erste Version: 3/2019
letzte Bearbeitung: 3/2019

Frühe Aufstiegsversuche auf der Erde: Der Ameisenwissenschaftler, der die Vampire erschuf

F1265.

Sezieren

Vorgeschichte: F1264. Kersti: Die Menschenlarve

Der Ameisenwissenschaftler erzählt:
Da ich nach meiner Ausbildung erforschen sollte, wie man für besondere Aufgaben noch bessere Arbeiterinnen machen konnte, und in welchem Maße es gut war, dabei Mischlinge von Menschen und Ameisen zu erzeugen, sollte ich zuerst lernen, wie Menschen und Ameisen von innen aussehen.

Deshalb ließ die Königin sich eine Arbeiterin schicken, die durch einen Unfall so schwer verletzt worden war, daß sie nicht mehr arbeiten konnte. Sie meldete sich noch am selben Tag bei uns und fragte, die Königin, was sie von ihr wolle. "Das ist ein Wissenschaftler, und er muß jetzt lernen, wie eine Arbeiterin von innen aussieht, damit er nachher bessere Arbeiterinnen machen kann. Deshalb wollen wir dich aufschneiden und von innen anschauen." erklärte die Königin. "Und wenn ihr das macht ist das gut für den Staat?" fragte die Arbeiterin. "Ja. Wir brauchen neue Arbeiterinnentypen, um uns gegen die Menschen behaupten zu können." erklärte die Königin. "Gut. Was muß ich jetzt tun?" fragte die Arbeiterin.

Die Königin betrachtete kurz die Stümpfe des zerschmetterten linken Arms und Vorderbeins, die notdürftig mit Chitinpflastern verschlossen waren und befahl:
"Leg dich so auf dieses Bett, daß wir dein linkes Hinterbein gut abschneiden können."

Die Arbeiterin gehorchte und sah interessiert zu, als ich mich an die Arbeit machte und es mit einer Handkreissäge abschnitt und den Stumpf mit einem Chitinpflaster verschloß.

Während ich die Chitinhülle des Beins auf Anweisung der Königin der Länge nach aufschnitt, mir die Muskeln im Inneren ansah, half die Arbeiterin uns mit ihrer verbliebenen Hand, wann immer wir eine zusätzliche Hand brauchten. Die Arbeiten, die eine größere Fingerfertigkeit erforderten, übernahm der Mensch mit seinen unglaublich vielen unglaublich geschickten Fingern.

Ich habe mich bei der Arbeit gerne mit der Arbeiterin unterhalten, die wir seziert haben. Nur mußten wir ihr öfter sagen, daß sie so richtig war, mit all den abgeschnittenen Körperteilen. Sonst hätte sie sich falsch gefühlt - und das ist ein schreckliches Gefühl.

Wir brauchten vier Wochen, bis ich alles kennengelernt hatte und wir sie schließlich töteten und auch Brust und Kopf von innen untersuchten. Ich fand es schade, daß ich dann nicht mehr mit ihr reden konnte.

Am Tag darauf erklärte mir die Königin, daß ich jetzt den Menschen sezieren sollte, der uns immer geholfen hatte, denn er war so alt, daß er bald sowieso nicht mehr würde arbeiten können. Ich holte ihn also zur Arbeit ab.

Die Königin erklärte ihm nicht wie üblich zuerst, was sie mit ihm vorhatte, sondern befahl ihm einfach, daß er sich auf die bereitstehende Behandlungsliege legen sollte. Auch seine Fragen, was wir von ihm wollten, was wir mit ihm vorhatten, beantwortete sie nicht.

Mich verwirrte das, denn es war ja offensichtlich wie falsch er sich jetzt fühlte, und wenn sie ihm erklärt hätte, warum wir ihn sezieren wollten, hätte er sich doch bestimmt besser gefühlt, oder?

Dann sollte ich ihn auf der Liege festschnallen. Ich gehorchte und achtete darauf, die Riemen nicht zu fest zu ziehen. Während Ameisen die Knochen außen um die Muskeln herum haben, sind bei Menschen die Muskeln außen und die Knochen innen. Sie können deshalb sehr leicht verletzt werden.

Wie befohlen schnitt ich ihm dann den einen großen Zeh ab. Er schrie auf. Ich zuckte zusamen, als ich dieses Geräusch hörte und fragte warum er schrie. "Weißt Du nicht wie weh das tut?" brüllte er mich zornig an.

Ich hatte tatsächlich nicht daran gedacht, daß es ihm wehtun könnte. Ameisenarbeiterinnen können keine Schmerzen fühlen. Nur ich kann es, weil ich Menschengene habe. Und die Königin kann es, weil sie Königin ist. Menschen können es natürlich auch, aber ich hatte einfach nicht daran gedacht. Wie er es mir beigebracht hat, entschuldigte ich mich.

Dann befreite ich ihn von den Fesseln und die Königin erklärte ihm, wie er den Zeh untersuchen sollte. Doch zu meiner Verblüffung weigerte er sich mit der Begründung, daß wir doch wahnsinnig seien, so etwas von ihm zu verlangen.
"Gut. Dann hol sein Kind. Die soll das dann tun." antwortete die Königin. "Nein, um Himmels Willen, erspar ihr diesen Anblick! Ich mache das lieber selber." protestierte der Mensch da.

Noch verwirrter starrte ich ihn an. Warum durfte das Kind das denn nicht sehen? "Also gut. Dann fang an." antwortete die Königin.

Da brach er in Tränen aus.

Wir hatten doch getan, was er wollte - warum weinte er jetzt? Immerhin wußte ich inzwischen, was man tut wenn jemand weint. Ich nahm ihn in die Arme, wie er immer sein Kind.
"Jetzt fühlst du dich bestimmt ganz falsch ... und ich weiß, was das für ein schreckliches Gefühl ist." sagte ich.

Der Mensch warf mir einen irritierten Blick zu.
"Was habt ihr mit mir vor?" fragte er.

Ich erklärte es ihm und statt daß er - wie es normal gewesen wäre, zufrieden war daß es gut für den Staat war, begann er erst richtig zu weinen.
"Warum tut ihr mir das an? Habe ich euch nicht ein ganzes Leben lang treu gedient?"

Ich verstand die Welt nicht mehr. Was meinte er mit dieser Frage? Natürlich hatte er sein ganzes Leben lang treu gedient. Das macht doch jeder! Warum wollte er nicht seziert werden? Wollte er plötzlich nicht mehr dienen? Und warum nicht? Es war doch gut für den Staat!

Ich merkte wie ich plötzlich diese komischen Geräusche von mir gab, die Menschen weinen nennen. Ich mochte ihn doch und ich wollte nicht, daß er sich falsch fühlte. Das war doch ein so schreckliches Gefühl. Aber mein eigenes Weinen verwirrte mich noch mehr und vermittelte mir das Gefühl richtig falsch zu sein - denn Ameisen weinen nicht. Sie können es gar nicht. Warum mußte ich immer weinen, wenn ich Menschen weinen hörte? Und warum fühlt man sich dabei so schrecklich falsch?

Die Wochen, in denen ich ihn seziert habe, waren einfach nur schrecklich.

Ich merkte, daß ich den Menschen nicht verstand - nicht annähern. Er tat lauter verwirrende komische Dinge und fühlte sich falsch und ich wußte nicht warum. Und ich fühlte mich auch falsch und merkte daß der Mensch mich nicht verstand. Und nicht einmal die Königin verstand mich.

Kersti

Fortsetzung:
F1266. Kersti: Die ungelernte Pflegemutter

Quelle

Ein früheres Leben von mir, das ich zuerst in der zweiten Emailrunde (2004-2005) zusammen mit einem inkarnierten Luzifer-Anteil erinnert habe
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben