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Reinkarnationserinnerung - Einweihung in Mittelamerika

F52.

Die Prüfung

Danach war ich - offiziell - sein Diener. Mir allerdings kamen seine Anweisungen nicht so vor, wie die, die man Dienern erteilt. Zwar mußte ich bedienen, wenn er Gäste hatte, sein Zimmer in Ordnung halten und seine Kleidung bereitlegen - aber dazu brauchte ich nur einen geringen Anteil meiner Zeit. Abends nahm er sich Stunden Zeit, um mit mir zu reden, beantwortete ausführlich meine Fragen und speiste zusammen mit mir an dem Tisch, den ich für uns gedeckt hatte. Außerdem gab er mir seltsame Aufgaben. Ich sollte stundenlang still in meinem Zimmer auf eine Kissen sitzen und das Spiel des Lichts auf dem Fußboden beobachten. Solche Sachen. Auch darüber redeten wir lange.

Er war ein hochrangiger Priester und vertrat den Tempel gegenüber der Regierung des Staates. Seine Gäste kamen, um die Politik des Landes mit ihm zu besprechen. Ich mußte dann schweigen, aber der Herr erwartete, daß ich gut zuhörte und mir jedes Wort merkte, das er mit ihnen wechselte. Auch darüber redetete er mir, erklärte mir, warum er bestimmte Dinge gesagt oder weshalb er geschwiegen hatte. Die Gedanken, die ich mir dazu machte, schienen ihm mit jedem Tag mehr zu gefallen.

Und doch schien mir das alles so merkwürdig unpersönlich. Er hatte etwas mit mir vor, wurde mir klar. Mir fielen einige unerfreuliche Möglichkeiten ein, was das sein könnte. Eigentlich glaubte ich nicht, daß er mir etwas Böses tun könnte, das war nicht seine Art. Trotzdem wurden meine Befürchtungen immer mehr. Schließlich ging ich zu einem Herrn und erzählte ihm davon. Er nickte ernst, schwieg eine Weile und sagte dann:
"Du hast recht, ich habe etwas mit dir vor. Ich habe eine Disziplinübung für dich. Ich werde dir diese Befürchtungen lassen und gebe dir die Aufgabe, sie für eine Woche völlig aus deinem Geist zu verbannen."
Ich nickte. Ich wußte, es war sinnlos, ihn noch einmal darum zu bitten, daß er sagte, was er mit mir vorhatte. Statt dessen überlegte ich, was wohl das Schlimmste sein könnte, das er mir antun könnte. Eine namenlose Angst erwachte in mir, vor etwas, das so schrecklich war, daß ich es nicht wagte, es im Geiste anzurühren. Ich konzentrierte mich auf diese Angst und fragte mich, ob ich damit zurechtkommen könnte, noch einmal das zu erleben, was diese namenlose Angst in mir erschaffen hatte. Mir wurde klar, das ich es konnte und Ruhe breitete sich in mir aus. Dann dachte ich nicht mehr an meine Befürchtungen und wartete ruhig ab, was seine Pläne mit mir waren.

Am Ende dieser Woche kam der König. Wie üblich bediente ich schweigend und versuchte mich möglichst unauffällig zu verhalten. Ich durfte ihm nicht in die Augen sehen. Diesmal allerdings war es schwierig, denn ich spürte, wie er mich ständig aufmerksam beobachtete, während ich so alltägliche Dinge tat wie Wein eingießen und Suppe servieren.

Mit einem Gedanken befahl mir der Herr, mich vor dem König niederzuwerfen. Ich gehorchte und entspannte gewaltsam meine Muskeln, die sich vor Angst völlig verkrampfen wollten. Eindeutig hatten sie über mich gesprochen und hatten irgendetwas vor. Gewaltsam hinderte ich meine Gedanken daran, mir eine ausführliche Sammlung häßlicher Befürchtungen zu präsentieren, was sie alles für schlimme Dinge mit mir vorhaben könnten. Beide sahen schweigend auf mich herab - und da sie im Tempel ausgebildet waren, wußte ich, daß sie meine Gefühle spüren konnten. Ich beruhigte meinen Geist zu völligem Schweigen und wartete ab.

"Steh auf und sieh mich an." befahl der König.
Ich gehorchte und sah ihm ruhig in die Augen. Er berührte sacht meinen Geist und nach kurzer Überlegung ließ ich ihn ein.

Dann verlor ich die Wahrnehmung der äußeren Welt aus meinem Bewußtsein.

In meinem Geist standen wir uns gegenüber. Ich fühlte mich hier größer als er und sehr sicher.
"Warum hast du mich eingelassen?" fragte der König.
"Es erschien mir klüger." antwortete ich.
"Du könntest mich nicht rauswerfen." behauptete er.
"Doch, das könnte ich." entgegnete ich.
"Dann tu das." befahl er.
"Ich könnte dich verletzen." lehnte ich ab.
"Das ist meine Sorge. Versuche mich herauszuwerfen." forderte er erneut.

Ich schwieg nachdenklich, dann machte ich die Grenze meines Geistes nachgiebig und glitschig und beförderte ihn trotz seiner Gegenwehr ganz sacht nach draußen. Er glaubte vielleicht, daß ich keine ernsthafte Gefahr für ihn war. Ich hatte dieses Vertrauen nicht.

Den König kannte ich nicht, aber ich hätte niemanden absichtlich verletzt.

"Mich hat noch niemand so sanft und unwiderstehlich nach draußen befördert." kommentierte der König amusiert.
"Ich hatte Angst, ich könnte dich verletzen. Deshalb habe ich das erfunden." antwortete ich.
Er sah mich überrascht an.

"Der König wird dich prüfen und dir dann eine Frage stellen. Wenn du nicht bestehst oder die Frage mit nein beantwortest, kannst du zu mir zurückkehren." erklärte mein Herr und verließ ohne Abschied den Raum.
Ich folgte dem König in den Palast.

Die Prüfungen bestanden in noch mehr so seltsamen Übungen, wie mein Herr mir immer gegeben hatte und in langen Gesprächen über das, was ich bei diesen Übungen erlebte.

Dann fragte er mich, ob ich im Tempel für die Einweihung ausgebildet werden wolle. Ich beantwortete die Frage ohne jegliches Zögern mit "Ja" und wurde sofort in den Tempel geleitet.

Kersti

Quelle: Erinnerung an eigene frühere Leben


F53. Kersti: Fortsetzung: In tausend Jahren nicht ...
F51. Kersti: Voriges: Der Herr
FI5. Kersti: Inhalt: Einweihung in Mittelamerika
V4. Kersti: Merkwürdige Erfahrungen
EGI. Kersti: Kurzgeschichten
V231. Kersti: Frühere Leben von mir
Z51. Kersti: Erinnerungen an frühere Leben
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben
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Ein Text von Kersti Nebelsiek, Alte Wilhelmshäuser Str. 5, 34376 Immenhausen - Holzhausen, Tel.: 05673/1615, Internetseite: https://www.kersti.de/, Kersti_@gmx.de