, meinen eigenen Ansprüchen an mich gerecht zu werden. Also hole ich dieses Verzeihen jetzt - mit fast 2000 Jahren Verspätung - nach.


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