O5: Kersti: Inseltheorie: Zuwanderung, Aussterben und Evolution auf Inseln, OI5.
O5.8 Flugunfähige Vögel

1.2.4.0.6 Gallinula hodgenorum

erste Version vor: 12/2007
letzte Überarbeitung: 3/2009

1.2.4.0.7 (Aptornis)

Es gab zwei flugunfähige Aptornis-Arten: Aptornis otidiformis, die Nordinselform und Aptornis defossor, die Südinselform. 70.

Körperbau

Es gibt keine weitere Art der Neognathae, bei der die Rückbildung der Flügel so weit fortgeschritten ist wie bei den beiden Aptornis-Arten. Ihnen ist gemeinsam, daß die zur Flügelspitze hin weisenden Enden des Mittelhandknochens erheblich verkürzt sind und die Fingerknochen, die bei allen anderen zu den Kranichvögeln zählenden Arten vorhanden sind, vollständig fehlen. Auch der restliche Knochenbau, beispielsweise das stark verkürzte, schmale, flache Brustbein, zeigt, daß die Entwicklung zur Flugunfähigkeit beim Aptornis deutlich weiter fortgeschritten ist als beim Takahe. Diese Rückbildungen sind bei den beiden Arten unterschiedlich weit fortgeschritten. 70., 153.

Die Reduktion der Flügelknochen wird durch Neotonie, also als Beibehaltung von Jugendmerkmalen erklärt. Der Zustand entspricht der Flügelentwicklung am 5.-6. Tag der Brut beim Haushuhn (Gallus gallus). 70., 153.

Da die Flügelknochen so stark zurückgebildet waren, müssen auch die zugehörigen Muskeln erheblich zurückgebildet gewesen sein oder ganz gefehlt haben, da sie sonst nicht an diesen kleinen Knochen Platz gefunden haben können. Die Gelenkbänder in der Hand sind völlig verlorengegangen. 70.

Aufgrund der geringen Flügelgröße können höchstens noch eine bis drei der bei Kranichvögeln normalerweise 10 Handschwingen am Flügel erhalten geblieben sein. 70.

Sie wogen 10-12kg, waren also fast so schwer wie ein Schwan. 70., 177.

Lebensweise

Sie suchten ihre Beute wahrscheinlich wie andere Ibisse, indem sie im Bodenbelag wühlten, verrottende Baumstämme öffneten und Wohnhöhlen ihrer Beutetiere aufgruben. 177.

Sie bauten ihr Nest am Boden in dichter Vegetation und hatten große Reviere. 177.

Ausgerottet wurden die Aptornisarten kurz nachdem die Polynesier die Insel 750-800 nach Christus besiedelten durch Jagd, Verlust an Lebensräumen und Verringerung der verfügbaren Nahrungstiere. 95., 177.

Verwandschaftsbeziehungen

Ursprünglich wurde angenommen, daß die beiden Aptornisarten eng mit den Rallenvögeln (Rallidae) verwandt seien. Inzwischen betrachtet man sie als enge Verwandte des Kagus und der Sonnenrallen, die wie die rallen auch zu den Kranichvögeln zählen. 70.

Die nächsten lebenden Verwandten der Aptornisarten sind der Kagu (Rhynochetus jubatus) von Neukaledonien und die Sonnenralle (Eurypyga helias) aus Südamerika. Ebenfalls verwandt sind die ausgestorbenen Vögel der Gattung Messelornis, die in Deutschland in der Grube Messel gefunden wurden. Der Kagu hat zwar voll entwickelte Flügel, fliegt aber nie. Die Sonnenralle kann ebenfalls kaum fliegen. Deshalb ist anzunehmen, daß auch die Ahnen der drei Arten schlecht fliegen konnten und daß keine dieser Arten das Meer überquert hat. Diese Arten sind vermutlich die Überreste einer viel größeren Gruppe an Vögeln, die sich nicht gegen die moderneren Vogelarten durchsetzen konnten. Das große ehemalige Verbreitungsgebiet erreichten sie nicht etwa fliegend, sondern sie verbreiteten sich, bevor die Kontinente durch die Kontinentalverschiebung getrennt hatten und als Neuseeland und Neukaledonien noch zu Australien gehörten, über die Erde. Eine Landverbindung zum Lebensraum des Kagus bestand noch in der späten Kreidezeit (93.5 Mio - 65.5 Mio Jahre) und im Paläogen (vor 65-24 Mio Jahre) als der Norfolkrücken noch über Wasser lag und Neuseeland, die Norfolk-Insel und Neukaledonien miteinander verband. 95., 115.

Aussterben

Knochen der Apterornisarten wurden zusammen mit Moaknochen und Cnemiornisknochen in den Abfällen von Maorisiedlungen in Waimataitai auf der Südinsel Neuseelands gefunden, die aus dem Jahr 1358 (±30 Jahre) nach Christus stammten. Die Gattung war jedoch offensichtlich vor Eintreffen der Europäer ausgestorben. 70.

Unterschiede zwischen den beiden Aptornis Arten

Aptornis otidiformis lebte in den Wäldern der Nordinsel, ernährte sich von großen Wirbellosen, Fröschen, Echsen, Brückenechsen, Sturmvögeln und ihren Küken. 10-11 kg 29., 70., 71., 177.

Der Knochen des Daumens, an dem normalerweise der Daumenfittich befestigt ist war nicht mit dem Carpometacarpus (Mittelhandknochen) zu einem einzigen Knochen verwachsen. 70.

Aptornis defossor zog wahrscheinlich trockenere Wälder und Gebüsch vor. Er war ein bodenlebender Allesfresser, der neben großen Wirbellosen und kleinen Wirbeltieren bis zur Größe des Tuatara auch nennenswerte Mengen pflanzlicher Nahrung zu sich nahm. 12-13 kg 29., 70., 71.

Der Knochen des Daumens, an dem normalerweise der Daumenfittich befestigt ist war mit dem Carpometacarpus (Mittelhandknochen) zu einem einzigen Knochen verwachsen. 70.

Worthy zweifelt die Aufteilung in der Gattung in zwei unterscheidliche Arten im Jahr 2000 an, da die Knochengrößen beider Arten einander überlappen. 118.

 

Abstammungsübersicht: Z108. (Aptornis), Z108. Kranichvögel (Gruiformes), Z95. (Neoaves), Z95. Neukiefer (Neognathae), Vögel (Aves), Z98. Archosaurier (Archosauria), Z98. Schuppenechsen (Lepidosauria), Z98. (Romeriida, Diapsida), Z98. Schläfengrubenlose (Anapsida), Z98. Klasse: Reptilien (Reptilia), Z98. Amnioten (Amniota), Z98. Vierbeiner (Tetrapoda), Z98. Fleischflosser (Sarcoptergii), Z98. Knochenfische (Ostheichtyes), Z98. Kiefertragende (Gnathostomata), Z98. Unterstamm: Wirbeltiere (Vertebrata), Z94. Reich: Tiere (Animalia), Z12. Überreich: Mehrzeller (Metazoa), Z12. Domäne: Eukaryoten (Eukaria), Z12. Lebewesen

1.2.4.0.8 Finschs Ente (Chenonetta finschi)


O5.8 Flugunfähige Vögel, O5.24 Quellen
O5: Kersti: Inseltheorie: Zuwanderung, Aussterben und Evolution auf Inseln, OI5.
Z115. Inseln und Kontinente (alphabethisch)
Z103. Alphabetische Liste der Namen der Tiere auf latein, Z104. deutsch

Ein Text von Kersti Nebelsiek, Alte Wilhelmshäuser Str. 5, 34376 Immenhausen - Holzhausen, Tel.: 05673/1615, https://www.kersti.de/, Kersti_@gmx.de
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