Als ich das Zimmer betrat, war sie aber schon weg. Ich ließ mich
einschließen. Dann fragte ich:
"Was meinst du, auf welche Erfahrungen es zurückgeht,
daß du einen Buckel hast?"
Jesus zuckte nur traurig die Schultern. Seine Aura wurde dunkel an
Rücken und den Seiten des Kopfes.
"Du vermutest die Ursache an der richtigen Stelle. Das sehe ich an
deiner Aura." stellte ich fest.
Ich wartete auf eine weitergehende Erklärung, doch Jesus schwieg.
"Jesus?" fragte ich sanft.
"Was geht dich mein Buckel an?" fragte er zornig und traurig
zugleich.
*Wir sind in einer Zwangslage. Einen so gewalttätigen Menschen,
wie du es im Augenblick bist, können wir unser Volk nicht
anvertrauen. Dein Vater besteht aber darauf und wird jeden umbringen,
der das zu verhindern sucht.* erklärte ich in der
Gedankensprache.
*Was könntet ihr sonst machen?*
*Dich vergiften.* erklärte ich.
Er sah mich zuerst schockiert an, dann zog er seine Energie(VA180. Definition Eso) in sich
zurück, dachte nach und nickte friedlich.
*Er wird euch zur Strafe ermorden lassen.* gab er zu bedenken.
*So ist es. Aber dann hat er keinen König, den er
mißbrauchen kann, um einen Krieg vom Zaun zu brechen. Du hast
dich selbst nicht genug unter Kontrolle, um deinen eigenen
Grundsätzen treu sein zu können und diesen Krieg verhindern
zu können.* erklärte ich.
*Ich könnte Selbstmord begehen. Dann hättet ihr dieses
Problem nicht. Ich hätte den Tod verdient.* sagte er mit
gesenktem Kopf.
*Das ist keine Lösung. Uns hilft nur, wenn du die Gründe
für deinen Jähzorn herausfinden und beseitigen würdest.
Deshalb bohre ich nach der Ursache für deinen Buckel.*
*Ich kann mich wirklich nicht beherrschen.* sagte er - und dahinter
stand Bitterkeit, Scham und Verzweiflung.
*Du kannst es lernen.* sagte ich zuversichtlich.
*Ich habe es versucht, immer wieder.*
*Dann bete um Hilfe.*
*Du weißt doch was Götter sind. Ich kann mir einfach nicht
vorstellen, daß es einen echten Gott gibt, nicht nur Menschen,
die in Raumschiffen herumfliegen und sich als Götter ausgeben,
wie mein Vater, der wahrhaftig kein netter Mensch ist.*
Beim Wort Vater tauchten die dunklen Stellen in Jesu Aura wieder auf.
*Das Problem liegt bei deinem Vater.* stellte ich fest.
*Ich weiß.* Jesus wirkte zutiefst bedrückt, *Jedesmal, wenn
ich daran denke, nehme ich mir vor, beim nächsten Mal anders zu
reagieren. Meinen Vater so zu lieben wie er nun einmal ist. Und
jedesmal bin ich wieder einfach nur wütend, traurig und
verzweifelt, sobald ich ihn sehe. Ich weiß, daß das mein
Problem ist. Aber ich weiß keine Lösung. Er läßt
mir ja auch keine Ruhe, keine Freiheit. Und versucht mich zu zwingen,
daß ich gegen mein Gewissen handle.*
*Jesus, ich bin genausowenig fehlerlos wie du.* sagte ich sanft.
*Nur - ich glaube wenn es mir gelänge, ihn zu lieben, würde
er sich auch ändern. Ich fürchte, ich schaffe mir meine
Probleme selbst.*
*Bestimmt. Nur müssen wir alle damit leben, daß wir nicht
unfehlbar sind. Ich habe auch Probleme - vor allem mit drei der vier
gleich- oder höherrangigen Essenern, die es gibt - die ganz
bestimmt vermeidbar wären, wenn ich ein absolut perfekter Mensch
wäre.* entgegnete ich und lächelte.
*Aber du kannst mit deinen Problemen leben.* meinte er.
*Du doch auch - oder bist du etwa tot?* fragte ich scharf.
*Bald. Wenn ihr mich vergiftet. Ich hätte es verdient.* und er sah
mich an, mit einem Blick der so offen und so voller Schmerz war,
daß ich es kaum ertragen konnte.
