erste Version: 7/2020
letzte Bearbeitung: 7/2020

Das Sternenreich der Zuchtmenschen: Königssohn und Fürstensohn

F1792.

Ich ging also zu meiner Frau und fragte sie, was sie sich dabei gedacht hatte, das wäre doch fast eine Vergewaltigung

Vorgeschichte: F1791. Diro von Karst: Wenn ich mit Saman rede, fühle ich mich jedes mal wie durch die Mangel gedreht. Außerdem komme ich mir dann als Sicherheitsachef völlig unfähig vor

Turin vom hohen Licht erzählt:
Saman bestand darauf, daß ich die Pflichten eines Königs zu erfüllen hätte und daß ich mich nicht so hängen lassen dürfte. Er nahm mich an die Hand - teilweise buchstäblich, wenn ich mich nicht wirklich dazu aufraffen konnte und sorgte dafür, daß ich eine nach der anderen erledigte. Dabei stellte ich fest, daß er Dinge für die Pflichten eines Königs hielt, von deren Existenz ich nichts geahnt hatte. Er schien wirklich zu meinen, ein König müßte wissen, was noch die kleinste Ameise am anderen Ende des Reiches tut.

Ich weiß nicht, ob es realistisch ist, wirklich alles als die Pflichten eines Königs zu sehen, wo er mich hinschleppte. Jeder, den ich kenne, sagt, daß man mit Saman sowieso nicht mithalten kann und daß man sich nur verrückt macht, wenn man es versucht. Trotzdem tat es mir im Grunde gut, daß er von mir verlangte, daß ich den ganzen Tag arbeitete, eine vernünftige Zeit mit den Kindern und meiner Frau verbringe und mich nicht hängen lasse.

Wenn Saman irgendwelche anderen Pflichten hatte, gab es immer jemanden, der etwas mit mir besprechen wollte und sie meinten, ich hätte mich mit ihnen darüber zu unterhalten. Da sie mich sonst nicht so im Palast herumgeschleift haben, gehe ich davon aus, daß das teilweise nur vorgeschoben ist. Klar ist es gut, wenn der König wirklich über alles Bescheid weiß - aber welcher Mensch kann das schon? Trotzdem tat es mir gut, wenn ich beschäftigt war und deshalb wehrte ich mich nicht dagegen, daß sie alle mit mir reden wollten.

Dann war Diro wieder da und er erzählte mir, daß er der Vater war, aber das sei merkwürdig gewesen, denn erstens hätte er einen Sohn und wolle die Mutter heiraten, daher bräuchte er ganz gewiß keine Verwicklungen mit der Königin. Außerdem hätte er den Eindruck gehabt, daß die Königin, die sonst ja durchaus gerne mit Männern flirtet, gar nicht in ihn verliebt gewesen sei. Sie hätte mit ihm einen Wein getrunken und dann hätte er angefangen sich ganz merkwürdig zu fühlen, wie er es sonst nicht kennt und sie hätte sich einfach ausgezogen und dann hätte er ihr nicht wiederstehen können und das würde er von sich auch nicht kennen. Daher hätte er angenommen, daß daß sie ihm etwas in den Wein gemischt hätte. Außerdem hätte die Königin auch danach nicht mit ihm geflirtet und er hätte die Situation am liebsten vergessen, weil er sich dabei so machtlos vorgekommen wäre. Er hätte ja nicht einmal sich selbst unter Kontrolle gehabt und dazu sollte man eigentlich immer fähig sein.

Ich war in mehrfacher Hinsicht schockiert. Einmal gab es einen positiven Schock - nachdem mir diverse Frauen erzählt hatten, wie furchtbar sie Diro fanden, war ich mir inzwischen sicher gewesen, daß Diro nie eine Frau finden würde, die ihn auch will und er wollte nur Frauen, die ihn auch wollten. Ich hatte das sehr bedauert, weil ich fand, daß er doch ein anständiger und fürsorglicher Mann war, der den Frauen nichts tat. Jetzt hatte sich herausgestellt, daß es wohl eine Frau gab, der das auch aufgefallen war. Jedenfalls freute mich das sehr und ich hatte ihm natürlich meine Hilfe bei der Vorbereitung der Hochzeit angeboten.

Dann hatte mich schockiert, daß ausgerechnet Diro mit meiner Frau fremdgegangen war.

Und noch mehr hatte mich schockiert, wie es zustandegekommen war - das war ja fast eine Vergewaltigung, was meine Frau da gemacht hatte! Wenn ich Diro gewesen wäre, hätte ich die Situation auch am liebsten vergessen wollen, da konnte ich ihn sehr gut verstehen!

Ich ging also zu meiner Frau und fragte sie, was sie sich dabei gedacht hatte, das wäre doch fast eine Vergewaltigung.
"Diro ist doch ein mehrfacher Mörder, der hat das doch verdient."
"Hat er dir je etwas getan?" fragte ich.
"Nein."
"Hat er jemanden, den du kennst, etwas getan?" fragte ich.
"Tharr." sagte sie.
"Bist du der Ansicht, daß Tharr sich nicht selbst verteidigen kann?" fragte ich.
Sie antwortete nicht und sah regelrecht beleidigt aus.
"Tharr hatte, so weit mir bekannt ist, die besten Nahkampfnoten seines Jahrgangs. Und Diro sagt ganz sicher nicht ohne Grund, daß Tharr der erste Mensch war, vor dem er mehr Angst hatte als vor seinem Vater. Wenn Tharr Diro nichts zuleide getan hat, dann weil er meinte, daß Diro eine Chance verdient hatte. Und wenn du Leute so behandelst, vor denen du dich nicht fürchtest, dann bist du schlimmer als Diro. Er hat nämlich nur Leute getötet, weil er geglaubt hat, daß alle ihn umbringen wollen." fuhr ich fort. Ich war allerdings der Ansicht, daß er ziemlich unter Verfolgungswahn gelitten hat, bis Tharr ihn in die Finger bekommen hat.
Ich war plötzlich froh, daß ich vor etwa einem Jahr entschieden hatte, daß ich es genau wissen mußte und Saman gefragt hatte, ob er Beweise hat, daß Diro jemanden umgebracht hat. Ich hatte dann Diro gefragt, warum er das gemacht hat und er hatte mir ziemlich viel über seine Kindheit erzählt, die von vorne bis hinten einem Gruselroman entsprungen zu sein schien. Danach habe ich einiges verstanden, das mir an Diro bis dahin unverständlich gewesen war. Beispielsweise warum er ständig sagte, daß er so etwas nicht mehr will und dann ausgesprochen großzügig und freundlich war. Diro machte normalerweise immer noch den Eindruck, er wäre ein bösartiger Krimineller. Es gibt aber wie ich nach und nach feststellte, inzwischen einige Menschen, die ihm ausgesprochen dankbar sind, weil er etwas für sie getan hat, was ihrem Leben eine Wendung zum Positiven verliehen hat.

Tharr war eine andere Marke. Wie ich gesagt habe, kann er sich durchaus selbst verteidigen. Tatsächlich sind den Zuchtmenschen drei Leute bekannt, die von Tharrs Hand gestorben sind und sie alle waren Vorgesetzte, die dachten, sie könnten den unbequemen Untergebenen mal eben schnell beseitigen, indem sie ihn erschießen. Es gab aber laut den Zuchtmenschen über dreißig erfolglose Mordversuche auf Tharr - und die weitaus meisten Täter haben sich lediglich eine Strafversetzung eingefangen, da Tharr den Anschlag nachweisen konnte. Wo immer Tharr den Oberbefehl hatte, wurde niemand ermordet und er hat einige Leute wie Diro so weit gebracht hat, daß sie sich nach ihrem Aufenthalt auf der Thorion anständig führen. Er hat unser Sternenreich zu einem friedlicheren und gerechteren Ort gemacht. Es gibt noch wirklich viel zu tun, bis das alles einigermaßen geordnet ist, aber Tharrs Leistungen bewundere ich und daß die Zuchtmenschen hinter ihm stehen, wundert mich nicht im Geringsten, denn sie geben viel mehr auf Charakter als auf Intelligenz.

Kersti

Fortsetzung:
F1795. Diro von Karst: Und dann fingen alle Kinder an sich um Saman zu streiten, weil sie fanden daß er der netteste Leibwächter von allen war
F1807. Turin vom hohen Licht: Unsere neue Amme benahm sich, als wäre ich ihr erwachsener Sohn und sie meine Mama

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben