F1514.

Diese sanfte Umarmung von einem Menschen, der um ein Vielfaches stärker war als ich, tat mir unendlich gut und ich weinte lange

Vorgeschichte: F1513. Danien Wolf: Ich konnte mir nicht vorstellen, daß Zuchtmenschen die Fantasie fehlte, um Verschwörungstheorien zu erfinden, daher mußte der Grund für ihr Schweigen woanders liegen

Danien Wolf erzählt:
Direkt danach suchte ich Serris XZB12-112-25 auf, einen Zuchtmenschen der Kriegerzuchtlinie. Er sagte mir gleich beim Betreten des Zimmers:
"Ich habe mich etwas gewundert, daß ich immer noch nicht das Zimmer verlassen durfte. Man sollte annehmen, daß es für unsere Aufgabe nötig ist, miteinander zu reden."
"Das ist wahr. Es hatte aber seine Gründe." antwortete ich, gab ihm ein Beispiel für meine eigenen krausen Verschwörungstheorien und erklärte, daß ich mit einem regelrechten Sturm solcher Ideen überschwemmt worden war und es für besser gehalten hatte, daß ich als jemand, der durch diese Phase schon durch ist, einzeln mit den Leuten darüber rede, da ich befürchtet hatte, daß mir die Angelegenheit dann so aus den Händen gleitet, daß ich es nicht wieder einrenken kann.
"Stimmt, mir ist auch so etwas eingefallen. Ich hielt es nur für undiplomatisch, das in Reichweite der Überwachungsanlagen zu äußern, schließlich war es genau so ein offensichtlicher Unsinn wie deine Idee." antwortete Serris.
Offensichtlich sind Krieger immer direkter als Techniker, selbst wenn es sich um Zuchtmenschen handelt. Meine Sekretärin bat ihn, zu entschuldigen, daß ich mich vorher nicht bei ihm gemeldet hätte, um mich zu erklären und erzählte, daß ich bis spät in die Nacht gearbeitet hatte, um wirklich jeden Tag alle Emails zu beantworten. Das hatte ich tatsächlich getan, denn ich wußte, wie sehr einen solche Ideen quälen konnten, selbst wenn man sich beinahe sicher war, daß die neue furchtbare Idee genau so ein Unsinn war wie die direkt vorhergehende und daß man auch ohne äußere Hilfe darauf kommen würde, warum das nun wirklich überhaupt nicht stimmen konnte.
"Mach dir keine Gedanken darum. Ich bin auch durchaus in der Lage, mich in Geduld zu fassen, wenn das für eine gute Sache nötig ist." antwortete Serris.
Ich hatte wieder einmal Kelo vor Augen, wie er sagte, er würde auch Aannanns Gästen gerne als Nahrung dienen und danach bis zu seinem Tod genauso war wie immer. Zuchtmenschen waren besser in der Lage, ihre Gefühle zu regulieren und offensichtlich auch immer bessere Diplomaten als Freigeborene, unabhängig davon wo sie von wem gezüchtet wurden. Den letzten Gedanken sprach ich auch aus.
"Das stimmt. Allerdings hast du, indem du den Echsen klar gemacht hast, daß sie sich selber schaden, wenn sie Menschen essen, eine wirklich großartige diplomatische Leistung hingelegt." sagte Serris.
"Ja. Aber ich bin mir nicht sicher, ob ich, bevor ich hier gelandet bin, das Wort Diplomatie überhaupt buchstabieren konnte!" antwortete ich.
Serris lachte:
"Manchmal lernt man aus Erfahrungen, die man niemals machen wollte, Dinge, die durchaus wertvoll sind!"
Ich sah Kelo vor mir, wie er wie hypnotisiert die Schüssel mit seinen Eingeweiden anstarrte. Diesmal sprach ich es aus.
"Ja. Das kenne ich. Man sammelt Erinnerungen an." sagte Serris und zeigte mir eine feine Narbe, die am Ellenbogen rund um seinen Arm herumlief. Er erzählte daß er bei einer der Schlachten, die er miterlebt hatte einen Arm verloren hatte und vor der Operation mit demjenigen gesprochen hatte, von dem der Ersatz stammte. Ich begann zu weinen. Serris legte seinen Arm um mich - die XZB12-Kriegerlinie hatte eine sehr kräftige Statur, man sagte über sie, sie wären so breit wie hoch und es bestand fast alles aus Muskeln. Dabei waren sie im allgemeinen sehr sanft und freundlich, wobei sie mir bisher auch immer sehr reserviert vorgekommen waren, wenn auch nicht ganz so reserviert wie die Techniker. Diese sanfte Umarmung von einem Menschen, der um ein Vielfaches stärker war als ich, tat mir unendlich gut und ich weinte lange.

Kersti

Fortsetzung:
F1515. Danien Wolf: "Darauf bin ich gekommen, aber das ist so irrational wie die Verschwörungstheorien von eben. Geson mußte eine Entscheidung treffen, sonst wären wir alle fünf gestorben." sagte Sillvar

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben