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letzte vollständige Überarbeitung: 5/2023
letzte Bearbeitung: 5/2023

O7.33

Keine Worte für Nahtodeserlebnisse

Inhalt

Übergeordneter Artikel:
O7.1 Kersti: Wissenschaftliche Forschungsergebnisse zu Nahtodeserfahrungen (Quellen hierzu)
O7.10 Kersti: Psychologie der Nahtodeserfahrung
Dieser Text:
O7.33 Kersti: Warum finden einige Menschen keine passenden Worte für ihre Nahtoderfahrung?
O7.33 Kersti: Ist derjenige, der sich an eine Nahtoderfahrung erinnert, in einem Zustand, in dem er nicht sprechen kann?
O7.33 Kersti: Quellen

 
Inhalt

1. Warum finden einige Menschen keine passenden Worte für ihre Nahtoderfahrung?

Einige Erlebende sagen, es sei ihnen schwer gefallen ihre Nahtoderfahrung in Worte zu fassen, so schrieb Autor: Dorit Gisbert über ihre Nahtoderfahrung: "Erst ein Jahr später konnte ich zum ersten Mal mit meiner Mutter darüber sprechen. In meinem Inneren aber erlebte ich es immer und immer wieder."1. Diese Unaussprechlichkeit des in der Nahtoderfahrung Erlebten wurde aus psychoanalytischer Sicht als eine Regression in präverbale Entwicklungsstadien, Die höchste Sinnhaftigkeit und Eindrücklichkeit als die Absolutheit der Primärerfahrungen und die ekstatischen Gefühle die ersten Still-Erlebnisse gedeutet. Das Gefühl der All-Einheit würde eine Regression in ein symbiotisches Entwicklungsstadium widerspiegeln. 2., 3.

Wirklich überzeugt hat mich diese Theorie zunächst nicht. Warum sollte etwas eine Regression sein, nur weil einem die Worte fehlen, um etwas Ungewöhnliches zu beschreiben? Dem widerspricht auch die Begründung, die die Erlebenden selbst für ihre Sprachlosigkeit geben.

Außerdem reden die Betroffenen in einer Sprache über ihre Erfahrung, die ihrer Altersentwicklung entspricht.
O7.37 Kersti: Eine Rückkehrerin aus Todesnähe berichtet ihre Nahtodeserfahrung
O7.28 Kersti: Beispiele für Nahtodeserfahrungen von Kindern
Wenn also diese durchaus normal erscheinende Ausdrucksweise nicht ausreichend ist, um das Erlebte auszudrücken, ist es logischer, anzunehmen, daß das Problem nicht in einer Regression des Erlebenden sondern in einer ungewöhnlichen Qualität der Erlebnisse liegt.

Aber es wird noch verwirrender: Auf die direkte Frage, ob sie meinten, daß ihr Bericht ihre Erfahrung verständlich und akkurat beschreibt, antworteten in einer von Autor: Jeffrey P. Long und Autor: Jody A. Long gemachten Befragung 79,9% mit Ja, 9,8% mit nein und 10,3% waren sich unsicher. Wenn das wirklich so schwer auszudrücken ist, warum haben dann mehr als 3/4 der Befragten nichts davon bemerkt? 7.

Es gibt unterschiedliche mögliche Gründe, warum wir letztlich keine passenden Worte für einen Sachverhalt finden.

Ich werde diese Gründe durchgehen, ob sie im Einzelfall auf Nahtoderfahrungen zutreffen können.

 
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2. Ist derjenige, der sich an eine Nahtoderfahrung erinnert, in einem körperlichen Zustand, in dem er nicht sprechen kann?

Ein Grund, warum man nicht sprechen können könnte, ist daß man seine Sprechwerkzeuge nicht dabei hat. Irdisch könnte das zu solchen Situationen führen:
Beispielgeschichte, Kersti:

Ich sah am Hals eine Narbe, die wohl bedeutete daß der Kehlkopf fehlte oder verletzt war

Auf einer Wanderung von Bärenstein im Erzgebirge nach Witzenhausen kam ich nach Lobenstein und wollte dort Deckweiß kaufen, weil ich Wasserfarben zum malen mitgenommen und dabei das Deckweiß leer geworden war. Ich fragte also einen Mann, der mir im Stadtpark entgegenkam nach dem nächsten Schreibwarengeschäft. Plötzlich verzog sich das Gesicht des Angesprochenen zu einer schrecklichen Grimasse und ich fragte mich, ob das vielleicht ein Fehler gewesen war, denn fing sich mein gegenüber wieder und versuchte mir klar zu machen, daß er nicht sprechen konnte und deutete in die Richtung in der das Schreibwarengeschäft war. Ich sah am Hals eine Narbe, die wohl bedeutete daß der Kehlkopf fehlte oder verletzt war. Die furchtbare Grimasse war wohl gewesen, daß als die schmerzhaften Gefühle hochgekommen waren, die für diesen Mann mit dem nicht sprechen können zusammenhingen.

Ich fing mich ebenfalls wieder und suchte nach der nächstghelegenen normalen Reaktion, um nicht verletzend zu werden. Wenn man keine Antwort auf eine Frage bemkommt, weil derjenige das Ziel nicht kennt, bedankt man sich lächelnd für den Versuch zu helfen und geht weiter. Genau das tat ich an dieser Stelle.

Natürlich hat man im außerkörperlichen Erlebnis seine Sprechwerkzeuge auch nicht dabei und wird deshalb von den lebenden Menschen nicht gehört werden.

Er tat als ob er mich weder sehen noch hören könnte

Autor: George G. Ritchie beschreibt in Buch: Mein Leben nach dem Sterben" eine umfangreiche Nahtoderfahrung, die stattfand, als der wegen einer schweren Lungenentzüdung zwei mal mit neun Minuten Abstand für tot erklärt worden war. Er hatte bei einer Röntgenaufnahme das Bewußtsein verloren, kam auf der Bettkante wieder zu sich und ihm fiel ein daß er doch eigentlich mitten in der Nacht hätte aufstehen sollen um mit den Zug zum Medizinstudium zu fahren. Da er meinte, es sei höchste Zeit, brach er auf. Dann geschah folgendes:
"Als ich durch die Stationstür ging, kam ein Pfleger mit einem zugedeckten Zablett auf mich zu.
'Paß doch auf, wo du hingehst!' sagte ich. Er tat, als ob er mich weder sehen noch hören könnte. Er schritt geradewegs durch mich hindurch!"
Die nächste Überraschung kam, als er das Gebäude verließ. Er begann nämlich, sich schwebend fortzubewegen. Unterwegs kamen ihm Zweifel, ob er noch auf dem richtigen Weg sei und er wollte nachfragen. Ritchie beschrieb, daß die an einem Fluß gelegenen Stadt, wo er nach dem Weg gefragt hatte, folgendermaßen. Er sah ein weißes einstöckiges Nachtcafe mit einer Eingangstür, die von zwei großen Fenstern eingerahmt wurde. In einem der Fenster war ein Neonschild mit einer "Pabst Blue Ribbon Beer"-Werbung.
Die Person, die er nach dem Weg fragen wollte, ging ebenfalls mitten durch ihn hindurch. Danach wurde ihm klar, daß ihn niemand sehen konnte und ihm kam der Verdacht, daß diese zugedeckte Erhebung auf dem Krankenhausbett sein Körper gewesen sein könnte, den er wohl holen müsse, um wahrgenommen zu werden!
Als er am Bett wieder angekommen war, begegnete ihm ein Wesen, das er für Jesus hielt und das ihm einige Dinge in der geistigen Welt zeigte und die er im Rest vom ersten Teil seines Buches beschrieb.
Zehn Monate später, auf der Fahrt durch Vicksburg Missisippi, auf dem Weg von Cincinatti, Ohio nach New Orleans, Louisana war, erkannte er das Gebäude, die Stadt und ihre Lage am Fluß wieder, was für ihn jeden Zweifel ausräumte, daß sein Erlebnis lediglich eine Täuschung gewesen sein könnte. 8. S.27ff
Als Ritchie später Vorträge über seine Nahtoderfahrung hielt, war dieses Problem aber wohl nicht mehr gegeben, da hatte er seinen Körper ja dabei.

Ein zweites mögliches Problem, das dazu führen kann, daß man in einem Zustand ist, in dem man nicht sprechen kann, hat mit dem Gehirn zu tun.
V239.3.4 Kersti: Gehirnbereiche für das Sprechen

Was ich gesagt hatte, waren keine richtigen Wörter, es war ein Sammelsurium an Buchstaben, sinnlos durcheinandergeworfen

Autor: Ingrid Tropp Erblad beschrieb ihr Erwachen nach einer Gehirnoperation folgendermaßen:
"Als ich an jenem Morgen erwachte, fühlte ich mich gut. Ich war in bester Stimmung. Fand es schön, daß die Operation vorüber war. Daß ich keine Schmerzen hatte. Und daß ich heute wieder sitzen durfte.
Ich lag auf der Intensivstation, im Kontrollsaal, wo die Patienten nie alleingeklassen werden. Jetzt war es sechs Uhr, und die nachtschwester hatte gerade angefangen, die fiberthermometer auszuteilen. ich wartete, bis sie damit fertig war. Dann bat ich sie um ein becken.
Im nächsten Augenblick wußte ich, daß etwas passiert war. Was ich gesagt hatte, waren keine richtigen Wörter, es war ein Sammelsurium an Buchstaben, sinnlos durcheinandergeworfen.
Die Schwester sah mich an. Was hatte ich gesagt? sie kam an mein Bett, und ich versuchte, die Wörter zu wiederholen. Aber was ich sagte war nicht mehr zu verstehen." 9. S.9
Tropp Erblad hatte bei der Operation einen Gehirnschaden erlitten, in dem der für die Sprachproduktion verantwortliche Gehirnbereich ausgefallen war. Im Rest des Buches beschreibt die Autoren ihre langwierige Gensung und Rehabilitation, bei der es ihr gelang, das Sprechen wieder zu lernen und in ihren Beruf als Werbetexterin zurückzukehren.
Tropp Erblads Gehirnverletzung war insofern speziell, daß der Gehirnbereich zum Sprachverständnis intakt war, aber der zur Sprachproduktion teilweise zerstört. Dadurch hat sie mitbekommen, was schief lief. Viele Gehirnverletzungen und -erkrankungen sind aber insofern tückisch, daß man nicht merkt, was eigentlich nicht funktioniert, weil das Gehirn in so einem Fall keine vernünftigen Fehlermeldungen ausgibt. Wenn eine Person, bei der das untere rechte Viertel des Gesichtsfeldes durch einen entsprechenden Gehirnschaden ausgefallen ist, etwas sucht was in der unteren rechten Ecke ihres Kleiderschrankes ist, dann merkt sie deshalb möglicherweise nicht, daß sie sich diese Ecke ihres Kleiderschrankes nicht angesehen hat, sondern glaubt der gesuchte Gegenstand sei nicht da, denn dieser Teil des Kleiderschrankes existiert für sie nicht. Ist das Auge verletzt, sieht man dort einen schwarzen Fleck oder so ist das Gehirn verletzt, vergißt man daß der entsprechende Teil der Welt existiert.

Ich habe ein paar Reinkarnationserinnerungen, in denen ich Gehirnverletzungen hatte und jedesmal habe ich die Situation falsch wahrgenommen. Man vergleiche hier beispielsweise die Sicht der Echse mit meiner:
F2427. Hans Hermann von Katte: Ich richtete mich nach seinem Rat, das aber nicht nur aus medizinischen Gründen sondern auch, weil ich gerne an einem Ort sein wollte, zu dem der König mich nicht verfolgen konnte
F2428. Kamiron, die Echse: Ich sagte ihm, daß er auf jeden Fall Briefe von mir oder später seinem Sohn bekommen würde, sobald dieser wieder ausreichend gesund sei
In einem anderen Leben glaubte ich, daß ich blind wäre:
F693. Geron: Wahrscheinlich war ich blind, sonst hätte ich doch irgendetwas sehen müssen
Der Arzt war aber der Ansicht, daß ich aufgrund einer Gehirnverletzung geistig behindert wäre. Ich bin danach wieder gesund geworden, doch es war ein langer Weg.

Wenn das Gehirn nicht funktioniert, nimmt die Seele die Situation also oft falsch wahr, weil der Körper ihr grob irreführende Informationen liefert.

Wenn also der für die Sprachproduktion zuständige Gehirnbereich ausfällt, kann man auch nicht mehr sprechen. Da Ritchie bei seiner Nahtoderfahrung auch sein Gehirn nicht dabei hatte, kann man vermuten, daß die Gespräche, die er wiedergibt, auch nicht in sprachlicher Form stattgefunden haben, sondern daß er sie möglicherweise erst, als er sich nach der Erfahrung in seinem Körper erinnert hat, in die passenden Worte übersetzt hat.

 
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Hat derjenige, der sich an eine Nahtoderfahrung erinnert, psychische Gründe nicht sprechen zu können?

Neben rein körperlichen Gründen, nicht sprechen zu können gibt es auch Gründe, die mehr oder weniger psychisch sind.

Ein Grenzfall sind Situationen, in denen das Gehirn durch zu viele Reize überfordert wird. Hier spielen äußere Ursachen wie zu viel Lärm, Ursachen in der Veranlagung wie die Reizoffenheit die für ADHSler, Asperger und Autisten typisch ist und die psychischen Reaktionen auf diese Situation eine Rolle.

zu viele eindrücke nicht richtig sortiert - was wissen sie über porifera

Kersti

 
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Quelle

  1. Autor: Dorit Gisbert: Das dritte Leben. Daseinsformen zwischen Herz- und Atemstillstand und Reanimation und die daraus resultierenden Lebensveränderungen. (Welt: Volltext) Auf der Internetseite des Quelle Arbeitskreis Origenes, Welt: www.origenes.de
  2. Autor: Michael Schröter-Kunhardt: Nah-Todeserfahrungen aus psychiatrisch-neurologischer Sicht. In: Autor: Hubert Knoblauch, Autor: Hans Georg Soeffner: Buch: B61.4 Todesnähe. Interdisziplinäre Zugänge zu einem außergewöhnlichen Phänomen. (1999) Konstanz: Universitätsverlag Konstanz (UVK) ISBN 3-87940-656-1, S. 65-99 (Welt: Volltext 1, 2)
  3. Autor: Michael Schröter-Kunhardt: Nah-Todeserfahrungen: Psychologisch-biologische Grundlage für den Glauben an ein Leben nach dem Tod. (Welt: Volltext) In: Autor: Peter Petersen: Buch: B117.20 Majestät des Todes - Bewegung des Lebens. 3. Symposion für künstlerische Therapien 9.-11. Mai 1997 in Hannover. Kongressband, Hannover 1997, S. 93-117
  4. Autor: Inge Drees: Lichterlebnis und Lebensrückblick. (Welt: Volltext) Auf der Internetseite des Quelle: Netzwerk Nahtoderfahrung e.V., Welt: www.netzwerk-nahtoderfahrung.org
  5. Autor: Raymond A. Moody (übersetzt durch Lieselotte Mietzner): Buch: B61.1.1 Das Licht von Drüben. Neue Fragen und Antworten. (1989) Reinbek bei Hamburg: Rowohlt. ISBN 3 498 04315 3
  6. Autor: Michael Schröter-Kunhardt: Nah-Todeserfahrung - Grundlage neuer Sinnfindung. (Welt: Volltext) In: Autor: Hermes Andreas Kick (Hrsg.): Buch: B5. Ethisches Handeln in den Grenzbereichen von Medizin und Psychologie. (2002) Münster, Hamburg, London: Lit Verlag, ISBN: 9783825857516
  7. Autor: Jeffrey P. Long, Autor: Jody A. Long: A Comparison of NDEs Occurring Before and After 1975. Results from a Web Survey of Near Death Experiencers. In: Zeitschrift: Journal for Near-Death Studies., Volume 22, Issue 1 (October 2003) pp. 21-32 (Welt: Volltext)
  8. Autor: George G. Ritchie: Buch: B61.2 Mein Leben nach dem Sterben. (1995) Stuttgart: J. Ch. Mellinger Verlag GMBH ISBN 3-88069-339-0
  9. Autor: Ingrid Tropp Erblad (Aus dem Schwedischen von Hildegard Kaps): Buch: B166.2 Katze fängt mit S an. Aphasie oder der Verlust der Wörter. (1994) Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag, ISBN 3-596-12397-6

O7.10 Kersti: Psychologie der Nahtodeserfahrung
O7.1 Kersti: Wissenschaftliche Forschungsergebnisse zu Nahtodeserfahrungen (Quellen hierzu)

Ein Text von Kersti Nebelsiek, Alte Wilhelmshäuser Str. 5, 34376 Immenhausen - Holzhausen, Tel.: 05673/1615, https://www.kersti.de/, Kersti_@gmx.de
Da ich es leider nie schaffe, alle Mails zu beantworten, schon mal im voraus vielen Dank für all die netten Mails, die ich von Lesern immer bekomme.
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