*Deine Verdienste bringen uns gar nichts.* kommentierte ich bissig.
Lautlos begannen Tränen über sein Gesicht zu rinnen und immer
noch sah er mir in die Augen. Er sah mich an, ein Blick voller Schmerz
und Liebe.
*Ach Josef. Ich liebe dich so sehr, daß es beinahe wehtut.* sagte
ich und ergriff seine Hand.
Er schlug die Hände vors Gesicht und begann haltlos zu schluchzen.
So war es schon besser. Ich nahm ihn in die Arme und tröstete ihn.
Als er sich einigermaßen wieder gefangen hatte dachte ich ihm zu:
*Es tut mir leid, daß ich dir nicht mehr Zeit lassen kann. Aber
es ist zu wichtig. Wir werden dich so lange immer wieder auf das Thema
zurückbringen, bis du die Grundlagen deiner Probleme erkannt und
beseitigt hast. Wir zwingen dich so schnell da durch, wie das
möglich ist. Und ich bitte dich: Tu dein Bestes, um mitzuarbeiten.
Das Leben zu vieler Menschen hängt davon ab, daß du dich
unter Kontrolle hast.*
Er spürte mein Mitgefühl und meine unausgesprochen Bitte um
Verzeihung. Sein Geist blieb für mich offen, als er meine Bitte
überdachte. Er war der festen Überzeugung, daß unsere
Mühe ebenso vergeblich sein würde, wie seine eigenen
Versuche, sein Problem in den Griff zu bekommen. Andererseits -
absolut sicher, daß es nichts gebracht hätte, konnte er nur
sein, wenn er es ausprobierte. Ja. Er würde es versuchen und sein
Bestes tun, damit wir Erfolg hätten. Doch es wäre vermutlich
nur eine endlose sinnlose Quälerei. Fragend sah er mich an.
*Erzähl mir von dem Mord.* wies ich ihn an.
Vor seinem inneren Auge erschien das Bild es toten Jungen. Er kniete
neben der Leiche, innerlich von Schmerz erfüllt und dachte:
*Das hat er nicht verdient. Das hat er einfach nicht verdient.* seine
Seele war von Fassungslosigkeit und Schmerz über den Tod des
Jungen erfüllt, an dem er nichts mehr ändern konnte.
Ich fragt mich unwillkürlich ob es möglich war, daß
jemand der so empfand, wirklich der Mörder sein konnte.
Jesus hob den Blick, sah mich ernst an und dachte entschieden:
*Es stimmt.*
*Aber warum?* fragte ich.
*Ich kann mich nicht erinnern.*
*Dann geh zurück zu dem, was direkt vor dem Mord geschehen ist.*
*Du hast alle schlechten Eigenarten deines Vaters, wie man an deinem Buckel erkennen kann.* hörte ich eine Stimme in Jesu Geist sagen Wut brandete auf, dann wurde es schwarz vor seinen Augen - und plötzlich stand er wieder vor der Leiche und wußte, daß er den Jungen ermordet hatte, der das gesagt hatte.
Ich ließ ihn bis zu dem Punkt erzählen, als er von den Kriegern des Ordens abgeführt wurde und schickte ihn dann wieder zum Anfang der Geschichte zurück.
Ich ließ ihn den ganzen Ablauf sieben mal erzählen, erst
dann kamen die Erinnerungen aus der Zeit des Blackouts hervor:
"Du hast alle schlechten Eigenarten deines Vaters, wie man an
deinem Buckel erkennen kann." hörte ich eine Stimme in Jesu
Geist sagen Wut brandete auf, urgewaltig, wie ein Orkan schwemmte sie
alles fort, was vorher an Gedanken und Gefühlen da gewesen war.
Jesus stand auf, zog sein Schwert und schlug dem Jungen, der das gesagt
hatte, den Kopf ab. Sein eigentliches Ich sah unbeteiligt voller
Entsetzen zu und versuchte verzeifelt wieder die Kontrolle über
den eigenen Körper zurückzuerlangen. Doch das gelang ihm
erst, als der Junge tot war.
Ein Text von Kersti Nebelsiek, Alte Wilhelmshäuser Str. 5, 34376 Immenhausen - Holzhausen, Tel.: 05673/1615,
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