4/2010
Schließlich wurden meine Finger und Zehen von den Verbänden und Schienen befreit. Die Menschen sagten mir, daß ich meine neuen Krallen jetzt benutzen darf. Zuerst einmal sah ich mir sie genau an und betastete sie. Sie fühlten sich sehr merkwürdig an, taten aber gar nicht mehr weh. Dann holte ein Lehrer eine Giftflasche aus einer Schublade, in der aber statt Gift rote Farbe war. Er schob die scharfen Krallen raus, schraubte sie so fest und füllte die Farbe in die Giftfächer. Dann zeigte er mir, daß man mit den Krallen rote Striche auf ein Papier malen kann.
Mich faszinierte das, doch als ich es versuchte, gelang es mir zuerst nicht, so schöne gleichmäßige rote Striche zu malen und ich habe ausversehen das Papier zerschnitten. Ich mußte ziemlich üben, bis ich meine neuen Krallen so genau unter Kontrolle hatte, daß ich das konnte, dabei ging Krallen rausstrecken eigentlich genauso wie bei den natürlichen Krallen.
Beim nächsten mal half ich meinem Lehrer bei der Jagd. Ich blieb dicht bei ihm und hielt mich genau an seine Anweisungen, damit ich nicht verletzt wurde. Und er hat immer das gefährlichste gemacht. Aber Angst hatten wir eigentlich keine, wir waren nur vorsichtig und hatten ein unwiderstehliches Bedürfnis Mördervögel zu jagen.
Bei der dritten Jagd, die ich miterlebte, gelang es dem Mördervogel, meinen Lehrer mit den Krallen zu fangen, als er nach seinem Bauch sprang. Ich bin dann auch nach dem Bauch gesprungen und habe es geschafft den Vogel totzubeißen. Und ich habe auch den anderen Mördervogel selber erwischt und die Küken runtergeschmissen.
Aber der Vogel hatte meinem Lehrer den ganzen Bauch aufgerissen. Zuerst haben die Menschen das genäht und ihm Medikamente gegeben, damit er wieder gesund wird - Antibiotika nannten sie die - aber es hat ständig geeitert und er wurde immer kränker und nicht gesunder. Und das obwohl ich den Eiter immer weggeleckt habe.
Da haben sie ihn eingeschläfert. Und sie haben ich nicht mal bei ihm bleiben lassen bis er tot ist. Und wir wußten das natürlich, weil sie ja dachten wir verstehen nicht, was sie sagen.
Quelle: Erinnerung an ein eigenes früheres Leben
Ein Text von Kersti Nebelsiek, Alte Wilhelmshäuser Str. 5,
34376 Immenhausen - Holzhausen, Tel.: 05673/1615,
Internetseite: https://www.kersti.de/,
Kersti_@gmx.de
Da ich es leider nie schaffe, alle Mails zu beantworten, schon mal
im voraus vielen Dank für all die netten Mails, die ich von
Lesern immer bekomme.
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