erste Version: 4/2020
letzte Bearbeitung: 4/2020

Das Sternenreich der Zuchtmenschen: Verhandlungen mit Glühwürmchen

F1725.

"War das ein Universitätsprofessor?" fragte unser Computerspezialist und faßte damit genau meinen Eindruck zusammen

Vorgeschichte: F1724. Treron XZB12-5-13: Die Diplomaten waren der Ansicht, daß wir sowieso bald den Adel besiegen würden und man deshalb besser ein Bündnis mit uns Zuchtsklaven eingehen sollte als mit denen

Theorn Tiger erzählt:
"War das ein Universitätsprofessor?" fragte unsere Computerspezialistin Silva Hai und faßte damit genau meinen Eindruck zusammen.
"Und die halten sie für Idioten mit der Intelligenz eines Gorillas!" sagte unser Wirtschaftswissenschaftler.
"Tja... Ich frage mich, ob die Techniker genauso sind. Also gebildet und hoch intelligent."
"Bestimmt. Sie sollen ja immerhin auf Intelligenz gezüchtet sein." antwortete ich.

Es klopfte und Siman Wolf, unser Psychologe trat ein.
"Und, wie war der Ausflug?" fragte ich.
"Seltsam!" antwortete er und beschrieb bei den jungen Kriegssklaven eine sehr merkwürdige Mischung aus breit gefächertem Fachwissen über sehr unterschiedliche wissenschaftliche Gebiete verknüpft mit einer erstaunlichen Naivität und Unwissenheit bei ganz einfachen Alltagsdingen. Die junge Krieger seien ihm gegenüber sehr neugierig gewesen und schienen sich wirklich für alles zu interessieren, würden aber so einfache Begriffe wie "Baum" oder "Tier" überhaupt nicht kennen. Dann hätte immer sein älterer Begleiter eingegriffen und die Tiere beispielsweise als Wesen erklärt, die aussehen, als hätte jemand mit Menschen ganz gruselige gentechnische Experimente gemacht, sie hätten nämlich oft vier Beine und gar keine Hände!

Naivität kann natürlich von selber ungebildeten Menschen mit Dummheit verwechselt werden. Andererseits sollte man eigentlich trotzdem bemerken, wenn sie dann plötzlich mit medizinischer Fachterminologie um sich werfen, wenn sie auf die Frage antworten, was sie eigentlich im Krankenhaus machen. Die Kriegssklaven hatten nämlich erzählt, daß sie die meisten ihrer Verletzten selbst behandeln und sie waren überzeugt, das besser zu können als die freigeborenen Ärzte, aber den gezüchteten Pflegern in deren Fachbereich unterlegen zu sein.

Wie Treron XZB12-5-13 hatten auch die XZB12s, die Siman aufgesucht hatte, mit als eine ihrer ersten Aussagen gesagt, daß sie großes Interesse daran hätten, daß der Friede zustande kommt, da sie im Zweifelsfall diejenigen wären, die im Krieg sterben.
"Verglichen mit diesem kaputten Adel wären sie auch die weitaus besseren Verbündeten." sagte ich.
"Dann sollte man auch mit ihnen ein Bündnis eingehen." meinte Siman, "Die anderen sind doch alles Abschaum."
Der Gedanke war mir im Grunde zu neu trotzdem gefiel mir diese Idee, nur wußte ich nicht, wie die umsetzbar sein sollte.

Dann klopfte es an der Tür und der Kapitän trat auf unser Herein hin ein. Er meinte, ihm sei zugetragen worden, daß seine Sorgenkinder unter den Offizieren uns verärgert hätten, er wolle sich dafür entschuldigen. Ich war verblüfft, daß - davon war ich überzeugt - dieser unbedeutende Unteroffizier offensichtlich direkt zu seinem obersten erreichbaren Chef gegangen war, um ihm zu melden, wie schlecht wir über diese kriminellen Offiziere geredet haben und der Chef kommt dann brav zu uns, um sich zu entschuldigen. Ich überlegte, wie ich herausbekommen konnte, was genau gelaufen war, außerdem mußte ich darauf achten, keine Dinge zu erzählen, die den untergeordneten Offizier möglicherweise in Probleme bringen könnten und sagte:
"Ich denke, daß Treron da etwas mißverstanden hat. Wir sind nicht persönlich unhöflich behandelt worden, sondern wir haben Gespräche, die uns nicht betroffen haben mitbekommen, die uns entsetzt haben, denn wir hatten den Eindruck, daß hier Offiziere Mordanschläge auf ihre Offizierskollegen planen."
"Ja, dann haben wir da tatsächlich etwas fehlinterpretiert. Ich kann sie zumindest insofern beruhigen, daß diese Pläne nicht zur Ausführung kommen werden, denn die Zuchtsklaven wissen bereits, bevor sie an Bord kommen von ihren Kollegen, wer die Problemfälle sind und überwachen diese rund um die Uhr. Wenn sie dann ansetzen, einen solchen Plan umzusetzen, wird arrangiert, daß ihnen in der Sekunde, wo sie daran arbeiten etwas passiert, was wie eine Strafe des Himmel wirkt. Wir jagen ihnen vor allem Angst ein, sorgen aber dafür, daß nichts passiert, was zu Dauerschäden führt. Bis zum Ende der Fahrt haben die Kriminellen gelernt, daß wir sie mit solchen Unarten nicht durchkommen lassen und was die Arbeit ist, die ein Offizier auf einem solchen Schiff eigentlich erledigen sollte. Bis sie dann das wirklich beherrrschen, was sie eigentlich im Studium gelernt haben sollten, dauert etwas länger. Außerdem degradieren wir die Kriminellen unter unseren Adeligen" er benutzte das Wort, das man normalerweise auf einfache Leute anwendet, "auf den Rang der ihrer miesen Leistung entspricht und bevördern dafür die anständigen Offiziere, die ihre Arbeit auch tun, auf den Rang, den sie bewältigen können."
Ich war verblüfft. Dann hatte Treron die reine Wahrheit gesagt, mit seiner Behauptung, daß er den Befehl von seinen Vorgesetzten hätte, die Adeligen einzuschüchtern.
"Ehrlich gesagt, bin ich verwirrt, wenn ich das höre. Wie sie sich sicher vorstellen können, haben wir uns im Vorfeld informiert, wie ihr gesellschaftliches System aufgebaut ist und wie die Umgangsformen sind, um nicht durch Mißverständnisse den Friedensvertrag zu gefährden. Jedenfalls haben wir danach geglaubt, daß jemand, der nicht selber zum Hochadel gehört es sich nicht leisten kann, einen kriminellen Hochadeligen so zu behandeln, wie er es eigentlich verdient."
"Ja, das hätte ich auch gedacht und dann kam Tharr vom Licht, der damals frisch zum Kapitän bevördert wurde, an und hat es einfach getan. Und der König hat ihn dafür auch noch belobigt und jetzt zum Leiter der Zuchtstation bevördert. Allerdings habe ich den Eindruck, daß ihnen nicht klar ist, was mein Nachnahme 'vom Licht' bedeutet. Ich bin ein illegitimer Königssohn und Sohn einer Sklavin. Das heißt, ich bin im Palast als Sklave aufgewachsen und habe mit den Prinzen gespielt. Das gibt mir natürlich eine völlig andere Perspektive auf die Gesellschaft, als einerseits ein Zuchtsklave oder andererseits ein Freigeborener gleich welcher Gesellschaftsschicht sie hat. Einerseits wollte der Prinz, als er vor ein paar Tagen an der Zuchtstation ankam, mit mir zu abend essen, weil wir aus unserer gemeinsamen Kindheit und vom Studium miteinander befreundet sind und andererseits verstehe ich die Anliegen der Sklaven viel besser, als sie selbst der ärmste Freigeborene verstehen würde und bringe ihnen auch viel mehr Sympathie entgegen." erklärte er.
Der Teil war mir wirklich entgangen und setzte das Ganze wieder in ein völlig anderes Licht. Und ehrlich gesagt, verwirrte es mich jetzt noch viel mehr. Unser Gesellschaft, die Sklaverei nur aus ihrer sehr bewegten Vergangenheit kannte, bot da zu wenige Vergleichswerte an. Nach wenigen weitere Sätzen verchwand der Kapitän wieder und kümmerte sich um die Arbeit, die ein Kapitän nun einmal erledigen muß.

"Das setzt das Ganze ja wieder in ein völlig neues Licht." sagte ich, sobald der Kapitän den Raum verlassen hatte.
"Ja nur gibt es da noch eine Merkwürdigkeit. Ich habe festgestellt, daß man mühelos auf die Überwachungskameras zugreifen kann, ohne irgendwelche Sicherheitsmaßnahmen umgehen zu müssen. Dabei kann man jederzeit auch den Kapitän des Schiffes in seinen Privaträumen beobachten und durchaus auch heikle Gespräche, die er führt, abhören. Treron XZB12-5-13 muß nach seinem Gespräch direkt zum Kapitän gelaufen und ihm gesagt haben, daß er sich bei uns entschuldigen soll, doch das war in den Aufzeichnungen der Überwachungskameras nicht zu finden. Nach dem, was ich im Überwachungsprotokoll gefunden habe, scheint er zu den anderen Zuchtsklaven gegangen zu sein und mit ihnen ein unbedeutendes Gespräch geführt zu haben." sagte unsere Computerspezialistin Silva Hai.
"Der Kapitän selbst hat keine funktionierende Abschirmung gegen unsere Überwachung, aber Treron muß sich nur an seinen Kollegen von der Technik wenden, dann wird er perfekt gegen Überwachung abgeschirmt? Dann sind die Kriegssklaven mit ihrem Aufstand aber weiter als es scheint!" kommentierte ich.
Siman Wolf, unser Psychologe, sagte, daß ihm die Kriegssklaven einen Vorschlag gemacht hätten, auf den er gerne eingehen würde. Sie hätten ihm nämlich gesagt, daß ein normaler Mensch ihre Originalpläne normalerweise nicht verstehen könne, da er nicht gezüchtet wäre, sondern nur die vereinfachte Version, die für ihre Kindergartenkinder passend wäre. Die würden sie uns aber gerne zeigen, nur solle ich mich dafür an Teron wenden, gleich den großen Simulator verwenden und unsere militärische Fachfrau Signa Hai hinzuziehen, um eine fachkompetente Meinung dazu zu bekommen."
"Warum um alles in der Welt wollen die denn das?" fragte Signa, unsere militärische Spezialistin fassungslos.
"Ich nehme an, daß sie sich ihrer geistigen Überlegenheit so sicher sind, daß sie uns das einfach mal vorführen wollen, um klar zu machen, daß ein Bündnis mit den Sklaven für uns auf jeden Fall besser ist als ein Krieg." antwortete ich.

Kersti

Fortsetzung:
F1727. Treron XZB12-5-13: Ich erklärte Dira, daß unsere Adeligen diesen Schlachtplan so laienhaft verfaßt haben, weil sie nicht selber aufs Schlachtfeld müssen

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben