*Mein Vater hat mir die Foltern gezeigt. Immer, wenn ich ungehorsam
war, hat er dich foltern lassen.* sagte Jesus *Aber ich habe ihm
trotzdem nicht gehorcht. Und...*
Ich sah in seinem Geist Scenen in denen ich weinte. Ich war
überrascht. Vor den Engeln habe ich selten geweint. Ich habe mich
bemüht, überhaupt nicht zu weinen, ihnen nie ein Zeichen von
Unbehagen zu zeigen, denn ich wußte, daß sie meinen Willen
brechen wollten und jedes Zeichen von Schwäche nahmen sie als
Zeichen, daß sie an der richtigen Stelle getroffen hatten,
daß sie genau dort noch einmal fester zuschlagen mußten.
Diese Zeiten der Schwäche waren selten gewesen - selbst als ich
noch ein sehr kleines Kind gewesen war.
*Hast du mich oft weinen sehen?* fragte ich.
*Ja. Jedesmal, wenn er dich gefoltert hat, weil ich unartig war. Und
ich war schuld, daß er dich gefoltert hat."
*Oh - ich war ihm aber auch ziemlich oft ungehorsam - und dann hat er
mich auch foltern lassen. Er hatte offensichtlich für manche
dieser Foltern mehrere Verwendungen.* entgegnete ich und lachte *Er
kann dir nur einen winzigen Bruchteil der Foltern gezeigt haben. Ich
habe nicht oft geweint. Nicht vor ihnen. Vor Freunden schon.*
*Du meinst, du wurdest noch viel häufiger gefoltert?*
*Ja.*
Jesu Vater hatte nicht wirklich Interesse an mir gehabt. Er brauchte
die Foltern an mir nur, um seinen Sohn zu erpressen. Vielleicht, wenn
ich etwas weniger tapfer gewesen wäre, hätte ich dann etwas
weniger abbekommen. Andererseits - ich brauchte meinen Stolz und meine
Tapferkeit auch, um innerlich mit allem klarzukommen. Jesu offener
Geist zeigte mir noch einen anderen Aspekt: Es war wichtig für
ihn gewesen, zu sehen, daß sie mich noch nicht kleingekriegt
hatten, daß ich immer noch kämpfte.
*Warum hast du ihm nicht gehorcht?" fragte ich nachdenklich.
*Das konnte ich doch nicht. Er wollte immer, daß ich dich
foltere. Und wenn ich es nicht gemacht habe, hat er mich und dich
gefoltert.* erklärte Jesus.
Es war mir unbegreiflich, woher Jesus die innere Stärke genommen
hat, immer noch zu rebellieren. Bis heute.
"Ich kann doch nicht einfach aufgeben." entgegnete Jesus auf
diesen Gedanken von mir "Er ist böse.".
Ein Text von Kersti Nebelsiek, Alte Wilhelmshäuser Str. 5, 34376 Immenhausen - Holzhausen, Tel.: 05673/1615,
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