Reinkarnationserinnerung - 13 Hexen

M4.

Liebe deine Feinde...

"Du bist verrückt, Mädchen. Die Frau ist eine Nonne. Wenn sie merkt, daß du die Schülerin eriner Hexe bist, kann es sein, daß sie dich der Inquisition ausliefert." meinte meine Lehrerin verärgert zu meinem Wunsch, das Kloster zu besuchen, um von der Äbtissin lesen und Schreiben zu lernen.
"Sie weiß bescheid." teilte ich ihr mit.
"Dann warten sie vielleicht jetzt schon darauf, dich abführen zu können." warnte die alte Hexe.
"Nein. Ich habe ihre Energie(VA180. Definition Eso) erspürt. Sie hat nichts dergleichen vor und ihre Sympathie war echt." widersprach ich.
"Ich weiß, daß die ganzen höheren Geweihten absolut begeistert von dir sind. Und daß du mehr wahrnimmst als ich. Aber mein Gott, Menschen können sich ändern. Menschen können sich verplappern. Bitte, tu nicht so gefährliche Dinge! Und so wichtig ist lesen und schreiben nun wirklich nicht, daß du dafür dein Leben in Gefahr bringen müßtest."
"Ich gehe." sagte ich fest und fuhr dann sanfter fort "Und es tut mir leid, daß ich dir damit solche Sorgen bereite."
Tatsächlich ging es mir nicht um Lesen und Schreiben - jedenfalls nicht hauptsächlich, auch wenn es gut sein würde, das zu können. - Beeindruckt hatte mich die Persönlichkeit der Äbtissin. Ihr starkes und ausgeglichenes Energiefeld. Sie erinnerte mich an die höchste Geweihte unseres Bereichs - an Irda, die Hohepriesterin des Wolfsclans.

Und von ihr als Mensch wollte ich lernen, herausfinden, was sie zu dem machte, was sie war. Und sie war einfach zu stark, zu kontrolliert, als daß sie sich verplappern würde. Solange, sie mir nichts Böses wollte, war ich sicher bei ihr.

Irda hätte meine Begründung sicherlich verstanden, wenn ich es erklärt hätte, die Dorfhexe nicht. Also schwieg ich und ging.

Die Äbtissin lehrte mich das Lesen, indem sie mich Teile einer neuen, gedruckten Bibel lesen ließ. Buchdruck war damals etwas sehr Neues. Sie konzentrierte sich dabei auf das neue Testament und griff mit untrüglicher Sicherheit gerade die Kernsätze heraus, die das Wesen von Jesu Lehre ausmachten. Als ich die häufigsten Buchstaben einigermaßen beherrschte, wechselte die Äbtissin zu den erklärenden Gleichnissen über.

Und in mir weckten diese Sätze eine unglaubliche Begeisterung, weil sie endlich - zum ersten mal in meinem Leben meine tiefsten Überzeugungen bestätigten.

Und was noch interessanter war: Wenn man sie bei einfachen Alltagsentscheidungen nach ihren Gründen fragte, dann antwortete sie, mit Erklärungen, die ihre ganz persönliche Variation zum Thema dieser biblischen Grundsätze war. Sie wußte diese Lehren zu leben.

Ich wurde tief nachdenklich. Immer wieder gingen mir Sätze wie "Liebe deinen Nächsten" und "Liebe deine Feinde" im Kopf herum. Ich hatte mich immer bemüht, danach zu leben, lange bevor ich sie in jenem Leben das erste mal gehört hatte. Aber hatte ich wirklich das Beste getan, was möglich war? Nein. Von Zeit zu Zeit war ich doch wütend geworden. Ich machte mir das nicht zum Vorwurf. Aber ich fragte, mich, was dabei herauskommen würde, wenn ich es absolut konsequent durchhalten würde. - Egal was sie taten immer in der Liebe bleiben, Steinwürfe und selbst die verletzensten Angriffe mit einem Lächeln beantworten. Mich faszinierte der Gedanke. Das mußte für die anderen zumindest überraschend sein. Und es fand sich ja immer wieder jemand, der meinte, mich mit Steinen bewerfen zu müssen, nur weil ich die Schülerin der Hexe war. Vielleicht würde die Überraschung ausreichen, daß sie begannen über ihre eigenen Handlungen nachzudenken.

Zumindest wäre das Gegenteil - der Versuch gegen das gesamte Dorf anzukämpfen schon an sich gefährlich. - Sie waren gegen mich und meine Lehererin einfach in der Überzahl. Und wenn wir irgendjemandem wirklich Schaden zugefügt hätten, oder sich auch nur ein einziger fand, der das glaubte, dann war die Anzeige bei der Inquisition nicht mehr fern und damit wäre ich dann so gut wie tot.

Ja. Ich würde es versuchen.

Zuerst schien es nur schlimmer zu werden. Gerade, wenn ich jemandem widersprach oder eine Bitte abschlug. Es war für die Leute sehr ungewohnt, daß jemand so ruhig, so liebevoll "nein" sagen konnte - und daß sie gegen dieses "nein" dennoch nicht ankamen. Doch nach etwa einem halben Jahr fiel mir auf, daß schon seit Wochen niemand mehr einen Stein auf mich geworfen hatte. Da wußte ich, daß ich auf dem richtigen Weg war.

Kersti


M5. Kersti: Fortsetzung: Ich schenke Dir meinen Segen
M3. Kersti: Vorheriges: Angst macht klug
MI. Kersti: Inhaltsübersicht: 13 Hexen
M1. Kersti: Zum Anfang: Krankheit
V4. Kersti: Merkwürdige Erfahrungen
EGI. Kersti: Kurzgeschichten
V231. Kersti: Frühere Leben von mir
Z51. Kersti: Erinnerungen an frühere Leben
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben
Sonstiges
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