erste Version vor: 26.02.01
letzte Überarbeitung: 11/06

V202.

Fordert die Scientology-Church von ihren Mitgliedern, daß sie eine große Anzahl neuer Mitglieder werben sollen?

Erläuterung:
V100. Kersti: Sekteneigenschaften - Was sind Sekten?

Übersicht:
V195. Kersti: Sekteneigenschaften: Die Scientology-Church ist eine Sekte.
Vorhergehende Sekteneigenschaft:
V201. Kersti: Geben die Mitglieder der Scientology-Church ihre persönlichen Interessen für die Church auf?

 

Ja. Dem steht jedoch ein Satz aus dem Kodex der Scientologen entgegen, der laut Welt: Karl "Charlie" E. Maij in seinem Glossar folgendermaßen lautet:
Als Scientologe verpflichte ich mich, diesem Kodex der Scientology zum Wohle aller.
...
3. Mich zu weigern, einen Preclear oder eine Gruppe zum Auditing anzunehmen, und mich zu weigern von einem Preclear oder einer Gruppe Geld anzunehmen, wenn ich der Meinung bin, daß ich ihm/ihr nicht helfen kann.
...

In der Praxis scheint dieser Satz irgendwie in Vergessenheit geraten zu sein. Tatsächlich wird offensichtlich kaum jemals nachgedacht, ob der Kurs oder das Auditing (Therapiesitzungen) dem Kunden überhaupt einen Nutzen bringt. Die einzige Frage, die die Mitarbeiter sich offensichtlich stellen, ist, ob sie die betreffenden Kurse verkaufen KÖNNEN. Als bekannt wurde, daß Jutta Elsässer Geld auf dem Konto hatte, wurde sie von der Niederlassung der Scientology-Church, bei der sie war, geradezu erpreßt, dieses Geld der Niederlassung zur Verfügung zu stellen, und es auch für Kurse auszugeben (B53.). Ganz allgemein scheint der Schaden, den Scientologen von ihrer Zeit bei der Church haben, meist größer zu sein, als der Nutzen. Nicht nur materiell, sondern auch, was die innere Freiheit angeht.

Wie das zustandekommt, merkt man, wenn man sich die Liste der Ethik-Zustände anschaut. Als "normal" wird dort nämlich bezeichnet, wenn die Statistiken leicht steigen. Das heißt, wenn sich die Arbeitsleistung leicht verbessert.

Diese Einordnung ist durchaus in Ordnung, falls eine Person

  1. nur solange auf einem Posten bleibt (unabhängig davon, ob es sich um handwerkliche Arbeit, Umgang mit Menschen oder um Führungsaufgaben handelt) bis sie diese Aufgabe vollständig erlernt hat. Danach wechselt sie ihr Aufgabengebiet.
  2. sie nur mit sich selbst - also ihren eigenen Leistungen nach Beginn der Arbeit in diesem Posten - verglichen wird.
  3. die äußere Situation sich nicht kontinuierlich so sehr verschlechtert, daß Verbesserungen in der eigenen Arbeitsleistung durch diese Verschlechterung der äußeren Situation aufgezehrt werden.
Trifft einer dieser drei Punkte nicht zu, steigen auch die Statistiken nicht leicht an, wenn die Arbeit normal erledigt wird.
Aber -
  1. der erste Punkt trifft in unserer Gesellschaft nach der Lehre üblicherweise nicht zu. Das ist zwar nicht schön - es ist einfach langweilig, immer dieselbe Arbeit tun zu müssen, obwohl es da nichts mehr zu lernen gibt - aber es ist eine Tatsache, die allein schon ein ständiges leichtes Ansteigen der Erfolge ausschließt.
  2. Auch wird man gewöhnlich mit den Leistungen des Vorgängers verglichen. Was Unfug ist, da Menschen nun einmal unterschiedliche Begabungen haben.
  3. und die äußere Situation für die Arbeit sowohl in der Gesamtgesellschaft (wegen des Zinsproblems) als auch in der Scientology-Church (da der Markt irgendwann gesättigt ist - selbst wenn es in den Medien nicht ständig so viel berechtigte Kritik an der Scientology-Church gäbe - verschlechtert sich ständig. Insbesondere für die Anwerbung neuer Mitglieder.
Von daher ist die in der Scientology-Church erhobene Forderung nach ständig steigenden Erfolgen schlicht unrealistisch und wirkt sich deshalb zerstörerisch aus. Ganz abgesehen davon, daß Prinzipien, die ein Mensch für sich zu seinem Nutzen verwenden kann, um etwas besser zu machen oft - beispielsweise in diesem Fall - nur noch Schaden anrichten, wenn sie plötzlich benutzt werden, um andere zu kontrollieren.

Wenn man bedenkt, wie viele Arbeitslose es gibt und daß Arbeit eben kein Selbstzweck ist, sondern neben der Funktion, für Menschen Produkte herzustellen auch die Funktion eines wesentlichen Lebensinhaltes eben dieser Menschen hat, würde es durchaus Sinn machen, wenn eine geringfügige Senkung der Arbeitsproduktivität in Kauf genommen würde, damit jeder, der will nach (beispielsweise) drei Jahren Arbeit im gewählten Beruf jederzeit eine neue Lehre machen könnte, die durch eine ähnlich der Arbeitslosenversicherung organisierte Ausbildungsversicherung finanziert würde. Dadurch würde die Wirtschaft insgesamt flexibler und die Arbeit interessanter.  

Zur nächsten Sekteneigenschaft:
V203. Kersti: Betätigt die Scientology-Church sich als Wirtschaftsunternehmen?
Diese Sekteneigenschaft für den Bruno-Gröning-Freundeskreis besprochen:
V184. Kersti: Der Bruno- Gröning- Freundeskreis von Grete Häusler fordert von seinen Mitgliedern keine Mitgliederwerbung.

VA1. Kersti: Sekteneigenschaften als Folge von Ausgrenzung
VA16. Kersti: Wissenschaft als Sekte
VA44. Kersti: Sind Erleuchtete, Eingeweihte, Clears, OTs, Zen-Meister oder Heilige Übermenschen?
VA63. Kersti: Heißwassertrinken, Knetfiguren - oder woran man Scientology erkennt
VA85. Kersti: Scientology: Wie der Eindruck entsteht, Hubbard hätte mehr geleistet als menschenmöglich
VA103. Kersti: Sektenhetze
VA111. Kersti: Lexikon der Scientologischen Begriffe
VA115. Kersti: Phänomen Scientology
VA116. Kersti: Auditieren - und es funktioniert doch!
VA124. Kersti: Kirchenweltbild und Scientologyweltbild - wie paßt das zusammen?
VA244. Kersti: Die Entwicklung des "typischen Scientologen"
VA245. Kersti: Scientology-Church und schwarze Magie
VA247. Kersti: "Clear World" heißt dasselbe wie "Der Aufstieg der Erde"
VA255. Kersti: Das Geschlossene-Anstalt-Phänomen
VA258. Kersti: Richtigstellung von ein paar Mythen über die Scientology-Church
VA273. Kersti: Manipulation, unterschwelliger Psychoterror und Gehirnwäsche bei der Scientology-Church
VA278. Kersti: Die Scientology-Church steht auf der Tonstufe Mitleid
VB13. Kersti: 1. Besuch im Frankfurter Zentrum der Scientology-Church
V22. Kersti: Sektenstrukturen in der normalen Gesellschaft
V25. Kersti: Sekten, Sucht und Suche
V27. Kersti: Historischer Sektenbegriff
V60. Kersti: Wie gefährlich sind Sekten?
V61. Kersti: Sektenstrukturen abbauen
V62. Kersti: Wie gehen wir sinnvoll mit Sekten um?
V99. Kersti: 2. Besuch im Frankfurter Zentrum der Scientology-Church
V147. Kersti: Erst ihr Gutes macht Sekten gefährlich
V214. Kersti: Wie richtig oder falsch ist das Weltbild der Scientology-Church?
V215. Kersti: Der dunkle Tunnel mit dem Licht am Ende und Scientology
V222. Kersti: Die L.Kin Schule
V232. Kersti: Der Auditorenkodex
V233. Kersti: Warum ich die wilden Geschichten über Xenu und Konsorten im Wesentlichen für wahr halte
V248. Kersti: Spielverderber - oder - Wer sind die Guten?
V281. Kersti: Wie man Menschen von außen in eine Sekte sperren kann...
V282. Kersti: Ratschläge für Angehörige von Sektenmitgliedern
V283. Kersti: Die Billigsten sind oft die Besten...
V320. Kersti: Im oberen Teil der Brücke wird man verrückt!

Ein Text von Kersti Nebelsiek, Alte Wilhelmshäuser Str. 5, 34376 Immenhausen - Holzhausen, Tel.: 05673/1615, https://www.kersti.de/, Kersti_@gmx.de
Da ich es leider nie schaffe, alle Mails zu beantworten, schon mal im voraus vielen Dank für all die netten Mails, die ich von Lesern immer bekomme.