1/2012

Reinkarnationserinnerung - Niemand braucht Sklavenjungen

F136.

Sprachlosigkeit

"Ich habe mir überlegt, daß es dir vielleicht hilft, wenn du dein Essen nicht kauen mußt. Deshalb habe ich den Koch gebeten, dir eine Suppe zu machen." sagte mir Koris.

Ich nickte und lächelte gerührt darüber, wieviele Gedanken er sich um meine Probleme machte. Tatsächlich ging es mit der Suppe nur wenig besser, aber immerhin wurde ich einigermaßen satt, bevor die Schmerzen ein solches Ausmaß annahmen, daß ich mich nicht mehr überwinden konnte, noch einen Schluck zu nehmen. Als ich fertig war gab mir Koris eine Tasse mit einem seltsam riechendem Gebräu. Ich sah ihn fragend an.
"Das ist von unserer Hebamme. Sie meinte, es betäubt den Schmerz und sollte gleichzeitig verhindern, daß sich die Wunde entzündet. Du sollst damit den Mund ausspülen und gurgeln, aber es nicht herunterschlucken - es ist nicht sonderlich gesund." erklärte er mir.

Die Hebamme - Dinia brauchte eine Hebamme, die sich um ihre inneren Verletzungen kümmerte - aber wie konnte ich DAS sagen? Mir fiel kein Weg ein. Ich nickte schließlich und tat, wie er sagte. Das Zeug schmeckte scheußlich, betäubte die Schmerzen aber tatsächlich ein wenig.
"Und - Alles in Ordnung?" fragte er, als ich so weit fertig war.

Ich schüttelte entschieden den Kopf.
"Immer noch Schmerzen?"
Ich hob eine Hand, schüttelte den Kopf und zeigte durch meinen Gesichtsausdruck, daß ich diese Frage nicht angemessen beantworten konnte.
"Okay - das sind eigentlich zwei Fragen - ich nehme an, Schmerzen hast du noch."
Das bestätigte ich mit einem Nicken. "Aber das eigentliche Problem ist etwas anderes."
Wieder nickte ich.
"Hat sie dir etwas getan?"
Ich schüttelte den Kopf.
"Hat dir jemand anders etwas zuleide getan?"
Wieder schüttelte ich den Kopf.
"Hast du jemanden geärgert?"
Ich schüttelte wieder den Kopf.
"Ja was ist denn sonst los?" fuhr er mich an.

Ich verzog das Gesicht. Das war eine Frage, die ich wirklich nicht beantworten konnte - und es war so wichtig, daß er es erfuhr. Er atmete tief durch und nahm sich zusammen:
"Entschuldige Kanto, es ist nicht deine Schuld. Aber bei solchen Gesprächen möchte ich diese verdammten hirnlosen Idioten, die meinen, es wäre eine gute Idee, einem Sklaven die Zunge herauszureißen, nur damit er ihre kleinlichen Geheimnisse nicht weitererzählen kann, immer am liebsten erwürgen..."
Ich auch.
"Und - es tut mir leid, mir fällt wirklich nichts ein, was ich dich sonst noch fragen könnte. Ich werde darüber nachdenken und hoffe, daß ich darauf komme, wo das Problem liegen könnte, aber jetzt ist es Zeit fürs Training."
Ich nickte unglücklich - aber mir fiel auch nichts ein, womit ich ihm hätte verständlich machen können, daß nicht ich sondern Dinia ein Problem hatte. Deshalb war es sicherlich tatsächlich das Sinnvollste, zum Training zu gehen.

Ich war erschrocken, als ich merkte, wie schlecht ich in Form war, doch Koris lobte mich dennoch sehr. Er hätte gar nicht gewußt, daß ich ein so guter Kämpfer bin, aber er hätte es im Grunde erwarten sollen, er wüßte ja wie gut Kevis als Lehrer wäre. Mich freute, sowohl daß er mich so lobte, als auch, daß er Kevis lobte.

Nach acht Stunden Kampftraining fühlte ich mich zittrig und schwach und wollte eigentlich direkt nach dem Waschen ins Bett, doch Koris bestand darauf, daß ich erst zu Abend aß. Da er damit im Grunde recht hatte, gehorchte ich, obwohl es wieder eine fürchterliche Quälerei war.

Ehe ich fertig war, kam Kevis zu Besuch. Er sah aus, als hätte er die ganze letzte Woche nicht geschlafen - was durchaus möglich war, wenn ich bedachte, wie es damals gewesen war, als der Herr seinem vorherigen Schüler Randi die Kehle durchgeschnitten hatte. Nächtelang hatte er nachts nur geweint und wenn er dann doch einmal eingeschlafen war, hatten ihn seine Alpträume wieder geweckt. Ich wollte weder bemitleidet werden, noch wollte ich, daß er sich Vorwürfe für etwas macht, das zu verhindern er nicht die Macht gehabt hatte. Also lächelte ich ihm zu, stand auf, ergriff seine Hand, drückte sie und lud ihn mit einer Handbewegung ein, sich zu mir zu setzen. Dann lächelte ich ihm freundschaftlich zu.
"Als ich begriffen habe, daß sie mich absichtlich weggelockt haben, damit der Herr unbemerkt an mir vorbei und dich erwischen konnte - und als sie mir gesagt haben, daß sie dir die Zunge und den Penis abgeschnitten haben, da dachte ich mir - jetzt haben sie dir wirklich etwas angetan, wo du lieber gestorben wärest..."
Ich nickte ernst. Das hatte ich mir wirklich zeitweise gewünscht.
"Du mußt mich hassen, daß ich dich so im Stich gelassen habe." meinte er düster.

Ich griff seine Hand, streichelte sie, schüttelte verneinend den Kopf und lächelte ihm zu. Ich hatte nicht darüber nachgedacht, wie sie an ihm vorbeigekommen waren. Dazu war ich zu sehr damit beschäftigt gewesen, mit meinem Schicksal zu hadern. Doch es war von Anfang an klar gewesen, daß es irgendwann herauskommen mußte. Insbesondere, wenn man bedachte, wie unvorsichtig die Herrin gewesen war. Außerdem freute ich mich einfach, daß Kevis mich besuchen gekommen war und damit er es wieder tun würde, mußte ich ihm zeigen, daß er mir willkommen war. Andererseits fand ich es schon komisch, daß er jetzt weinte, obwohl im Grunde ich ein Problem hatte.

Er erzählte mir übrigens etwas, das mich freute: Mein früherer Herr hatte Kanard, den Vernarbten vom Sklavenhändler als Leibwächter für die Herrin gekauft. Damit war Kanards größer Wunsch in Erfüllung gegangen.

Das Kevis ohne ausdrückliche Erlaubnis seines Herrn da war, mußte er bald gehen. Danach bestellte mich Koris in sein Büro und fragte:
"Die junge Herrin hat sich bitter über Zadek beschwert. Glaubst du, er hat ihr etwas getan?"
Ich erinnerte mich, wie sie mich zuerst ausgeschimpft hatte und schüttelte entschieden den Kopf.
"Sie ist einfach nur ein verwöhntes Balg." murmelte er.

Ich schüttelte den Kopf. Sie hatte eine Todesangst - und das machte ihre Reaktionen verständlich, auch wenn sie nicht im Geringsten dazu beitrugen, ihre Probleme zu lösen. Im Gegenteil. Sie hätte Koris davon erzählen müssen, statt ihn wütend zu machen, indem sie einen seiner Männer beschimpfte.
"Aber sie hat dich zuerst beschimpft, als sie dich gesehen hat und jetzt bringt sie gegen Zadek vollkommen haltlose Beschimpfungen vor." versuchte er mir klarzumachen.

Ich drückte durch meine Miene aus, daß das wieder eine der Fragen war, die zu kompliziert waren, um sie ohne Worte zu klären. Wahrscheinlich WAR das Problem, daß sie ein verwöhntes Kind war, überlegte ich. Es wäre vermutlich besser für sie gewesen, sie wäre ein Sklavenmädchen. Zum einen hätte Koris dann ohne große Nachhilfe erkannt, wie hilflos und ausgeliefert sie sich fühlen mußte, zum anderen hätte Dinia dann vielleicht begriffen, in welche prekäre Lage sie Zadek brachte. Zu dem Sklavenmädchen war Dinia ja freundlich gewesen - vielleicht betrachtete sie alle Bewaffneten als Bedrohung und Mitschuldige, ohne sich darüber im Klaren zu sein, wie unsicher die Stellung eines Leibwächters ist. Zumal Zadek sich ja nicht einmal gegen ihre Beschuldigungen verteidigen konnte, weil er stumm war.

Koris beobachtete, während mir diese Dinge durch den Kopf gingen, aufmerksam meine Miene:
"Du magst sie." begriff er plötzlich.

Ich nickte.
"Aber du mußt doch einsehen, daß sie sich völlig danebenbenimmt."
Wieder nickte ich.
"Sie ist ein verwöhntes Balg."
Diesmal nickte ich, drückte aber wieder durch Gesichtsausdruck und Körpersprache aus, daß damit Wesentliches unberücksichtigt blieb. Koris beobachtete mich nachdenklich - schließlich schüttelte er leicht mit dem Kopf und meinte:
"Ich wünschte, ich würde begreifen, was da los ist".
Ich nickte.
"Morgen früh zeige ich dir hier alles, dann übernimmst du die Nachmittagswache bei der Herrin." ordnete er an und schickte mich ins Bett.

Koris führte mich am nächsten Vormittag durch das ganze Haus, zeigte mir jedes Zimmer und stellte mir die Bewohner des Hauses vor. Sorgfältig merkte ich mir, wo ich die Hebamme finden konnte.

Sobald ich am Nachmittag die Wache bei Dinia übernommen hatte und sie mit ihrem Mittagessen fertig war, winkte ich ihr, mir zu folgen. Ich mußte es drei mal machen, ehe sie mir schließlich zum Zimmer der Hebamme folgte.
"Kann ich dir irgendwie helfen, Herrin?" fragte die Hebamme Dinia.
"Ich weiß nicht, Kanto wollte, daß ich hierherkomme." antwortete sie.
"Soll ich sie vielleicht untersuchen?" fragte die Hebamme mich.

Ich nickte entschieden.
"Dann mußt du dich unten frei machen und dich hier auf den Tisch legen." wies die Hebamme sie an und winkte mich raus.
Ich wollte gehorsam gehen, doch Dinia protestierte:
"Nein Kanto soll hierbleiben. Ich will nicht, daß er mich alleinläßt."
"Ich tue dir nicht weh, Mädchen. Ich schaue mir nur an, ob da alles in Ordnung ist." versuchte die Hebamme Dinia zu beruhigen.
"Kanto soll hierbleiben!" bestand sie auf ihrer Forderung.

Ich kniete mich neben sie und hielt ihre Hand, während die Hebamme sich die Vagina anschaute. Sie warf nur einen Blick da hin und holte scharf Luft. Alarmiert sah ich sie an.
"Dieser elende Sadist!"
Ich versuchte der Hebamme klar zu machen, daß ich wissen wollte, wie schlimm es wirklich war. Und das war wirklich kaum möglich ohne Worte. Dennoch schien sie es zu verstehen, nahm mich zur Seite und sagte mir so leise, daß Dinia es nicht hören konnte, daß sie die nächsten Wochen mit keinem Mann schlafen durfte, sonst bestände die Gefahr, daß sie verblutet. Ich nickte ernst - das war ziemlich genau das, was ich erwartet hatte.

Abends als die Nachtwache mich abgelöst hatte, ging ich sofort zu Koris und führte ihn zur Hebamme.
"Was wollt ihr hier?" fragte die Hebamme ihn.
"Kanto hat mich hierhergeführt. Ich nehme an, er will, daß du mir etwas erzählst."
Ich nickte nachdrücklich. Daraufhin erzählte die Hebamme ihm, daß der Herr die junge Herrin lebensgefährlich mißhandelt hatte.
"Ist das dein Ernst? Ich kann einfach nicht glauben, daß er so etwas macht." fragte Koris sie ungläubig.
"Wenn ich es doch sage!" antwortete die Hebamme.
"Das kann er einfach nicht gewollt haben. Kanto, bist du auch dieser Meinung - und war das das Problem, das du mir die ganze Zeit erzählen wolltest?"
Ich nickte auf beide Fragen entschieden.
"Ich werde das mit dem Herrn klären. Ich mache mich sofort auf die Suche nach ihm." versprach Koris.

Ich nickte und ging in das Schlafzimmer der Herrin, denn die Hebamme hatte gesagt, daß Dinia vielleicht sterben würde, wenn der Herr noch einmal mit ihr schläft, bevor die Wunden verheilt sind.

Kersti

Quelle: Erinnerung an ein eigenes früheres Leben


F137. Kersti: Fortsetzung: Die Strafe für Widerspruch
F135. Kersti: Voriges: Dinia oder die Gefahren der Ehe
FI11. Kersti: Niemand braucht Sklavenjungen
VA106. Kersti: Reinkarnation
EGI. Kersti: Kurzgeschichten
V231. Kersti: Frühere Leben von mir
Z51. Kersti: Erinnerungen an frühere Leben
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben
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