Reinkarnationserinnerung - Mein Leben zu Jesu Zeit

K40.

Er hat sie umgebracht

"Diese Wut gehört nicht hierher. In Wahrheit gehört sie zu einer ganz anderen Zeit und an einen ganz anderen Ort. Was hast du Deinem Vater noch nicht verziehen?"
"Mein Vater hat mit mir zusammen meine Mutter besucht."
"Und?"
"Er hat sie umgebracht."
"Ich glaube nicht, daß sie tot ist. Sie hätte mich besucht. Erzähl mir genau, was geschehen ist." widersprach ich.
"Das war nicht wörtlich gemeint. Warum hätte sie dich besuchen sollen?"
"Ich war in den letzten Jahren fast der einzige, mit dem sie geredet hat."
"Sie ist eine verbitterte alte Frau, die alle haßt."
*Nein, Jesus. Sie ist traurig, denn sie sieht, in welcher Gefahr unser Volk schwebt. Und es tut ihr weh, zu sehen, daß niemand auf ihre Warnungen hört. Sie trägt Trauer und Liebe in sich, keine Verbitterung.* sagte ich sanft in der Gedankensprache.
"Aber sie hat doch noch nicht einmal mit mir geredet!"
*In der Gegenwart deines Vaters? Darüber, daß er ein Verbrecher ist? Für wie dumm hältst du sie?* wechselte ich in die Gedankensprache.
*Sie hat eine Narbe quer durchs Gesicht und er hat ihr angedroht, sie noch mehr zu verstümmeln. Nicht einmal darauf hat sie reagiert.*
*Darauf hätte ich auch nicht reagiert. Dazu gibt es nichts zu sagen. Der Mann ist gewalttätig. Man muß ihm nicht noch Zündstoff für seine bösen Neigungen liefern. Sie ist eine Eingeweihte, Jesus. Eine hohe Eingeweihte. Sie zeigt Gefühle nur, wenn sie das will. Hat sie dir zugelächelt?*
*Ja.*
*Wie hat das gewirkt?*
*Es war ein verschmitztes tiefes Lächeln, wie zwischen Verschwörern, aber als wäre da eine tiefe Freude dahinter. Ich wäre am Liebsten zu ihr hingegangen und hätte ihr all den Ärger der letzten Jahre erzählt.*
*Dem Gefühl solltest du trauen. Genau das habe ich immer mit ihr gemacht und sie wußte immer die richtigen Worte für mich. Sie ist eine sehr liebevolle, weise aber auch sehr stille Frau. Halte sie nicht für schwach, weil ihre Stärke in ihrer Tiefe ruht.*
Jesus begann still zu weinen. Mir war nicht so ganz klar warum.
*Ist es jetzt für dich gut?* fragte ich.
*Ja. Ich hatte solche Angst um meine Mutter.*
*Deine Mutter ist die höchste wahre Eingeweihte in unserem Orden.*
*Im Ernst?*
*Ja.*

*Geh noch einmal zu dem letzten Ereignis vor dem Mord und erzähl mir die ganze Geschichte.* befahl ich. Er tat es. Die alles verzehrende Wut war immer noch da.
"Die Wut gehört nicht hierher. Geh zu dem Ereignis, aus dem sie stammt und erzähle mir, was du fühlst." befahl ich.

Ich wurde dadurch unterbrochen, daß ich über den Sender in meinem Kopf eine unbekannte Stimme hörte:
"Simon, Jesus, geht zur Gefängniswache, hole dort das Schwert des Jesus und komm dann in dem Funkraum."
*Das ist mein Vater.* dachte Jesus mir zu.
Ich wurde schlagartig wütend: mußte sich dieser Kerl denn in alles einmischen? Und verdammt noch mal, Jesus war einfach zu unausgeglichen, als daß er ein Schwert in die Hand nehmen dürfte. Besonders dann nicht, wenn ich gerade dabei war, nach der Ursache dieser Unausgeglichenheit zu bohren. Von Jesus spürte ich niedergeschlagene Zustimmung zu meinem Standpunkt. Dann bekam ich mühsam meine Gefühle wieder unter Kontrolle, rief in der Gedankensprache Arid, damit er uns hinausließ und erstattete ihm Bericht über das Vorgefallene.
*Dann müssen wir wohl einen Grund finden, warum Jesus dringend zur weiteren Ausbildung Karmel verlassen und in die Wüste gehen muß.* der trockene Humor von Arid war mir Balsam auf der Seele.
Auch von Jesus spürte ich Erleichterung wegen dieser Idee. Er traute sich selbst nicht und wollte möglichst weit von Menschen weg sein, denen er eventuell schaden könnte.

Auf dem Weg zum Funkraum umgingen wir die belebteren Bezirke der Burg.

"... Und es ist vollständig inakzeptabel, daß mein Sohn nur wegen eines wertlosen Sklavenjungen eingesperrt wird. Er ist schließlich der kommende König." schloß der König der Engel seine Rede.
Ich lag von den Foltern zur Strafe, daß Jesus eingesperrt worden war, immer noch zitternd am Boden. Und das war auch gut so, denn bei diesen Worten wäre ich ihm an die Kehle gegangen, wenn ich es gekonnt hätte. Ein Schüler Karmels mochte zwar auf einem Sklavenmarkt gekauft worden sein - aber davon war er noch lange kein Sklave und erst Recht nicht wertlos. Im Gegenteil wurde bei uns nichts so hoch geschätzt wie diese Kinder, die die Zukunft Karmels waren. Und ein Mann, der sich an einem dieser Kinder vergriffen hatte, war für den Rest seines Lebens für jeden höheren Posten untragbar.
Diesmal war es Jesus, der mit seiner Antwort Besonnenheit bewies:
"Vater. Ihr habt euch all die Jahre bemüht, eurer Herrschaft über die Essener den Anschein der Rechtmäßigkeit zu geben. Und - wenn dieser Anschein gewahrt bleiben soll, dann muß irgendetwas geschehen, was zumindest wie eine Buße aussieht. Ein Teil der zur Einweihung gehörigen Riten sind nahezu identisch mit bestimmten Bußübungen. Dazu muß man in die Wüste gehen. Wenn wir die vorziehen, reicht das vielleicht, um den Eindruck der Rechtmäßigkeit zu wahren."
Zu meinem Erstaunen stimmte der Mann zu und befahl Jesus, mich aus dem Funkraum zu schaffen.

Vor der Tür wartete Arid, nickte Jesus zu und begleitete uns durch die Burg. Diejenigen, die uns begegneten, sahen zuerst ärgerlich auf Jesus, weil er frei herumlief, dann sahen sie Arid an und kamen zu dem Ergebnis, daß es vermutlich doch in Ordnung sei. Es war bekannt, daß Jesus keine Gegenwehr geleistet hatte, als er gefangengenommen wurde, deshalb erschien es ihnen denkbar, daß jemand, der so hoch stand wie Arid oder ich, sich entschlossen hatte, sich statt auf Wachen auf Jesu Ehrenwort zu verlassen, wenn er ihn irgendwohin führte.

Daß ich manchmal rätselhafte Anfälle hatte, war allgemein bekannt. So wunderte es niemanden, daß Jesus mich trug. Niemand wußte, daß diese "Anfälle" in Wirklichkeit auf Foltern zurückzuführen waren. Deshalb waren die meisten Essener der Ansicht, daß ich meinen hohen Rang zu unrecht bekleidete und daß diese Anfälle ein Zeichen für eine verborgene innere Charakterschwäche seien.

*Deine Antwort war klug.* dachte Arid, der die ganze Situation durch eine telepatische Verbindung zu mir miterlebt hatte, Jesus zu.
*Ich hätte lieber Simon um Rat gefragt. Aber der war so wütend, daß das nicht ging.* antwortete Jesus.
Arid warf mir einen amusierten Blick zu.
*So so, diesmal hast du also die Beherrschung verloren.*
*Ja.* antwortete ich.
*Ich frage mich, wie es möglich ist, daß jemand, den dieser Mann zur Erziehung in den Fingern gehabt hat, so grundanständig sein kann, wie es Jesus ist.* meinte Arid nachdenklich.
*Ich anständig?* Jesus sah Arid verwirrt an.
*Von deinen Grundeinstellungen her bist du anständig. Dein Problem ist, daß du dermaßen übel behandelt worden bist, daß du es innerlich bis heute nicht vollständig verkraftet hast.* erklärte Arid *Versteh mich nicht falsch. Ich halte dich als König für absolut ungeeignet. Du solltest normalerweise weit abseits vom Geschehen eine ruhige Arbeit haben, damit deine seelischen Wunden heilen können. Als König bist du eine wandelnde Zeitbombe. Und das schlimmste ist: Wir haben nicht die Macht, zu verhindern, daß du König wirst.*
Jesus nickte zustimmend. Er sah an der Königswürde nur die Verantwortung, nicht den Glanz. *Wenn er sich selbst unter Kontrolle hätte, wäre er ein guter König.* dachte ich.
Jesus sah mich erstaunt an.
*Dann muß er es lernen. Denn vor der Königswürde können wir ihn nicht bewahren.* ergänzte Arid und sah mich an.
*Ich werde mein Bestes tun.* versprach ich - und bezweifelte, daß das reichen würde.

Kersti


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