erste Version: 1/2016
letzte Bearbeitung: 1/2016

Chronik des Aufstiegs: Die Pforten der Hölle - Seelengeschwister aus der Hölle

F678.

Wie kommt ein Mensch dazu durchzudrehen, nur weil jemand anders weint?

Vorgeschichte: F677. Kersti: D

Geron erzählt:
Wie ich vermutet hatte, kam Ignaz fast sofort, daß ich Zeit fand, mich vorher anzuziehen, war aber auch alles. Und dieser blöde Kopf tat immer noch weh und fühlte sich so verschwommen an.

Ich ließ ihn ein, bot ihm einen Platz an und schob den Schreibtisch mit den Worten, daß ich das ja jetzt nicht mehr bräuchte, wieder an seinen Platz zurück. Er fragte mich, ob ich Mira dabeihaben wollte und rief sie herein, sobald ich ja gesagt hatte.

Er leitete das Gespräch ein, indem er meinte, daß er aber schon wissen wollte, warum ich mich zwei volle Tage in mein Zimmer eingeschlossen hätte.
"Ich habe gar nicht gemerkt, daß es zwei Tage waren, denn ich habe fast die ganze Zeit geschlafen." sagte ich.
"Warst du denn so müde?"
"Nach dem ersten Tag habe ich vor Müdigkeit geweint, als ich mich schlafen gelegt habe." antwortete ich.
"So etwas mußt du aber melden, Kindchen. Das ist ein Zeichen von massiver Überforderung."
"Ich fand das normal. Ich habe auf den Feldern oft gearbeitet, bis ich vor Müdigkeit geweint habe." antwortete ich.
"Ich kann mir aber nicht vorstellen, daß deine Mutter dich dazu gezwungen hat." meinte er.
"Hat sie auch nicht. Aber wenn ich es nicht gemacht hätte, hätten wir gehungert. Schließlich muß zu einer bestimmten Zeit gesät und geerntet werden." erklärte ich.
"Mein Gott, Kind, du hast dir ja die ganze Verantwortung für deine Familie auf die Schultern geladen."
"Was sollte ich tun? Meine Mutter war überfordert und mein Bruder hat das einfach nicht gemacht. Also habe ich gesehen, daß ich es irgendwie schaffe." sagte ich.
"Ja. Das Leben der armen Leute kann wirklich hart sein."
"Wir sind nicht arm. Arm sind die, die auf der Straße leben." antwortete ich.
"Das ist Gesindel."
"Das stimmt so nicht. Da gibt es auch ganz fleißige und anständige Leute. Zu uns kommt manchmal im Winter ein Mann, der all die Arbeiten erledigt, für die ich nicht stark genug bin und der ist anständig."
Ich erzählte ihm ein bißchen von dem, was der Mann über sein Leben erzählt hatte und wie es kam, daß er auf der Straße gelandet war. Der Ordensmeister meinte, ja es gäbe da schon anständige Menschen.

"Aber wie auch immer. Bei Feldarbeit ist Müdigkeit kein Sicherheitsrisiko, weil Bauern normalerweise nicht am Abend nach getaner Arbeit überfallen werden. Für einen Ritter aber schon, denn wir tun eine Arbeit, wo wir jederzeit die Reserven haben müssen, um uns im ungünstigt möglichen Zeitpunkt noch zu verteidigen und danach eventuelle Wunden selbst zu versorgen. Und du wirst das ab heute auch nicht mehr tun, denn auch wenn wir nicht wissen, warum sie dich angegriffen haben, hatten die Leute hinter den falschen Freunden deines Bruders es eindeutig auf dich abgesehen und du mußt von heute ab jederzeit damit rechnen, daß sie auskundschaften, wann du am angreifbarsten bist und dich dann fertigmachen. Daß du zu vorhersehbaren Zeiten zu Tode erschöpft bist, darf dir einfach nicht mehr passieren." meinte er.
Da diese Anweisung mir vernünftig erschien, bestätigte ich, daß ich mich daran halten würde.

Dann erzählte ich, daß ich am zweiten Abend schon vor der letzten angesetzten Vernehmung so müde war wie am Vortag und mir deshalb vorgenommen hatte, die Vernehmung abzusagen.
"Das war klug von dir."
"Ja, aber dann kam Igor an und meinte, daß er mir etwas sagen müßte. Ich habe gesagt, daß ich jetzt nicht hören will, weil ich zu müde bin aber er ist trotzdem mit auf mein Zimmer gekommen und hat erzählt daß mein Bruder tot ist. Und dann konnte ich natürlich gar nicht mehr anders als weinen, aber es war, weil ich zu müde war, sonst nichts. Er hat mir gesagt, ich solle nicht weinen, mein Bruder wäre das nicht wert. Das hat es aber natürlich nicht besser gemacht."
"Man könnte sich aber schon fragen, ob es so nicht besser ist." meinte er.
"Ja, mein Bruder. Mal will man ihn erwürgen, weil er die ganze Familie in Gefahr bringt und sich vor aller Arbeit drückt, außerdem hat man ihn lieb, weil er nun mal der Bruder ist, man macht sich Sorgen um ihn, weil seit Jahren absehbar ist daß es ungefähr so mit ihm enden wird, wie es nun tatsächlich geendet hat. Aber wenn man so viele verschiedene Gefühle für einen einzigen Menschen hat, dann wird das dadurch aber nicht einfacher, damit umzugehen, sondern schwieriger." sagte ich.
"Das ist wohl wahr. Entschuldige, so etwas hätte ich nicht sagen sollen. Aber ich mache mir halt Gedanken was aus eurer Familie wird."
"Das ist ganz einfach. Meine große Schwester sollte ihren Freund heiraten. Das ist der Gerd Schreiber, ein Schreinergeselle und ein ganz fleißiger und anständiger Mann. Dann kann er den Hof übernehmen und der kriegt das schon hin, er ist schließlich selbst auf einem Bauernhof aufgewachsen. Wenn sie nicht selbst drauf kommt, werde ich ihr das vorschlagen." antwortete ich.
"Das klingt praktikabel. Ich werde dafür sorgen, daß es abgesegnet wird, sobald wir gefragt werden." sagte er.
Ich erzählte dann weiter, wie mein Lehrer immer mehr ausgetickt ist und mit schließlich den Beistelltisch an den Kopf schlug.
"Wo hat er dich getroffen?"
Ich zeigte ihm die große, unter meinem Haar verborgene Beule.
Er tastete die Beule hurz ab und meinte dann:
"So etwas kann lebensgefährlich sein. Ich schicke dir gleich einen Arzt."
Auf meine Frage erfuhr ich daß Igor, mein Lehrer so etwas noch nie gemacht hatte und sich wohl auch niemand vorstellen hätte können, daß er so etwas tut. Na ich auch nicht. Es war so untypisch für ihn und so bizarr, daß ich es selber kaum glauben hätte können, wenn mich die Kopfschmerzen nicht daran erinnern würden, daß er es tatsächlich getan hat. Wie kommt ein Mensch dazu durchzudrehen, nur weil jemand anders weint?

In dem Augenblick kam Igor herein und fragte, was hier los war.
"Du kommst mit." meinte der Ordensmeister und verließ mit ihm den Raum.
Ehe wir viel tun konnten, tauchte mein Lehrer wieder auf und beschwerte sich, was ich mir denn dabei denken würde, solche Lügenmärchen zu erzählen. Ich bat Mira, rauszugehen, weil das eine Angelegenheit zwischen uns beiden sei, dann sagte ich ihm die Meinung. Er brüllte zurück und seine Antworten waren gewissermaßen erschreckend, denn sie bewiesen, daß er sich nicht einmal erinnerte, was er getan hatte. Ich ließ mich nicht einschüchtern, sondern, wenn er versuchte mich zum Schweigen zu bringen, brüllte ich einfach zurück. Er hörte mir nicht zuende zu, sondern stürmte irgendwann stinksauer aus dem Zimmer raus. Ich lief nicht hinterher, fand, daß er sich gerade benahm wie ein Dreijähriger und lud Mira wieder ins Zimmer ein. Sie fragte mich dann, ob ich denn keinen Hunger hätte. Ich hatte keinen, aber wenn man sich überlegte, daß ich jetzt fast zwei volle Tage nichts gegessen hatte, war es wahrscheinlich wirklich Zeit, mal etwas zu essen. Deshalb gingen wir dann zusammen in die Küche, die wir Jugendlichen benutzen durften, schmierten zuerst ein paar Brote und Mira begann mir etwas zu essen zu kochen. Beim Essen merkte ich, daß ich wirklich einen Bärenhunger hatte und schmierte noch mehr Brote.
"Paß aber auf, daß du nachher, wenn das essen fertig ist, noch Hunger hast!" meinte sie.
"Keine Sorge, das schaffe ich auch noch!" antwortete ich.
Während des Essens tauchte auch Dirk auf und hörte sich an, was ich über die letzten Tage zu erzählen hatte.

Noch bevor ich ganz fertig war, hörte ich den Arzt nach mir rufen. Das hatte ich ganz vergessen. Mira sagte ihm, wo ich bin und er kam herein. Wie der Ordensmeister tastete er zunächst meinen Kopf ab. Dann fragte er mich, wie das denn passiert war. Ich erzählte die ganze Geschichte noch einmal. Dann begann er furchtbar zu schimpfen, warum man ihn denn nicht früher gerufen hätte, um so etwas müßte sich sofort ein Arzt kümmern. Ich erklärte, daß ich die ganze Zeit nur geschlafen hätte, deshalb hatte ich ihn gar nicht rufen können, das hätte Igor tun müssen und der konnte sich offensichtlich nicht einmal daran erinnern.
"Er kann sich nicht daran erinnern? Wie kommst du denn da drauf?"
"Er glaubt mir einfach nicht, daß es passiert ist!"
"Wenn du gegen den Schrank gelaufen wärest, wie er behauptet hat, wäre die Beule vorne, nicht an der Seite vom Kopf unter den Haaren verborgen."
"Das weiß ich doch."
"Wenn er sich nur ein bißchen anders getroffen hätte, wärest du jetzt tot! Was hat sich der Idiot nur dabei gedacht?"
"Er wirkte als wäre er völlig in Panik geraten. Ich glaube nicht daß da ein vernünftiger Gedanke in seinem Kopf war, sonst hätte hier doch merken müssen, wie irrational das ist, was er tut."
"Dem werde ich was erzählen."
Ich hatte meine Zweifel, daß das irgendetwas bewirken konnte.

"Jedenfalls gilt für dich jetzt strengste Bettruhe." meinte er.
"Ich gehe aber nicht in das Zimmer zurück. Ich will wo schlafen, wo er nicht so einfach hin kann."
"Also gut, ich kümmere mich darum und lasse dich dann abholen. Du bleibst hier, ist das klar?"
Ich nickte und bereuhte es sofort, weil ich mich gleich wieder benommen fühlte. Dieser verdammte Kopf!
Der Arzt ermahnte meine Freunde noch einmal, daß sie aufpassen sollte, daß ich sitzen bleibe, bis mich jemand abholen kommt, um mich ins Bett zu bringen, dann ging er weg.

Ehe derjenige kam, der mich letztlich ins Bett brachte, kam noch einmal Igor vorbei und diesmal entschuldigte er sich und wirkte irgendwie kleinlaut. Ich sagte ihm, daß ich wußte, daß das was passiert war, nicht das war, was er wirklich wollte.

Sie wiesen mir ein Bett in der Krankenstation zu, weil man da niemand ohne Erlaubnis des Arztes reinkam. Ich fand das gut und mußte innerlich schmunzeln, weil daran denken mußte, wie der Arzt nach meiner Verbrennung Igor rausgeworfen hatte, die versucht hatten, gegen ärztliche Anweisung ein Krankenzimmer zu betreten.

Kersti

Fortsetzung:
F679. Kersti: D

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben

EGI. Kersti: Erinnerungen aus diesem Leben, aus früheren Leben und aus feinstofflichen Welten
V231. Kersti: Frühere Leben von mir
FI21. Kersti: Inhalt: Seelengeschwister aus der Hölle

Ein Text von Kersti Nebelsiek, Alte Wilhelmshäuser Str. 5, 34376 Immenhausen - Holzhausen, Tel.: 05673/1615, https://www.kersti.de/, Kersti_@gmx.de
Da ich es leider nie schaffe, alle Mails zu beantworten, schon mal im Voraus vielen Dank für all die netten Mails, die ich von Lesern immer bekomme.
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