erste Version: 4/2020
letzte Bearbeitung: 4/2020

Das Sternenreich der Zuchtmenschen: Die Kriegs-Geisteskrankheit der adeligen Offiziere

F1726.

Wir hatten herausfinden wollen, warum die XZB12-Kriegssklaven so unfaßlich gefährliche Fußtruppen waren

Vorgeschichte: F1672. Simon vom Licht, der Kapitän der Thorion: Tharr hatte mir gesagt, daß er Treron zum Zugführer befördert hätte und ich wäre dafür zuständig, daß er damit auch Erfolg hat
F1527. Die Computerspezialistin Silva Hai: Ich fragte mich, in welchem Zoo ich eigentlich hier gelandet war

Siman Wolf erzählt:
Wir hatten herausfinden wollen, warum die XZB12-Kriegssklaven so unfaßlich gefährliche Fußtruppen waren, die auch strategisch viel besser kämpften als die anderen Fußtruppen. Der Kapitän hatte gesagt, daß wir uns selbstverständlich frei im Schiff bewegen dürften, was ich nicht verstehe, denn das macht man gegenüber einer technisch unterlegenen Macht schon deshalb nicht, weil der diese sich technisches Wissen abschauen könnten. Komischerweise waren sie aber auch nicht um Geheimhaltung in ihrem Computernetz besorgt. Man konnte jedes beliebige Besatzungsmitglied - den Kapitän inbegriffen - an jeder beliebigen Stelle im Schiff jederzeit überwachen und niemanden schien das Sorgen zu machen. Wir hatten uns einige Gespräche angehört, die ganz bestimmt nicht für unsere Ohren bestimmt waren und bei denen man sich fragt, ob man das überhaupt wissen will. Die Offiziere planen doch tatsächlich Mordanschläge auf ihre Offizierskollegen und niemand scheint das verwunderlich zu finden!

Diese Offiziere waren Clows, die offensichtlich auch ihre Arbeit nicht taten, denn unser Computerspezialist hatte festgestellt, daß ihre gezüchteten Techniksklaven das Schiff offensichtlich für ihre Zwecke umprogrammiert haben mußten, jedenfalls hatte er da so Sachen gefunden, die als reguläre Programmierung eines Kriegsschifes nicht viel Sinn ergaben. Er stellte auch diverse Gefechtssimulationen fest, die aber nicht etwa bei den Offizieren durchgeführt wurden, sondern in den Räumen der Zuchstsklaven.

Wir wollten uns einen genaueren Eindruck der XZB12s verschaffen. Ich bin also zum Eingang des Sklavenbereiches gegangen und habe festgestellt, daß vor der Tür eine Wache von zwei Kriegssklaven stand. Ich dachte zuerst, die hätten sie abgerichtet, um aufzupassen, daß keiner wegläuft. Ich bin zögernd stehengeblieben, denn sie sehen ja beeindruckend aus. Der Rausschmeißer des schlimmsten Raumhafenkasinos ist nichts dagegen.
"Guten Tag Siman Wolf. Hegen sie möglicherweise den Wunsch, unsere Bereiche zu besuchen?" sprach mich eine der beiden Wachen an und lächelte.
"Ja. Darüber hatte ich nachgedacht." antwortete ich.
Ich war überrascht über diesen zurückhaltenden höflichen Ton, in dem die Frage gestellt wurde. Dann gab der XZB12 eine Tastenkobination in das Tablet ein und meinte, sobald ich eintrete, würde Darion XZB12-13-23 mich ansprechen und der würde mir als Führer und Berater dienen. Ich fragte, ob das auch ohne Überwachung geht und bekam zur Antwort:
"Ungern. Unsere jungen Leute sind so unerfahren im Umgang mit Freigeborenen, daß wir immer gerne einen älteren Berater bei solchen Gesprächen dabei haben, damit der Mißverständnisse ausräumen und Dinge erklären kann, für die einem solchen Jungen nicht die richtigen Worte einfallen." antwortete er.
Ich fragte mich, was das Problem sein sollte und sagte auch etwas in die Richtung, woraufhin er meinte, ich könnte das selbstverständlich auch ohne Führer ausprobieren, aber ich solle mich dann nicht beschweren, wenn ich kein Wort verstehe. Es wäre durchaus klüger, es andersherum zu machen, denn dann würde ich ebenfalls selber merken, warum ein solcher Begleiter tatsächlich notwendig ist. Sollte ich zu dem Schluß kommen, daß ich ihn doch nicht brauche, könnte ich ihn auch später noch wegschicken.

Ich kam mir plötzlich albern vor und ging dann hinein, wo mein Führer schon auf mich wartete und fragte, was ich mir so vorgestellt hatte.
"Ich dachte, daß ich gerne mit einfachen Mannschaftssoldaten reden würde." antwortete ich.
"Dann würde ich sie am liebsten zu meiner eigenen Gruppe führen, weil die mich am besten kennen und deshalb am unbefangensten sind. Allerdings würde jeder einzelne von unseren jungen Leuten gerne mit ihnen reden und ihnen Löcher in den Bauch fragen. Wir hoffen nämlich alle, daß das mit dem Friedensvertrag klappt und wir sind alle neugierig auf eine Welt, wo es keine Sklaverei gibt." erklärte er.

Er führte mich zügig durch die Gänge, die auf mich eher wie Lagerhallen oder Ställe als wie Wohnungen für Menschen wirkten. Wenn wir jemanden begegneten, wurden wir freundlich begrüßt. Das fand ich seltsam, denn wir begegneten mehreren freigeborenen Offizieren und vielen gezüchteten Sklaven und alle grüßten freundlich, während in den anderen Bereichen niemand auf den Gedanken gekommen war, mich zu grüßen. Die waren alle nur mit verbissenem Gesicht an mir vorbeigestiefelt. Ich fragte meinen Begleiter, wie das denn kam.
"Die netten Offiziere kommen alle zu uns, weil wir kein Mord und Totschlag zulassen, während die unfreundlichen Offiziere sich nicht zu uns reintrauen." antwortete er und schien das lustig zu finden, nur habe ich den Witz nicht verstanden.

Darion XZB12-13-23 öffnete eine Tür und forderte mich auf einzutreten. Mehr als 20 XZB12s saßen rund um den Raum aufgereiht und taten irgendetwas mit sehr primitiv aussehenden Tablets.
"Willkommen Siman Wolf, das ist aber schön daß sie uns besuchen kommen. Wir sind nämlich alle sehr neugierig wie eine Gesellschaft ohne Sklaverei funktioniert." sagte ein XZB12, der eine auffallende Narbe im Gesicht hatte und lächelte mich an.
Die Zuchtsklaven rückten unaufgefordert zusammen, um dafür zu sorgen, daß auch für mich Platz war und luden mich ein, mich zu ihnen zu setzen. Dann wurde ich gefragt, was mich zu ihnen führt. Ich sagte, daß ich neugierig war, weil sie so gute Krieger wären. Der mit der Narbe antwortete uns darauf, indem er eine Schlacht gegen uns nannte, an der er teilgenommen hatte und sagte, daß wir zu den kompetenteren Gegnern gehört hätten, mit denen sie es zu tun hätten und das wäre ja ein Grund mehr, daß der Friedensvertrag unbedingt zustandekommen sollte. Schließlich hätte jeder gefährliche Gegner lieber als Verbündete.

Ich fragte sie, ob ich wissen dürfte, was sie da machten und bekam erklärt, daß sie dabei gewesen seien, den Schlachtplan zu überarbeiten. Das könne man ja nicht den Freigeborenen überlassen, die könnten so etwas nicht. Darion ergänzte, daß ihre Schlachtpläne im allgemeinen zu kompliziert selbst für diejenigen freigeborenen Offiziere wären, die an der Universität sehr gut abgeschnitten hätten und daß man sie deshalb für Freigeborene so weit vereinfachen müsse, daß eines ihrer Kindergartenkinder sie versteht. Ich fragte, ob ich mir das mal ansehen könnte.
"Sie können sich das Tablet gerne ansehen", sagte mein Nachbar, "aber die Informationen sind auf unseren Tablets wegen der zu kleinen Displays so sehr verdichtet, daß sie damit nichts werden anfangen können. Zumindest ging es bisher jedem Freigeborenen so, dem wir das gezeigt haben. Wenn sie sich das, worum es dabei geht, ansehen wollen, sollten sie sich an Treron wenden, damit er ihnen das auf ihrem eigenen Bildschirm zeigt, wo sie eine normale Schrift verwenden können oder gleich den großen Simulator nehmen. Außerdem sollten die Signa Hai mit einbeziehen, damit sie die Meinung eines Fachmanns dazu haben."
"Kennt ihr eigentlich alle Namen aus unserer Delegation auswendig?"
"Ja. Sie sind das Interessanteste, was es gerade auf dem Schiff gibt. Natürlich haben wir uns informiert, außerdem waren wir für die Sicherheitsmaßnahmen zuständig."
Ich fragte mich, was das für Sicherheitsmaßnahmen waren. wir hatten jedenfalls nichts von sicherheitsmaßßnahmen bemerkt.

Ein Blick auf das Display zeigte mir, daß ich damit nichts anfangen konnte, das waren nur sinnlose Linien und Punkte in zig Farben.

Ich unterhielt mich mit ihnen über die verschiedensten Dinge. Eine Unterhaltung handelte von den Sicherheitmaßnahmen. Die XZB12s erklärten nämlich, sie würden die kriminellen Adeligen - diese irre Kultur hatte dafür ein eigenes Wort, das eine ganz merkwürdige Konnotation hatte, denn dieser Hochadel hielt es für sein gutes Recht, Sklaven zu foltern und umzubringen und es galt nicht als ehrenrührig, wenn man als grausam bekannt war. Dagegen wurden einfache Leute, die dasselbe taten, als minderwertig und krank betrachtet und man hielt ihr Verhalten keineswegs für dasselbe. Die XZB12s erklärten, daß zu einem Offiziersposten - wie ich sicher wüßte - eigentlich auch Arbeit gehört, das müßten die kriminellen Adeligen aber erst noch lernen und sie würden sich damit beschäftigen, den kriminellen Offizieren alles, was sie dringend lernen müssen, durch operantes konditionieren beizubringen. Als allererstes würden sie jedem beibringen, daß man, wenn man ein Lebenshaltungssystem nicht richtig wartet, keine Luft kriegt, weil das auf den anderen Schiffen wegen eben dieser Kriminellen ein Problem sei.
Ich sagte, daß dieses Schiff aber perfekt gewartet sei, der Ansicht sei zumindest unser Computerspezialist.
"Ja natürlich. Unsere Techniker, die LZBs machen das ja auch sehr gut, wenn man sie nicht gewaltsam an der Arbeit hindert. Nur haben die kriminellen Adeligen ja offensichtlich nichts besseres zu tun, als sie ständig mit dem Strafer zu foltern, bis sie zuckend am Boden liegen und das gewöhnen wir ihnen hier ab." antwortete einer.
Sie behaupteten, hier wäre alles inzwischen viel besser geworden und erzählten diverse Gruselgeschichten die etwas mit dem Strafer zu tun hatten. Ich fragte mich ob das wirklich so grausam war oder ob sie die Geschichten extra für mich ausschmückten.

Was ich aber besonders irritirrend an ihren psychologischen Analysen fand, war wie tiefgehend und differnziert sie das Verhalten verschiedener Menschen analysierten.

Als nächstes kamen wir auf das Thema Medizin, weil bei jeder Schlacht so viele verletzt wurden - und ich stellte fest, daß sie mir alles, was dazugehört, bis hin zu feinsten Details erklären konnten. Sie verstanden nicht, warum mich wunderte, daß sie - die behaupteten sie hätten nur erste Hilfe gelernt - das differenzierter konnten als mancher Universitätsprofessor - oder ihnen war nicht klar, wie groß die Unterschiede zu einer normalen Krankenschwester waren.

Als ich aber nach einigen weiteren Themen, in denen sie detailliertes Spezialwissen hatten, auf simple Alltagsdinge kamen, stellte ich fest, daß sie davon keine Ahnung hatten. Es begann damit, daß das einzige Nahrungsmittel, was sie kannten, so Notrationen waren, die alle notwendigen Nährstoffe in einer Art Zwieback enthielten. Sie wußten weder was Tiere noch was Pflanzen sind und kannten auch sonst vieles nicht, von dem man denkt, daß jedes Kleinkind das weiß. Sie erklärten das damit, daß man ihnen gezielt Wissen vorenthält.

Als ich mich verabschiedete, fühlte ich mich überfüllt und verwirrt.

Kersti

Fortsetzung:
F1722. Treron XZB12-5-13: Es gab diese Diplomaten und das machte mich neugierig

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben