Unterschied zwischen den Begriffen akut und chronisch
Stefan Högl vermutet in seinem Buch: "Wenn ein akuter Mangel an Sinnesreizen diese Erfahrungen nach sich ziehen sollte, wie oft behauptet, so wären Blinde aufgrund der ihnen fehlenden visuellen Eindrücke besonders anfällig für Außerkörperliche Erlebnisse."
1. S.293
Diese Aussage ist falsch, da sie den Unterschied zwischen einem akuten und einem chronischen Mangel an Sinnesreizen nicht berücksichtigt. In der Medizin bezeichnet das Wort akut, das von lateinisch acutus, "scharf, spitz" abgeleitet ist, schnell zum Ausbruch kommende Erkrankungen vergleichsweise kurzer Dauer (3 bis 14 Tage). Das Wort chronisch, ist von griechisch Χρονος, chrónos, "die Zeit" abgeleitet und kennzeichnet sich langsam entwickelnde oder lang andauernde Erkrankungen. Der Krankheitsverlauf erstreckt sich über mehr als vier Wochen.5.1, 5.2, 5.3
Bei Blinden liegt jedoch ein chronischer Mangel an Sinnesreizen vor, der sich völlig anders auswirkt.
Nicht benutzte Gehirnbereiche werden anders verwendet
Neurone heißen die Ausläufer mit denen die verschiedenen Nervenzellen untereinander und mit den Sinnesorganen verbunden sind. Sie werden benutzt, um Informationen auszutauschen. Während der Entwicklung eines Lebenswesens kommunizieren die Neuronen chemisch mit den Zellen, die sie erreichen sollen und finden so ihren Weg zu den Zielgebieten. Neuronen sind also so etwas Ähnliches wie Telefonkabel, über die sie die Nervenzellen miteinander unterhalten können und Synapsen haben die Funktion von Steckern, durch die verschiedene Nervenzellen miteinander verbunden sind. Tieren die in einer interessanten Umgebung aufwachsen haben dabei mehr Synapsen pro Neuron als Tiere die in einer langweiligen reizarmen Umgebung aufwachsen. Sie haben also sozusagen mehr Telefonverbindungen.
2. S.496-497
In der kritischen Periode, in der sich das räumliche Sehen entwickelt, entwicklen sich die Axone im Gehirn in Abhängigkeit davon, wie oft sie benutzt werden. Ist ein Auge in dieser Zeit abgedeckt, ist dieses Auge nachher blind und die Sehzellen, die mit dem anderen Auge verbunden sind, nehmen den gesamten Bereich mit ihren Synapsen ein, den sonst beide Augen sich teilen.
2. S.498-500
Wenn beide Augen blind sind, dehnen sich die Bereiche der anderen Sinnesorgane auf Kosten des Gesichtssinnes aus, während sich das Sehzentrum nach und nach zurückbildet. Das geschieht auch bei erwachsenen Menschen und Säugetieren noch, aber nicht so vollständig.
2. S.500-502
Da den anderen Sinnen mehr Platz zur Auswertung ihrer Daten im Gehirn zur Verfügung steht, können Blinde oft genauer hören, riechen oder tasten als Sehende.
Wie weit das im Einzelfall gehen kann, wurde am Beispiel von Blinden gezeigt, die ähnlich wie Fledermäuse recht gut darin waren, über Echos festzustellen, wo im Raum sich Gegenstände befinden.
O7.A5
Die Wahrnehmung der Fledermaus als Analogie zu der Nichtausdrückbarkeit
der Nahtodeserfahrung durch Vorstellungsbilder des Gehirns
Eine der blinden Versuchspersonen - nämlich die, die schon als Kleinkind erblindet war, benutzte offensichtlich das primäre Sehzentrum der Gehirnrinde hierzu. Bei einer spät erblindeten Person gab es dort eine gringfügige Aktivierung, Sehende Versuchspersonen nuztzen für dieselben Aufgaben ausschließlich Bereiche des Gehirns die nichts zur Sehrinde gehören. Insgesamt kann man sagen, daß früh erblindete Personen meist besser in der Echorotung sind als spät erblindete und daß sie es um so besser können, je größer das Ausmaß ist, in dem sie das Sehzentrum mit für diese Aufgabe verwenden. Ob das überhaupt geschieht ist auch unter früh erblindeten Personen sehr unterschiedlich, bei spät erblindeten geschieht das nicht oder kaum.6., 15. Auch die Begriffe werden bei früh erblindeten für gehörte Informationen ähnlicher wie das von sehenden gesehene abgespeichert als wie das von sehenden gehörte16..
Gehirn von außen:
Das Sehzentrum ist gelb markiert. Der dunkelgelbe Bereich ist das Projektionsfeld des Sehens. Der hellgelbe Bereich ist das Assoziationsfeld des Sehens.
Ehemals Blinde, die wieder sehen, müssen neu lernen, Bilder auszuwerten
Ehemals Blinde, die nach einer Operation wieder sehen können, müssen erst einmal lernen, die gesehenen Bilder auszuwerten.
1. S.293, 3., 4., 7., 8.
Damit man sich das vorstellen kann, hier ein Beispiel aus dem Buch einer ehemals Blinden.
Judy Taylor erblindete als Kind durch grauen Star, konnte aber bis zu ihrem neunten Lebensjahr immerhin noch gut genug sehen, um die Regelschule zu besuchen. Als Erwachsene hatte sie durchaus noch bildhafte Vorstellungen. Dennoch hatte sie nach der Staroperation anfangs Schwierigkeiten, zu verstehen, was sie sah.
Judy Taylors erste Erfahrungen nach einer Staroperation
Zitat: "Und dann war der einerseits gefürchtete, andererseits ersehnte Augenblick gekommen. Als ich mit den beiden Schwestern ins Behandlungszimmer ging, um die Binde abnehmen zu lassen, fühlte ich mich, als hätte ein Schalter automatisch mein Gehirn ausgeknipst. Ich konnte keinen einzigen Gedanken fassen, wartete nur, daß die Wahrheit ans Licht kam. Die Atmosphäre in dem kleinen Zimmer war wie elektrisch geladen, wie in den Momenten, wenn ein Gewitter aufzieht und man sich wundert, warum die Stille so laut ist, bis man merkt, daß die Vögel nicht mehr singen.
Ich weiß nicht, was ich eigentlich erwartet hatte. Vielleicht hatte ich gar nicht gewagt, überhaupt etwas zu erwarten - nur auf etwas gehofft. Was ich sah, war ein helles, waagerechtes Licht, und dann, als ich meinen Kopf nach rechts drehte, sah ich noch mehr helle Lichter, die senkrecht verliefen.
Wieder drehte ich meinen Kopf, diesmal nach links. Da glänzte etwas besonders hell. Ich zeigte mit dem Finger drauf, und man konnte förmlich spüren, welche Erleichterung durch das Zimmer ging. Ich hatte auf die silbrige Gürtelschnalle an der Uniform der Schwester gezeigt. Aber was waren diese geheimnisvollen waagerechten und senkrechten Lichter? Plötzlich dämmerte es mir: Das waagerechte Licht war der weiße Rahmen über der Tür, und die senkrechten Lichter waren drei Flaschen, die auf einem braunen Schrank standen. Alles Helle war für mich ein überwältigendes Gleißen.
Als ich nach unten blickte, sah ich mehrere ganz helle Streifen, die alle in eine Richtung zeigten. Dazwischen lagen tiefe Schatten. Was konnte das sein, so nah bei mir und doch so fremd, daß ich keinen Namen dafür gewußt hätte? Unwillkürlich bewegte ich meine Hand, und die hellen Streifen verschwanden - ich hatte auf meine eigenen Finger geschaut."
9. S.224-226
Fehlende Farbauswertung für Wochen
Nach dieser ersten Erfahrung mit dem sehen, passiert es der Autorin immer wieder, daß sie die Dinge, die sie sieht, erst erkennt, wenn ihr jemand sagt, um was es sich handelt oder nachdem sie den Gegenstand ertastet hat. Wochenlang erschien ihr die Welt rein schwarz-weiß, ehe sie die ersten Farbeindrücke wahrnehmen konnte.
Zwei Jahre nach der Operation
Im Nachwort schreibt die Autorin:
"Wieder einmal ist ein Weihnachtsfest vorbei, das zweite, seitdem meine Augen geöffnet wurden für eine Welt voller Bewegung, bunter Farben und leuchtender Schönheit. Noch immer sehe ich diese Welt nur halb, verstehe sie nur halb. Aber ich habe zumindest nicht mehr das Gefühl, mich auf einer herumwirbelnden Drehscheibe zu befinden, auf der meine Füße keinen sicheren Halt haben. Allmählich habe ich mich eingerichtet zwischen den Welten des Sehens und des Nicht-Sehens. Es macht mir nicht mehr so viel aus, daß ich nicht so sehe wie andere Leute, daß meine Finger über ein Buch in Blindenschrift huschen, daß mein Blindenhund zu meinen Füßen liegt und ich dennoch im nächsten Moment aufsehen und mit eigenen Augen das Zimmer sehen kann. Wenn jemand heute zu mir sagt: "Ich weiß nicht, wieviel du sehen kannst", kann ich ehrlich antworten: "Ich auch nicht, aber das macht mir nichts mehr aus." Und je selbstbewußter und gelassener ich mich in dieser immer noch vergleichsweise neuen Situation zurechtfinde, desto gelassener werden offenbar auch die Menschen um mich herum."
9. S.330-331
Judy Tailor kann durchaus auch Schwarzschrift mit ihren Augen lesen. Sie liest also Blindenschrift, weil ihr das leichter fällt.
Erst ab einem Alter von sieben Jahren ist das Behalten der visuellen Bilder sicher, wobei jedoch die Qualität mit der Zeit verblasst. Stattdessen erlangt der Hörsinn höchste Priorität.
1. S.294
Während ehemals Blinde, erst einmal lernen müssen, die gesehenen Bilder auszuwerten, scheint das bei außerkörperlichen Erlebnissen kein Problem zu sein. Blinde sehen in außerkörperlichen Erlebnissen völlig normal und machen dabei überprüfbar richtige Beobachtungen.
1. S.293, 3., 4., 7., 8.
Auf Long Island beschrieb eine siebzigjährige Frau sehr genau und anschaulich, was um sie herum passierte, als die Ärzte sie nach einem Herzanfall reanimierten. Diese Frau war seit ihrem achtzehnten Lebensjahr blind. Sie konnte nicht nur beschreiben, wie die angewendeten Instrumente aussahen, sondern sogar ihre Farbe angeben. Das Erstaunlichste für mich war, daß es die meisten dieser Instrumente noch gar nicht gab, als diese Frau vor über fünfzig Jahren das Augenlicht verlor. Und die Krönung war, daß sie sogar wußte, daß der Arzt einen blauen Anzug anhatte, als er mit der Reanimation begann.
10. S.175
Eine stark kurzsichtige Frau nimmt während der Operation den Hut des Arztes klar wahr, der für die Untersuchung von Kindern mit Schmetterlingen verziert ist.
1. S.294
Ein Blinder, sieht im außerkörperlichen Erlebnis seine eigene Krawatte und beschreibt diese danach.
1. S.294
Ring untersuchte eine Gruppe, von denen 14 von Geburt an blind waren. Die anderen Befragten hatten das Augenlicht schon früh verloren oder minimalste Sehmöglichkeiten. Von denen, die ein Nahtodeserlebnis berichteten, waren zehn von Geburt an blind, von jenen mit einem Außerkörperlichen Erlebnis vier. Von ihnen waren zwei durch genetische Anlage blind, einer Person wurden die Augen im Alter von viereinhalb Jahren operativ entfernt, elf waren Frühgeburten aus der Zeit zwischen 1946 und 1958. Sie hatten durch eine überhöhte Dosis Sauerstoff im Inkubator eine Frühgeborenenretinopathie erlitten. Rings Befunde zeigen, dass Blinde aller Grade von den klassischen Nahtodeserlebnissen berichten.
1. S.293
Die Hypothese daß die Bilder aus Außerkörperlichen Erfahrungen nur Imaginationen oder Vorstellungen seien, läßt sich nur auf Personen anwenden, die ab einem Alter von fünf Jahren erblinden. Von Geburt an und bis zum 5. Lebensjahr blind Gewordene können sich keine Bilder vorstellen, so daß die auch bei ihnen auftretenden Nahtodeserlebnisse und Außerkörperlichen Erlebnisse keine bildlichen Vorstellungen sein können.
13., 14., 4., 1. S.212, S.293-294
Wenn Blinde Gegenstände richtig beschreiben, von deren Aussehen sie bisher keine eine bildliche Beschreibung kennen und die sie auch nicht abgetastet haben und dabei auch die Farben richtig angeben, dann läßt sich das nicht mit Vorstellungen erklären.
Laut Experiencer Vicky lassen sich Nahtodeserlebnisse nicht mit dem Traum eines Blinden vergleichen. Die von Blackmore vertretene These der retrospektiven Rekonstruktion geht von der Konstruktion eines Bildes aus Geräuschen aus, wenngleich die blinde Person die Verben des Sehens weiter benutzt.
1. S.294
Rindenblindheit und "blindes Sehen" (engl. Blindsight)
Patienten mit ausgedehnter kortikaler Blindheit, die durch einen Ausfall der Sehrinde im Gehirn verursacht ist, haben funktionsfähige Augen, können jedoch das Gesehene nicht bewußt auswerten. Sie können handeln und reden, als würden sie sehen, haben aber nicht das Gefühl zu sehen, sondern eher das Gefühl richtig zu raten.11. S.88f; 12.
VB160.
Blindes sehen
Bei ihnen wäre es vorstellbar, daß sie etwas sehen und es nachher richtig beschreiben. Jedoch fehlt ihnen auch im Traum der subjektive Seheindruck, daher sollte er auch nicht in Nahtoderfahrungen auftreten. Das scheidet jedoch für die meisten untersuchten Patienten schon grundsätzlich aus, weil bei vielen von ihnen die Augen selbst funktionsunfähig sind.
1. S.294
Noch seltsamer erscheinen manche anderen Hypothese, wie etwa die eines hautgestützten Sehvermögens, da der Haut zu so differenzierter Bildauswertung die physikalischen Mittel fehlen sollten.
1. S.294
Auch im Tibetischen Totenbuch steht daß sich das Bewußtsein nach dem Tod mit einem Geistkörper verbindet, einem Körper, der nicht aus Fleisch und Blut besteht, aber mit allen Sinnesfähigkeiten ausgestattet ist, so mit dem Gesichtssinn, den der Verstorbene besitzt, selbst wenn er während seines Lebens blind war. Der Geistkörper besitzt auch Wunderkräfte und kann gehen, wohin er will. Der Tote sieht nun wie man seinen irdischen Körper entkleidet und vernimmt das Weinen und Wehklagen seiner Verwandten und Freunde.
1. S.120
Ein Text von Kersti Nebelsiek, Alte Wilhelmshäuser Str. 5,
34376 Immenhausen - Holzhausen, Tel.: 05673/1615,
https://www.kersti.de/,
Kersti_@gmx.de
Da ich es leider nie schaffe, alle Mails zu beantworten, schon mal
im voraus vielen Dank für all die netten Mails, die ich von
Lesern immer bekomme.
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