erste Version: 4/2020
letzte Bearbeitung: 4/2020

Das Sternenreich der Zuchtmenschen: Verhandlungen mit Glühwürmchen

F1728.

Als ich hörte, daß die Zuchtsklaven gerne bereit wären, uns ihren Schlachtplan für die folgende Schlacht zu zeigen, traute ich meinen Ohren nicht

Vorgeschichte: F1727. Treron XZB12-5-13: Ich erklärte Dira, daß unsere Adeligen diesen Schlachtplan so laienhaft verfaßt haben, weil sie nicht selber aufs Schlachtfeld müssen

Signa Hai erzählt:
Als ich hörte, daß die Zuchtsklaven gerne bereit wären, uns ihren Schlachtplan für die folgende Schlacht zu zeigen, traute ich meinen Ohren nicht. Als ich den Unteroffizier entsprechend vorsichtig fragte, bekam ich die Antwort, er hätte den Vorschlag gelesen und ihm zumindest nicht widersprochen. Ich fragte mich, was diese Erklärung sollte. Zumindest konnte er mir aber in drei Sätzen zuammengefaßt sagen, was meine Bedenken wären, wenn mich jemand bei noch nicht abgeschlossenen Friedensverhandlungen jemand nach dem Schlachtplan für einen anderen Gegner fragen würde. Man kann immer etwas daraus lernen.

Während er mir zeigte, was ihm als Aufklärung und Schlachtplan vorgelegt worden war, war ich schockiert. Dann erklärte er, er hätte die Freigeborenen früher verdächtigt, sie würden ihn nur in die Schlacht schicken wollen, weil sie ihn tot sehen wollen, denn anders hätte er sich so dumme Schlachtpläne und deren noch dümmere Antworten auf Verbesserungsvorschläge nicht erklären können. Außerdem hätten sie sowieso ständig versucht die XZB12s noch vor der Schlacht zu ermorden. Als ich Zweifel an dieser Behauptung äußerte, zeigte er mir einen Überwachungsfilm von einem der Schlafräume die wirkten wie Viehställe - die Sorte, die bei uns verboten sind, weil die armen Tiere sich darin kaum rühren können. Alle fuhren gleichzeitig mit einem Ruck aus dem Schlaf, irgendjemand sagte: "Verdammt wer benutzt hier den Strafer?" Mehrere gaben eine Tastenkombination in ihr Tablet ein. Treron erklärte, daß sie damit den wachhabenden Techniker verständigt hätten, der die Schaltung aber nicht schnell genug hätte beseitigen können, weil der Strafer von der Schifftechnik abgekoppelt gewesen sei. Er zeigte, mit mehrfachem Vorspulen, wie sich diese Menschen immer qualvoller verkrampften, bis sie schließlich tot waren. Dann zeigte er, daß mehrere XZB12s versucht hatten sich von außen mit Gewalt Einlaß zu verschaffen. Treron erklärte, daß das Problem gewesen sei, daß das Schiff extra verstärkte Trennwände und Türen hatte, die darauf ausgelegt seien, daß eben ein XZB12 nicht da durch kommt und geeignete Werkzeuge hätten sie nicht zur Verfügung gehabt. Der nächste Filmausschnitt zeigte einen jungen Offizier, der einen noch recht niedrigen Rang hatte und mit ängstlichem Gesicht die Räume der Sklaven betrat. Er wurde direkt innerhalb der Tür von einem XZB12 empfangen, dem er das erzählte, was in der Nacht passiert war und das er geschickt worden sei, um die Leichen wegzuräumen. Der XZB12 antwortete:
"Tharr vom Licht, du brauchst dir keine Sorgen zu machen, daß wir einen jungen Offizier, der sich nichts zuschulden kommen lassen hat, dafür bestrafen, was seine Vorgesetzten gemacht haben. Wir wissen genau wer dafür verantwortlich ist und der wird seine Strafe erhalten."
Die Begründung mit der Treron mir erklärte, warum Tharr ein guter Mensch wäre, erschien mir nicht ausreichend. "Er hat nie den Strafer benutzt." Ich nenne jedenfalls niemanden meinen Freund, nur weil er mich nicht foltert!

Dann kamen wir wieder auf den Schlachtplan zurück und er zeigte uns was die Gruppe der jungen Zuchtsklaven aus Darions Schlafraum daraus gemacht hatten. Ehrlich gesagt war mir das viel zu kompliziert. Sie hatten nämlich neben der Standartversion diverse rein hypothetische Szenarien gebastelt, die auf frei erfundenen Gefahren beruhten. Außerdem gab es zu jedem dieser Szenarien diverse Abwandlungen, so daß jeder darüber den Überblick verlieren mußte. Treron erklärte, daß das nur der erste Schritt der Planung wäre. Als nächstes würden sie die Krieger aus jedem Schlafraum mit einem Szenarium in einer Simulation beglücken, auf die diese Gruppe so schlecht wie möglich vorbereitet wären. Irgendein unwahrscheinliches Szenario, das sie richtig auf dem falschen Fuß erwischen muß. Dann würden die Vorgesetzten die verschiedenen Schlachtplanvarianten aufgrund der Pläne der einzelnen Schlafraumvarianten überarbeiten und einen Gesamtschlachtplan daraus entwickeln, in den dann wieder diverse Verbesserungsvorschläge eingearbeitet würden, bis alle der Ansicht wären, den bestmöglichen Schlachtplan entwickelt zu haben.

Ich sagte, daß so etwas doch gar nicht funktionieren könne. Da müsse doch jeder den Überblick verlieren.
"Sie können sich vor der Schlacht den Schlachtplan ansehen und nach der Schlacht beurteilen, ob es funktioniert hat. Sie werden auf dem Schiff sein." antwortete Treron nur.

Dann erzählte er, daß gerade eine größere Reform im Gange sei. Er sei bevördert worden, damit er Tharr vom Licht eine Einschätzung für die weitere Planung liefern könne, auf der nächsten Fahrt würde die Hälfte der Offiziere der Thorion durch bevörderte Zuchtmenschen ersetzt, in der Fahrt danach wären es alle. Und dann hätten wir es mit ihnen als Gegnern zu tun, sollten wir wirklich weiter Krieg führen wollen.

Als nächstes wollte Treron unbedingt den großen Simulator verwenden, um einen seiner jungen Leute auf der ersten Fahrt mit seinem Tablet als Station gegen eine vollständige Brückenmannschaft im Simulatorraum antreten zu lassen. Ich fragte mich, was das sollte. Er redete lange genug auf uns ein, daß wir nachgaben, gab dann eine Tastenkobination ein und ein sehr junger XZB12 betrat kurz darauf den Raum, hörte sich die Erklärung an und meinte nur:
"Oh toll, klar will ich das machen."

Nichts hätte mich auf das vorbereiten können, was dann passierte. Es sollte auch gar nicht gehen. Aber der junge XZB12, der noch ganz grün hinter den Ohren war, hämmerte in dem kleinen Zimmerchen, in dem der Psychologe ihn beobachtete, mit allen zehn Fingern auf der Tastatur seines Tablets herum, schien einen Mordsspaß zu haben - und wir kamen einfach nicht gegen ihn an, obwohl doch zumindest ich eine Offizierin mit jahrzehntelanger Befehlserfahrung und dem Überblick, den anständige Dispays bieten im Vorteil sein sollten und obwohl ich nicht behaupten kann, daß unsere improvisierte Brückenmannschaft sich wirklich schlecht geschlagen hätte. Gut, eine aufeinander eingespielte Mannschaft erfahrener Offiziere wäre sicherlich etwas besser gewesen, aber wir hatten durchaus auf dem Herflug trainiert, schon weil die Mannschaft des Kriegsschiffes, mit dem wir hierhergeflogen waren, nicht aus der Übung kommen sollte.

Danach erklärte uns der junge Mann, wie das Display die Informationen darstellt und wie er die Befehle für das Schiff codiert, der Computertechniker verbrachte ein paar Tage damit, die Computerdaten der Simulation auszuwerten und erklärte uns dann, daß man so tatsächlich ein Sternenschiff fliegen kann, wenn man in der Lage ist, die Informationen, die das kleine Display darstellt, auch tatsächlich alle zu erfassen und in Echtzeit darauf richtig zu regieren. Wir übten das dann mal in Zeitlupe und nur so bekamen wir das hin. Danach waren mir die XZB12s richtig gruselig.

Und ich wußte auch, warum er mich das hatte sehen lassen. Er hatte uns so deutlich vorgeführt, daß wir ihnen geistig nicht annähernd gewachsen waren, daß ich jetzt richtig Angst um die Zukunft meines Volkes hatte. Wir hatten vorher schon Angst gehabt, jetzt hatte ich richtig Angst.

Kersti

Fortsetzung:
F1729. Treron XZB12-5-13: Die nächste Zeit verbrachte ich damit, den Diplomaten des Löwenreiches zu erklären, warum wir sie gerne als Verbündete haben wollten

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben