ausgegliedert aus O7.10: 1/2009
letzte Überarbeitung: 1/2009
BLACKMORE nahm 1993 an, daß die kortikale Enthemmung die gemeinsame Verbindung zwischen all diesen Auslösern darstelle. Die Enthemmung könnte in verschiedenen Fällen unterschiedliche Ursachen haben, unter denen die Anoxie lediglich eine darstellt. Eine ähnliche Theorie vertraten SAAVEDRA AGUILAR & GOMEZ-JERIA (1989). 3.5.2
Der Schläfenlappen reagiert empfindlich auf Sauerstoffmangel und seine Stimulation kann Halluzinationen, das Wiedererleben von vergangenen Erlebnissen, Verformungen des Körpers und außerkörperliche Erfahrungen hervorrufen. Das limbische System ist ebenfalls für Sauerstoffmangel empfindlich und für die Organisation von Gefühlen und Erinnerungen zuständig, was eine Verbindung mit dem Lebensrückblick nahelegt, der in Nahtodeserlebnissen manchmal auftaucht.
1.3, 1.9
O7.19
Funktionen des Schläfenlappens, die seine Beteiligung an der
Nahtodeserfahrung nahelegen
Sauerstoffmangel kann abhängig vom Typus der Anoxie sehr unterschiedliche Auswirkungen haben. Dabei spielen die der Geschwindigkeit ihres Einsetzens und die Zeit, die benötigt wird, um die Sauerstoffversorgung wieder herzustellen eine Rolle. 3.5.2
Daneben beschreibt Fenwick einen Versuch, wo ein Spirometer verwendet und immer dieselbe Luft ein und ausgeatmet wurde. Das Kohlendioxid wurde an eine Chemikalie gebunden, so daß der Sauerstoffgehalt der Luft abnahm, ohne daß gleichzeitig der Kohlendioxidgehalt zunahm, bis schließlich fast nur noch Stickstoff ein und ausgeatmet wurde. Die Studenten hatten die Aufgabe während sie das taten eine Reihe zahlen abzuschreiben. Anders als beim vorhandensein des ausgeatmeten Kohlendioxids atmeten die Studenten in normal langsamen Tempo weiter und empfanden keine Atemnot. Der Beobachter jedoch da wie die Schrift immer unorganisierter wurde, sinnlose wiederholungen auftauchten und schließlich in eine Linie auslief, als die Versuchsperson ohnmächtig wurde. Das Denken wird zusammenhanglslos, unorganisiert, verwirrt und orientierungslos, bis man bewußtlos wird. Es gibt keine klaren und zusammenhängenden Visionen, wie man sie aus Nahtodeserfahrungen kennt. 3.10 S.213f
Reiner Sauerstoffmangel führt also zu nichts, was eine erkennbare Ähnlichkeit zu Nahtodeserfahrungen hat.
Allerdings ist die Ähnlichkeit nur oberflächlich: Nahtodeserlebnis-Elemente treten im Rahmen von Sauerstoffmangel selten und isoliert auf. Daneben treten in 23% der Fälle auch Muskelkrämpfe auf. Hinzu kommen an Epileptische Anfälle des Temporallappens erinnernde unbewußte motorische Automatismen wie automatische Kopfbewegungen, Blickdeviationen oder wiederholte zwecklose Bewegungen wie Lippenlecken, Kauen oder Tastbewegungen, ja sogar komplexe automatische Bewegungen wie Kopfbeben, Hinsetzen oder Aufstehen. Außerdem bewirkt eine künstliche Hypoxie deutliche Störungen der geistigen Leistungen, während Nahtodeserlebnisse geistige Höchstleistungen sind. 1.1, 1.3, 1.6, 1.10, 1.11, 3.10 S.215f
Auch Grof und Kollegen setzten im Spring-Grove bei ihren Versuchen mit psychodelischen Drogen Programm dieses Gemisch mit ein und stellte fest, daß in jeder Phase der Behandlung die Meduna-Gemisch-Erfahrungen den LSD-Erfahrungen entsprachen.
Vergleiche dazu den Artikel über psychodelische Drogen, der die Zusammenhänge aus einer anderen Perspektive beleuchtet und genauer untersucht unter welchen Umständen Nahtodeserfahrungsähnliche Elemente in Drogenvisionen auftauchen.
O7.21
Psychodelische Drogen und ihre körpereigenen Gegenstücke als mögliche
Verursacher von Nahtodeserfahrungen
Wenn der NMDA-Rezeptor durch Ketamin oder ähnliche Stoffen blockiert wird, schützt das die zugehörige Nervenzelle vor dem Tod durch Übererregung. Eine körpereigene Substanz die wie Ketamin die NMDA-Rezeptoren blockiert, würde diese ebenso schützen und wäre deshalb biologisch sinnvoll. Inzwischen wurde ein Endopsychosin entdeckt, das an den NMDA-Rezeptor bindet. 1.4, 1.6, 3.3 S.257
Von daher ist es denkbar, daß bei Unterversorgung des Gehirns ein körpereigener Botenstoff ausgeschüttet wird, dessen Aufgabe es ist den NMDA-Rezeptor für L-Glutamat zu blockieren, so daß die Nervenzellen vor dem Absterben geschützt sind. Dadurch werden Schmerzwahrnehmung und andere Sinneswahrnehmungen vom Bewußtsein abgespalten. Gleichzeitg wird das limbische Systems und das retikuläre Aktivationssystem aktiviert. Bewußtsein und Erinnerungsfähigkeit bleiben dabei erhalten, so daß durch diesen dissoziativen Zustand dann möglicherweise Nahtodeserlebnis-Elemente hervorgerufen werden können. Die Nahtodeserfahrung wäre dann als eine Nebenwirkung dieses Schutzmechanismusses zu betrachten. 1.4, 1.6, 3.3 S.257+259
Allerdings sind solche Blutmessungen laut GUKSMAN & KELLEHEAR (1990) kein Maßstab dafür, wieviel Sauerstoff dem Gehirn zur Verfügung steht. Wenn das Herz aufhört zu schlagen, erreicht das Blut der Arterien nicht mehr die Gewebe, die es benötigen, so daß die Blutsauerstoffwerte in den großen Adern nur langsam fallen. Wenn dazu noch Sauerstoff verabreicht wird, wie das in bei Herzstillstand häufig geschieht, kann der Blutsauerstoffgehalt sogar steigen, während das Blut in den Venen, das mit diesen Bereichen Kontakt hat, Sauerstoff verliert. An SABOMs Patienten war das arterielle, nicht das zerebrale Blut getestet worden, so daß es gut sein kann, daß auch sie an zerebraler Anoxie litten. 3.5.2
In einer Studie wurden die Betroffenen innerhalb einr Woche nach einem Herzstillstand interviewt. 11,1% der 63 Patienten hatten Erinnerungen an ein Nahtodeserlebnis. Der einzige physiologische Unterschied zwischen den Gruppen mit und ohne Erinnerung an ein Nahtodeserlebnis war, daß diejenigen mit einem solchen Erlebnis im Schnitt mehr Sauerstoff im Blut hatten als die ohne solche Erinnerungen. Diese Studie ist nicht geeignet, die Sauerstoffmangeltheorie unzweifelhaft zu widerlegen, da alle Patienten mit Herzstillstand unter Sauerstoffmangel gelitten haben dürften, der aber unterschiedlich stark ausgeprägt war. In einer zweiten Studie auch über Nahtodeserlebnisse im Zusammenhang mit Herzversagen, wurde festgestellt, daß diejenigen Patienten die aufgrund des Sauerstoffmangels Probleme mit ihrem Gedächtnis hatten, erheblich seltener Erinnerungen an Nahtodeserlebnis hatten als andere, was auch in der ersten Studie die Ursache für das Fehlen der Erinnerungen bei denjenigen mit weniger Sauerstoff im Blut sein dürfte. 1.1, 1.11, 2.9
Bei den Forschungen von Ring an 101 Patienten die klinisch tot gewesen waren oder dem Tod knapp entronnen waren, waren Todesnäheerlebnisse wesentlich häufiger (Häufigkeit der häufigsten Symptome 60-25%) als in den Herzstillstandsstudien. Da nicht alle lebensgefährlichen Situationen in Krankheitsverläufen Sauerstoffmangel als wesentliche Ursache der Lebensgefahr haben, wie das beim Herzversagen der Fall ist, spricht auch dieser Häufigkeitsunterschied zwischen beiden Untersuchungsergebnissen eher gegen die Sauerstoffmangeltheorie. Auch bei Situationen, in denen der Betroffene zwar in Lebensgefahr schwebte, aber körperlich nicht verletzt oder beeinträchtigt wurde, kann Sauerstoffmangel keine Rolle spielen. Allerdings könnte dieser Unterschied auch darauf zurückzuführen sein, daß Rings Patienten im Schnitt jünger waren. 1.3, 1.10, 1.11
Laut Lommel wurde sowohl an Tieren als auch am Menschen nachgewiesen daß innerhalb 10 bis 20 - im Schnitt 15 Sekunden nach einem Herzstillstand sowohl die Gehirnrinde als auch die tieferen Schichten des Gehirns keinerlei elektrische Aktivität mehr aufweisen. Ist der Herzstillstand auf Kammerflimmern zurückzuführen, hört der Blutfluß direkt nach dem Einsetzen des Flimmerns vollständig auf. 1.16, 1.18
Lommel argumentiert, daß alle Patienten seiner Studie an Sauerstoffmangel im Gehirn gelitten haben müssen und sie deshalb wenn Sauerstoffmangel und Kohlendioxidüberschuß im Gehirn die Ursache der Erfahrung wären alle eine Nahtodeserfahrung gehabt haben müßten aber nur 18% konnten sich an eine solche erinnern. 1.16,1.18
Bei Herzstillstand ist der Sauerstoff im Gehirn innerhalb von Sekunden verbraucht. In seiner Nahtodeserfahrungs-Untersuchung an Patienten mit Herz-Kreislaufversagen stellte Lommel dann auch fest: "Die meisten Patienten hatten vor der Herz-Lungen-Wiederbelebung keine Angst, da der Stillstand so plötzlich und unerwartet auftrat, daß er keine Zeit für Angst erlaubte." 1.1, 1.18
Das legt die Vermutung nahe, daß vielleicht deshalb so wenige Nahtodeserfahrungen auftraten, weil das Gehirn nur kurze Zeit in einem Zustand war, wo es zwar noch arbeiten konnte aber durch den erhöhten Kohlendioxidspiegel zu Traumbildern angeregt wurde. Deshalb wäre es denkbar, daß die Bedingung für eine Nahtodeserfahrung bei langsamer auftretendem Sauerstoffmangel im Gehirn wie beim Ertrinken, geringergradigen Herzbeschwerden oder Blutverlust bei Unfall günstiger sind, 3.5.2
Ein Text von Kersti Nebelsiek, Alte Wilhelmshäuser Str. 5,
34376 Immenhausen - Holzhausen, Tel.: 05673/1615,
https://www.kersti.de/,
Kersti_@gmx.de
Da ich es leider nie schaffe, alle Mails zu beantworten, schon mal
im voraus vielen Dank für all die netten Mails, die ich von
Lesern immer bekomme.
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