erste Version: 1/2016
letzte Bearbeitung: 1/2016

Chronik des Aufstiegs: Mittelalter und frühe Neuzeit - Der an die Kette gelegte Heilige

F669.

Guten Tag, Herr, was führt sie ausgerechnet zu mir? Ich bin ihnen doch sicherlich zu lädiert mit nur einem Bein und dieser häßlichen Narbe im Gesicht

Vorgeschichte: F668. Kersti: D

Der Heilige erzählt:
Eines Tages kam so ein Typ zu der Gastwirtschaft geritten, der offensichtlich noch nicht gehört hatte, daß man in Städten nicht galoppiert, damit man keine Fußgänger umreitet. Er war ebenso offensichtlich auch nicht bereit gewesen, sein Tier den letzten Teil einer anstrengenden Tagesstrecke im Schritt zu reiten, damit es trocken ist, wenn es angebunden wird und nicht krank wird. Daß sich einer der Burschen des Hauses des Tieres annahm, es tränkte und trockenrieb, schien er nicht einmal zur Kenntnis zu nehmen, bis er gefragt wurde, ob es auch gefüttert werden sollte. Das arme Tier ließ erschöpft den Kopf hängen.

Da der Mann sich sofort an den Tisch setzte und zu essen bestellte, hatte er es offensichtlich auch nicht eilig gehabt. Und zu der jungen Bedienung war er genauso unfreundlich wie zu seinem Pferd, indem er über jeden Handgriff, den sie machte, meckerte. Das führte natürlich dazu, daß sie verunsichert war und tatsächlich Fehler machte, wie man sie sonst nicht von ihr kannte. Der Tisch war ihm zu wackelig und nicht sauber genug, das Essen zu bäuerlich, die Bedienung nicht schnell genug und daß es hier Kinder gab, war sowieso eine Zumutung.

Ich fand ihn so unsympathisch, wie es nur geht und das lag nicht an seinem albernen Aufzug. Er war nämlich geschminkt und parfumiert.

Gerade als ich mit meiner abendlichen Geschichte für die Kinder beginnen wollte, kam dieser Mistkerl auch noch zu mir und baute sich vor mir auf. Ich lehnte mich zurück.
"Guten Tag, Herr, was führt sie ausgerechnet zu mir? Ich bin ihnen doch sicherlich zu lädiert mit nur einem Bein und dieser häßlichen Narbe im Gesicht." sagte ich und grinste ihn an.
"Das Lachen wird dir schon noch vergehen du Halunk!"
"Und warum genau sollte das passieren?" fragte ich zurück.
"Weil ich von der Inquisition bin."
"Aha. Dann haben sie doch sicherlich auch einen Paß, mit dem sie das beweisen können?" sagte ich in meinem besten Paßkontrolleurtonfall.
"Allerdings!" sagte er und hielt mir den Paß vor die Nase.
Ich nahm ihn entgegen. Offensichtlich war er überrascht, daß ich ihm die Papiere aus der Hand nahm, um sie zu prüfen. Ich prüfte das Siegel und sagte laut, zu welcher Diözese es gehörte, dann las ich jedes Wort im Paß laut vor, damit die Wache wußte, was sie zu melden hatte. Daß ich lesen konnte, schien den Mann noch mehr aus dem Konzept zu bringen. Natürlich hatte ich das auch erst vor kurzem gelernt und war darin noch nicht sehr gut. Aber um die paar Worte in einem Paß zu entziffern, reichte es allemal. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie mein Junge einem seiner Männer den Wink gab, Meldung zu machen, als ich den Paß mit den Worten "Das scheint ja alles seine Ordnung zu haben." zusammenfaltete.

"So und womit kann ich ihnen jetzt dienen, Herr?" fragte ich und lächelte ihn an.
"Es geht um ihre alberne Behauptung, daß sie ein Heiliger wären."
Wie kam er plötzlich dazu mich zu siezen?
"Diese Behauptung habe ich nie aufgestellt, sondern die Leute angefleht, sie mögen doch mit ihrer albernen Heiligenverehrung aufhören, damit ich nicht mehr bei Frost auf dem Marktplatz angekettet werde. Statt mir zu glauben, daß ich kein Heiliger bin, haben sie behauptet die Liebe Gottes würde mich wärmen, daher bräuchte ich keine Decke und Gott würde mich nähren, daher bräuchte ich kein Brot. Erst als Leute von einem Nachbarort mir das andere Bein abhacken wollten, um mich in ihre Stadt zu entführen, wurde mir ein Zimmer zugewiesen, bei dem glücklicherweise auch Malzeiten inbegriffen sind. Ich bin lediglich ein Kriegsgefangener, der von der Stadt, die ihn gefangen hat, zu deren Bereicherung ausgestellt wird." gab ich zurück und zeigte die Kette an meinem Bein, die mal wieder die Haut aufgescheuert hatte. Ein lästige Phänomen.
"Und warum behaupten dann alle, daß du ein Heiliger bist?"
"Um das herauszufinden, würde ich zu einer Umfrage in dieser hübschen Stadt raten. Ich habe die Leute gewiß nicht absichtlich dazu ermutigt, daher können sie auch nur selber wissen, was sie zu solch erstaunlichen Behauptungen veranlaßt." gab ich grinsend zurück.

Er nahm grummelnd sein Pferd und ritt es wieder zu schnell zum Pfarrhaus. Wenn er nicht aufpaßte würde das Tier noch stürzen und sich die Beine brechen.

Kersti

Fortsetzung:
F700. Kersti: D

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben

EGI. Kersti: Erinnerungen aus diesem Leben, aus früheren Leben und aus feinstofflichen Welten
V231. Kersti: Frühere Leben von mir
FI22. Kersti: Inhalt: Der an die Kette gelegte Heilige

Ein Text von Kersti Nebelsiek, Alte Wilhelmshäuser Str. 5, 34376 Immenhausen - Holzhausen, Tel.: 05673/1615, https://www.kersti.de/, Kersti_@gmx.de
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