erste Version: 5/2020
letzte Bearbeitung: 5/2020

Das Sternenreich der Zuchtmenschen: Verhandlungen mit Glühwürmchen

F1753.

Wirklich gespannt war ich auf den zweiten Vortrag, den von Sitar

Vorgeschichte: F1752. Die Königin des Löwenreiches, Tamara von Leuenhorst: Ich glaube, die Zuchtsklaven wollten uns damit wissen lassen, daß sie die eigentliche Macht hinter den Kulissen sind

Tamara von Leuenhorst erzählt:
Bei der offiziellen Besprechung waren etwa hundert Leute anwesend, die sich die Ergebnisse der Verhandlungen anhören, ihre Meinung dazu äußern und in ihren Heimatländern auf dem Planeten von unseren Verhandlungsergebnissen berichten sollten. Daher ging ich nach den Kurzzusammenfassungen der Berichte, ordnete die Vorträge der Delegaten so an, daß etwas Verständliches dabei herauskommen sollte. Meine Tochter Dira war als erste dran, da sie offiziell die Leiterin der Delegation war. Wir besprachen den genauen Wortlaut der Zusammenfassung mit ihr, da sie zu unerfahren war, um alles, was man beachten mußte, schon wissen zu können. Ich war aber sehr angetan davon, wie klug ihre eigenen Gedanken zum Thema waren. Sie war auf der Reise doch deutlich erwachsener und ernsthafter geworden.

Wirklich gespannt war ich auf den zweiten Vortrag, den von Sitar. Er war so kurz vor der Besprechung aufgetaucht, daß er nur grob hatte sagen können, worum es ging, während ich die anderen Vorträge hatte durchlesen können. Und da schien einiges im Busche zu sein.

Nachdem Dira ihre kurze Einleitung gesprochen hatte, betrat Sitar die Bühne und begrüßte die Anwesenden. Er wirkte entspannt und gut gelaunt wie immer.

"Ich werde euch jetzt einige Dinge erzählen, von denen ihr vielleicht meint, ich hätte sie früher erzählen sollen. Allerdings habe ich das nicht gewagt, denn da ihr in einer sehr freundlichen Gesellschaft aufgewachsen seid, habe ich oft festgestellt, daß ihr zu sorglos darin seid, wem ihr was erzählt. Da meine Heimatwelt hier Spionage betreibt, hätten sie davon erfahren, wenn gewisse Dinge hier auf der Straße besprochen worden wären. Tatsächlich habe ich seit etwa 15 Jahren wieder Kontakt mit meiner Familie und mir immer wieder Sorgen gemacht, daß ich die Zuchtsklaven in Gefahr gebracht haben könnte, indem ich zu viel erzählt habe oder das Löwenreich, indem ich zu wenig erzählt habe. Glücklicherweise hat sich inzwischen herausgestellt, daß weder das eine noch das andere passiert ist, sondern daß die Geschichte besser ausgegangen ist, als ich ständig befürchtet habe." leitete er seine Geschichte ein und fuhr dann fort:
"Eines Tages landete ein Schmuggler bei uns im Raumhafen und ich sollte nachsehen, ob wir von ihm technische Geräte kaufen konnten, die wir benötigten, um unser Schiffbauprogramm schnell genug in die Wege zu leiten. Das erste Besatzungsmitglied, das ich sah, war ein Jugendlicher, der wie ich an den Anschlüssen sehen konnte, meiner eigenen Zuchtlinie entstammte. Mit jedem anderen hätte ich ein rein sachliches Gespräch geführt, da er aber meiner eigenen Zuchtlinie entstammte, redete ich darüber, wie es mich hierher verschlagen hatte. Er redete darüber, wie sich zuhause alles verändert hatte und schließlich bot er mir an, meiner Mutter einen Brief an sie mitzunehmen, damit sie weiß, daß ich noch lebe und daß es mir gut geht. Das Angebot habe ich angenommen und dafür gesorgt, daß der Techniker Grund hatte zurückzukehren, indem ich mehr von der hier dringend benötigten Technik bei ihnen bestellt habe. Ich tauschte regelmäßig Briefe mit Zuhause aus, hielt sie aber für privat und sah keinen Grund, darüber zu reden. Ich konnte mir zu dem Zeitpunkt nicht vorstellen, daß meine Briefe eine politische Wirkung entfalten könnten oder daß die Zuchtmenschen meiner Heimat, anfangen könnten, Politik zu machen. Ich hielt sie für zu machtlos.
Darin täuschte ich mich und ich wurde über die Entwicklungen auf dem Laufenden gehalten. Zunächst wollten sie von mir nur immer mehr über diese Welt hören, in der es keine Sklaven gibt. Mir war nicht klar, daß ich ihnen damit etwas zu träumen gab, eine Richtung, in die sie meine Herkunftskultur verändern wollten. Ein Ziel das sie zunehmend bewußt angestrebt haben. Doch mit der Zeit erzählten sie mir, daß sie anfingen, Maßnahmen zu ergreifen, um das politische und soziale System meiner Heimat zu verändern. Zuerst waren die Schritte klein und unauffällig. Doch als ich euch sagte, fliegt zu Friedensverhandlungen hin, habe ich gewußt, daß sie einen Aufstand machen wollten und habe das zeitlich so kalkuliert, daß ihr ankommen würdet, wenn sie gewonnen haben. Nur ist da etwas sehr Unwahrscheinliches passiert. Der König hat einen Offizier, der seit langem mit den Kriegssklaven verbündet ist und ihre Politik unterstützt, als Leiter der Zuchtstation eingesetzt, mitten in den ersten Schritten des Aufstandes und hat dann die Reformen, die wir mit Gewalt durchsetzen wollten, so schnell, wie ihm das möglich war, von oben herab durchgesetzt. Außerdem hat er arrangiert, daß der König einen der Technikerzuchtlinie als Erben adoptiert hat und dessen erwachsener Bruder ihn begleiten konnte, um ihn zu erziehen. Dies tauchte zwar als denkbares Alternativszenario in den Zuchtmenschenplänen auf, aber als eines, an das niemand wirklich geglaubt hat. Wir konnten daher koordiniert darauf reagieren, aber es hat alle Zuchtmenschen ziemlich verblüfft. Die Freigeborenen hatten aber völlig den Boden unter den Füßen verloren, da es kurz zuvor einen erfolgreichen Mordanschlag auf den vorhergehenden König gegeben hatte, sein Erbe noch nicht richtig ins Amt eingesetzt war und alles drüber und drunter ging."

Theorn stellte ein paar Fragen zu der Kultur und erhielt Antworten nach denen die Zuchtmütter eine zentrale Rolle in der Kultur der Zuchtsklaven spielen, da sie von der Geburt ihres ersten Kindes bis sie im hohen Alter an Altersschwäche sterben in der Zuchtstation bleiben und daher für ihre Kinder die Briefe sammeln und an die anderen Geschwister verbreiten.

Dann zeigte Sitar seinen letzten Brief, der eigentlich ein Film war, mit der Vorbemerkung, daß die ersten Briefe, die er bekommen hätte, zwar Nachrichten seiner Geschwister enthalten hätten, aber nicht politisch gewesen seien, wenn man mal davon absieht, daß er ab dem dritten Brief Fragen zu dem politischen System des Löwenreiches gestellt bekommen hatte und die Neugier dazu nicht wieder abgeflaut ist. Es sei aber nicht um heikle Dinge gegangen sondern um das, was hier jedes Kind weiß. Dieser Brief sei politischer als jeder vorher und wäre daher auch für uns erhellend.

Eine ältere Frau begrüßte die Zuhörer als "meine lieben Kinder" und erzählte dann, daß dieser Brief außergewöhnlich sei, weil er von großen politischen Veränderungen künden würde. Dann erzählte sie, daß sie begonnen hätten, diejenigen Adeligen zu ermorden, die dafür bekannt waren, daß sie Zuchtsklaven zu Tode folterten und mit den vorbereitenden Maßnahmen begonnen hatten, die Offiziere vor die Wahl zu stellen, ob sie den Befehlen der Zuchtsklaven folgen oder zum Planeten gebracht werden wollten, als Tharr vom Licht auf die Zuchtstation kam, die Verwendung des Strafers verboten hatte und all die Reformen die die Zuchtsklaven im ersten Schub hatten einführen wollen, eingeführt hatte. Daher sei der Angriff abgeblasen und auf den Alternativplan umgeschwenkt worden, bei dem Tharr dieselben Anweisungen als Befehl von oben einführt. Der König hätte einen gezüchteten Techniker adoptiert, damit der nach ihm König werden sollte.

Sitar teilte den Politikern der Länder unseres Planeten mit, daß bei den Unterlagen außerdem ein schriftlicher Bericht der Zuchtsklaven über den Aufstand und seinen unvermutet friedlichen Ausgang beiläge. Unsere Kultur sei in den Plänen als Vorbild für eine gerechtere Gesellschaft eingeplant und die Zuchtsklaven würden daher nicht beabsichtigen uns, als ihrem Vorbild für eine bessere Welt, Schaden zuzufügen.

Kaum hatte ich mich aber wegen Sitar wieder wirklich entspannt, weil ich ihm wirklich glaubte, daß er nur unser Bestes im Blick gehabt hatte, beendete er seinen Bericht und was danach kam alarmierte mich richtig. Einmal alarmierte mich welche kriminelles Verhalten im Reich des Lichts als normal durchging, aber noch viel mehr alarmierten mich die Details der Berichte über die Intelligenz der Zuchtmenschen. Glücklicherweise waren die wohl nicht kriminell, dafür waren sie uns so sehr überlegen, daß wir irgendetwas unternehmen mußten, um nicht als deren Haustiere zu enden.

Sitar schien übrigens auch nicht klar gewesen zu sein, wie intelligent seine jüngere Verwandtschaft war, zumindest stellte er diverse Rückfragen und stimmte uns zu, daß wir uns wirklich etwas ausdenken müssen, damit die uns nicht versehentlich völlig unterbuttern, weil sie alles besser können. Man beachte das Wort versehentlich in dem Satz. Sitar war überzeugt, daß sie nichts dergleichen beabsichtigten, hielt aber unbeabsichtigte Effekte in diese Richtung für durchaus wahrscheinlich.

Kersti

Fortsetzung:
F1756. Theorn Tiger: Wir wurden beim Leiter der Station empfangen und er stellte uns seine Zuchtsklaven mit völlig anderen Qualifikationen vor, als er bei unserem letzten Besuch genannt hatte

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben