F1476.

Dira hatte sowieso ein Händchen dafür, Aufgaben klug zu delegieren und dabei ihre Autorität so zu wahren, daß niemand auf den Gedanken kam, sie in Frage zu stellen

Vorgeschichte: F1468. Teros LZB99-973-12: Ich war völlig mit meiner Sorge um Jender beschäftigt und hatte Angst daß er sterben oder nicht rechtzeitig aufwachen würde

Teros LZB99-973-12 erzählt:
Ich war noch nicht ganz in die Formation eingeschwenkt da funkte mich ein Krieger vom Führgungsschiff aus an. Es war Simon XZB12-98-20 und er überspielte mir den augenblicklichen Stand des Schlachtplanes, wies mich an den anzusehen, zu verstehen und Verbesserungsvorschläge einzureichen. In den nächsten Tagen würde es für mich jeden Tag mindestens eine Simulation geben, in der ich üben sollte, richtig zu kämpfen.

Ich bin nicht wie die Krieger, die an diesen Simulationen richtig Spaß haben und schon Raumschlacht gespielt haben, ehe ihnen erlaubt worden war, mehr als nur Fußsoldaten zu sein, die immer da kämpfen mußten, wo sich sonst keiner hinwagt. Simon hatte nicht die Macht, mir Befehle zu erteilen, aber er hatte recht und das war viel wichtiger. Ich wurde gerade in eine Schlacht geschickt und damit ich das überleben konnte, mußte ich kämpfen können. Ich machte also so viele Simulationen mit, wie die gezüchteten Krieger von mir wollten.

Die Menschen meiner Zuchtlinie die tatsächlich als Ingenieure arbeiteten und nicht als Gehirnschiff wie Jender oder Petos LZB103-890-17 sagten manchmal, daß sie so viel aber nun wirklich nicht üben konnten, weil sie auch noch ihre Arbeit erledigen mußten, aber damit hatten sie ja auch recht. Schließlich muß ein Schiff richtig gewartet werden, damit es für einen Kampf geeignet ist. Die Krieger sahen das theoretisch auch ein, aber eben nur theoretisch. In der Praxis hörten sie einfach nur auf uns, wenn wir darauf bestanden, schienen aber ansonsten davon auszugehen, daß die Schiffe auch dann völlig funktionstüchtig blieben, wenn man einfach nur fleißig kämpfen trainiert und alles andere vergißt.

Außerdem stellte ich ziemlich schnell fest, daß die Krieger taktisch tatsächlich besser waren als wir Techniker. Wir waren nach unseren Intelligenztests drei mal so intelligent wie sie. Sie konnten nicht direkt auf die Schiffselektronik zugreifen, gewannen aber doch meist diejenigen Schlachten, wo sie gegen Gehirnschiffe antraten. Das kratzte an meinem Stolz und ich begann mehr zu üben, als sie von mir verlangten. Es mußte doch möglich sein, einen XZB12 auch zu besiegen! Besonders wenn ich den besseren Zugriff auf die Elektronik hatte! Es war halt wie immer. Wenn man sich gründlich in etwas einarbeitet, bis man es beherrscht, fängt es an Spaß zu machen.

Die meisten Freigeborenen schienen ein Kampftraining für völlig unnötig zu halten. Eine Ausnahme bildeten die Leute von diesem einen Stern, mit dem wir seit neuesten verbündet waren. Deren Kronprinzessin Dira von Leuenhorst zwang ihre unwilligen Untergebenen, alle Zuchtmenschenübungen mitzumachen. So wie mir das die LZB-Techniker von ihrem Schiff erklärten, wußten ihre Freigeborenen nicht, daß sie nicht gegen Computer trainierten sondern gegen uns, aber sie meckerten trotzdem, weil sie richtig trainieren mußten. Die Leute von Diras Planeten waren da noch am fleißigsten und man hatte den Eindruck, daß dort ein wenig meckern zwar zum guten Ton gehörte, sie aber im Grunde schon einsahen, daß regelmäßiges Training notwendig ist. Der Kronprinz, der ja eigentlich ein Zuchtmensch war, auch wenn wir das niemandem erzählen durften, hielt es genauso wie Dira, nur wußte er natürlich, daß er an Zuchtmenschenübungen teilnahm. Die anderen freigeborenen Offiziere schienen ein sinnvolles Kampftraining ernsthaft für unnötig zu halten. Ich weiß nicht, wie sie dazu kamen, offensichtlich brauchte man ja - wie Diras gutes Beispiel zeigte - nicht die Intelligenz von Zuchtmenschen, um die Weisheit solcher Übungen zu erkennen, wenn man in die Schlacht zieht.

Die Mühe machte sich bezahlt, denn wir gewannen letztlich gegen eine dreifache Übermacht. Und die Drachen die auf dem Planeten lebten ließen wir am leben, schließlich sind wir keine Freigeborenen, die jeden zu Tode foltern, den sie nicht völlig unterdrücken können!

Treron, der erste Offizier des größten Zuchtmenschenschiffes hatte während der Schlacht den Befehl an sich gerissen. Das war seine Aufgabe, da auf seinem Schiff nur der Kapitän ein Freigeborener war und es daher für ihn einfach war das Schiff zu befehligen, wenn die Umstände es erforderten. Sein Kapitän hatte darauf sehr empört reagiert und während er unpäßlich war, hatte Treron XZB12-5-13 Deton LZB99-1879-1 auf ein anderes Schiff versetzt und Jender zum offiziellen Kapitän gemacht. Was Treron so schön mit "unpäßlich" umschrieb, war eigentlich nur Unvernunft, denn selbst als man ihm klar gemacht hatte, daß sein Kabinenarrest erst endet, wenn er es schafft, höflich zu seinen Untergebenen zu sein, verbrachte er einige Stunden damit jeden zu verfluchen, der ihn durch die Kabinentür ansprach und niemand mußte die Tür aufmachen, weil er ja drinnen einen Nahrunsmittelautomat hatte, mit dem er sich zwar einfache aber völlig ausreichende Malzeiten ziehen konnte. Kein Freigeborener wäre in der Lage gewesen, die Schlacht auf eine Weise zu befehligen, mit der wir sie auch hätten gewinnen können. Dazu fehlte ihnen einfach die Intelligenz und auch wenn ihr Kapitän nicht so häufig geübt hatte, wie seine Untergebenen wollten, war es oft genug gewesen, daß er nicht hatte übersehen können, wie groß der Unterschied im taktischen Können war. Daher wäre es klug gewesen, wenn er einfach still neben seinem ersten Offizier sitzen geblieben wäre und versucht hätte, wie der Chef auszusehen. Dira hatte das tadellos hinbekommen, ohne daß jemand von ihren freigeborenen Offizieren auch nur vermutet hätte, daß ihr erster Offizier gerade das Schiff befehligte, was er natürlich getan hatte, weil sie gar nicht intelligent genug war, um Trerons Schlachtplan umzusetzen. Dira hatte sowieso ein Händchen dafür, Aufgaben klug zu delegieren und dabei ihre Autorität so zu wahren, daß niemand auf den Gedanken kam, sie in Frage zu stellen.

Wir hatten jedem Freigeborenen eine Aufgabe zugeteilt, die er gerade so noch erfüllen konnte und den Rest der Pläne selber umgesetzt, schließlich saßen auf jedem Schiff inzwischen genug Zuchtmenschenoffiziere, daß das mehr oder weniger gut ging.

Kersti

Fortsetzung:
F2008. Danis LZB97-108-2007: "Danis, du bist doch auch ein Sklave." antwortete der XZB12 mild und ich kam mir sofort richtig bescheuert vor

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben