erste Version: 7/2020
letzte Bearbeitung: 7/2020

Das Sternenreich der Zuchtmenschen: Die Kriegs-Geisteskrankheit der adeligen Offiziere

F1738.

Ich fragte mich, wie Menschen, die wie Schlachttiere in Ställen gehalten und denen Bildung vorenthalten wurde, lernen konnten, eine so weitsichtige Politik zu machen

Vorgeschichte: F1737. Der Leiter der Polizeidienststelle: Wir hatten von ganz oben die Anweisung bekommen, daß wir ein Auge auf die XZB12-Kriegssklaven haben sollten, denn der Befehlshaber würde es nicht gut aufnehmen, wenn einem XZB12 etwas passiert

Der Leiter der Polizeidienststelle erzählt:
Ich ich holte die Geräte herein und schloß sie an, so daß er die große Leinwand an der Innenwand des Gebäudes zum Anzeigen der Bilder nutzen konnte. Was er dann so erzählte, war schockierend.

Er begann seinen kleinen Geschichtskurs im Kindergarten der Zuchtstation, wo sie ihn gezüchtet hatten zu seiner eigenen Kinderzeit. Er meinte die Zeit im Kindergarten sei für ihn noch eine einigermaßen glückliche Zeit gewesen, weil seine Mutter sich für ihre Kinder interessiert hatte und nicht für den Rest der Welt und sich liebevoll um ihn und seine Brüder gekümmert hätte. Sie sei dann bis zu ihrem Tod ein sehr wichtiger Mensch in ihrem Leben gewesen.

In der kurzen Filmsequenz kam ein junger Erwachsener in den Kindergarten und bekam sofort den Säugling in die Arme gedrückt, ob er ihn mal halten könnte, sie müsse gerade ein anderes Kind wickeln, sagte die Mutter der Kinder. Der junge Mann spielte mit dem Säugling, während er mit der Zuchtmutter redete.

Als nächstes zeigte er die Schule, in der ein rigoroser militärischer Drill stattfand. Er meinte, daß man sich ja vorstellen könne, daß ein intelligentes Kind sich bei so etwas langweilt und zeigte eine Szene, wo er sich mit dem Gehirn der Zuchtstation unterhielt und von ihm beigebracht bekam, wie man mit dem kleinen Tablet, das vielleicht drei Zeilen Text anzeigen kann, programmiert. Er erklärte, daß sie mit dem Tablet später immer die Schiffsprogrammierung geändert hatten, um sie für ihre Zwecke zu verwenden. Einerseits hätten sie den großen Simulator verwendet, um Raumschlacht zu spielen, andererseits hätten sie sich so verteidigt.

Auch dazu ließ er keine Fragen offen sondern zeigte, daß jemand der Kriegerkinder mit dem Strafer foltert, kurz darauf einen technischen Unfall erlitt, bei der ihm ein Stromschlag drei Wochen Krankenhaus einbrachte. Der Arzt, der ihn betreute, behauptete, daß Zuchtsklaven ja möglicherweise in die Hölle kommen, wenn sie böse sind, aber die Sünden der Freigeborenen würde der liebe Gott sofort bestrafen, das hätte er immer wieder beobachtet. Treron erklärte, daß die Zuchtsklaven die Geschichte mit Gott, Himmel und Hölle für ein reines Märchen halten, das nur erzählt wird, um sie einzuschüchtern.

Ich stimmte ihm da nicht ganz zu, sagte dazu aber nichts.

Danach zeigte er, daß auf dem Zuchtmenschenschiff regelrecht Krieg geherrscht hatte, als Treron jung war. Kriminelle Adelige hatten ihr bestes getan, damit die Kriegssklaven gar nicht erst auf dem Schlachtfeld ankamen und die Kriegssklaven haben die Mörder dann getötet. Treron erklärte, daß es immer auch anständigere Freigeborene gegeben hätte und die hätten sie natürlich am Leben gelassen. Geendet hatte der Krieg aber nicht, indem eine Seite gewonnen hatte, sondern indem die Zuchtsklaven sich mit Tharr vom Licht einem illegitimen Halbbruder des Königs verbündet hatten, um die kriminellen Adeligen in den Griff zu bekommen. Tharr sei der erste, der nie einen Strafer auf der Thorion benutzt hätte und wäre jetzt Leiter der Zuchtstation, wo er nach und nach die Reformen der Zuchtmenschen umsetzen würde. Tharr sei selber als Sklave zur Welt gekommen, daher fände er diese Pläne gut.

Saman erklärte, daß der König sich ebenfalls auf Tharrs Rat mit den Zuchtmenschen verbündet hätte, um die Kriminellen in den Griff zu kriegen, die alle seine Brüder mit Mordanschlägen aus der Welt geschafft hatten.

Ich fragte, ob wir diesen Fortbildungskurs haben könnten, da die Polizei besser verstehen müsse, womit sie umgeht. Er erklärte mir daraufhin, daß man den Kurs einfach aus dem Internet abrufen könne und daß man zu jedem Abschnitt nahezu beliebig viele Hintergrundinformationen abrufen könne. Auf die Frage eines unserer Gäste, ob das auch von Zuhause ginge, antwortete er, jeder der einen Internetanschluß hätte, könne das tun.

Dann erklärte er, wie man diesen Internetkurs verwendet und daß selbstverständlich jeder Zuchtmensch dazu befragt werden könnte.

Kurz zusammengefaßt, waren die XZB12s also Sklaven, die von klein auf als einfaches Fußvolk gezüchtet worden waren und außer lesen, schreiben und schießen nichts hatten lernen sollen, sich auf eigene Faust und trotz beträchtlicher technischer Hindernisse eine doch sehr tiefgehende Bildung verschafft und inzwischen beträchtliche Macht in dem Reich, das sie gezüchtet hatte, übernommen hatten.

Was daran aber wirklich schockierend war, waren die Nebensätze, die zeigten, wie grausam Treron behandelt worden war. Beispielsweise wurde der Strafer als Simulation der Schmerzen in einer Schlacht verwendet, und zwar bis die Kinder vor Schmerzen zuckend zusammenbrechen und es waren noch sehr kleine Kinder. Darüber hinaus gab es immer wieder Lehrer, die die Kinder nur so zum Spaß folterten. Treron war der älteste XZB12 überhaupt. Von seinem eigenen Jahrgang war er der einzige Überlebende, von den beiden folgenden Jahrgängen hatte keiner überlebt. Wenn ich seine Angaben richtig verstanden habe, war er inzwischen etwa 50 Jahre alt, also gerade mal in den besten Jahren. 20 Jahre seines Leben war er, wenn er nicht gerade verletzt war, alle zwei Monate in eine Schlacht geschickt worden, die mindestens 2/3 der Leute nicht überlebten. Wenn er verletzt war, hatte er sich nicht etwa in Ruhe auskurieren dürfen, sondern in der Schule als Lehrer arbeiten müssen.

Die XZB12s waren ausgesprochen gefährlich, wenn sie jemanden als tödliche Gefahr wahrnahmen, doch bei allem was harmloser war, reagierten sie ausgesprochen gemütlich und sanft. Daß die XZB12s bei dieser Behandlung nicht durchdrehten war offensichlich auf ihren ruhigen, geradezu phlegmatischen Charakter zurückzuführen, mit dem sie alles, was nicht absolut tödlich war, als halb so wild einstuften. Sie waren auch ausgesprochen gutmütig und wenn sie sich daran machten die Welt zu verändern, war ihr Lieblingssatz offensichtlich "Das wollen wir so nicht mehr" und mit dieser Begründung haben sie, als sie sich mit Tharr vom Licht als Kapitän der Thorion verbündet haben, sichergestellt, daß vor der Schlacht keiner mehr auf dem Schiff umkommt. Mit derselben Begründung haben sie entschieden, den Befehl zu verweigern als Vorgesetzte in Panik geraten sind und die Überlebenden vom Schlachtfeld gerettet, sie haben aber auch die Bedingungen für die Kapitulation so festgelegt, daß die unterworfenen Drachen durchaus sehr zufrieden damit waren. Ich fragte mich, wie Menschen, die wie Schlachttiere in viel zu engen Ställen gehalten wurden und denen jegliche Bildung vorenthalten wurde, so gut es ging, lernen konnten, eine so weitsichtige Politik zu machen.

Nach dem Vortrag fragten sie mich auch noch, ob mir möglicherweise Probleme von der Art aufgefallen wären, die man nur bemerken kann, wenn man am unteren Ende einer Befehlskette steht. Wenn das so wäre, wäre er mir sehr verbunden, wenn ich davon erzähle. Hier würde ihn vor allem das Wichtige interessieren, Kleinkram könne man einfach in ein offizielles Diskussionsforum eintragen, das würden dann einfache XZB12s lesen und besser einsortieren.

Kersti

Fortsetzung:
F1739. Saman XZB12-123-77: Nachdem ich einiges über die Naivität von Zuchtsklaven geschrieben habe, muß ich auch noch etwas zu der Naivität von Dira sagen

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben