erste Version: 9/2020
letzte Bearbeitung: 9/2020

Das Sternenreich der Zuchtmenschen: Turin vom hohen Licht

F1807.

Unsere neue Amme benahm sich, als wäre ich ihr erwachsener Sohn und sie meine Mama

Vorgeschichte: F1806. Kersti: D

Turin vom hohen Licht erzählt:
Unsere neue Amme benahm sich, als wäre ich ihr erwachsener Sohn und sie meine Mama. Meine alte Amme hatte mir zwar die Brust gegeben und mich an- und ausgezogen als ich noch klein war, aber ich hatte nie den Eindruck, daß sie mich wirklich mag. Ich hatte immer die Kinder beneidet, die noch eine Mutter hatten und gedacht, daß ich als Baby bestimmt sehr dumm war, denn warum sonst könnte ein Baby auf den Gedanken kommen, seine Mutter umzubringen. Erst Sim hatte mit als ich wesentlich älter war erklärt, daß meine Amme mir Unsinn erzählt hat. Meine Mutter hatte einfach zu viele Kinder bekommen.

Die Techniker-Amme aus der Zuchtstation war im Gegensatz dazu zu jedem freundlich und mütterlich, der in die Räume kam, wo sie die Kinder betreute. Es war ihr auch jedes Kind im gesamten Palast willkommen. Sie hörte sich nicht nur die Kindersorgen an, sondern auch meine und gab mir Ratschläge zu allem. Nicht in der Form von Vorschriften, aber wenn sie etwas zu einem politischen Problem sagte, hatte das auch Hand und Fuß.

Ich merkte, wie mir das gut tat, und wenn ich mir Diro so ansah, tat ihm das auch gut. Außerdem erinnerte mich die Art, wie sie ein Auge auf die Kinderspiele hatte, sehr an Tharrs Reich von Frieden und Gerechtigkeit aus unseren Kinderspielen. Ich beobachtete, wie sie mit meinem Clon umging und erwischte mich dabei, wie ich eifersüchtig war. Das war albern, denn ich war ein erwachsener Mann und konnte nicht wirklich etwas mit der Fürsorge anfangen, wie sie ein Kleinkind braucht. Trotzdem war ich eifersüchtig, denn er wurde viel liebevoller behandelt, viel mehr geschätzt, als ich das als kleines Kind wurde. Das war wirklich seltsam. Ich hatte ja inzwischen sechs Kinder, die ich als meine betrachtete, doch nur der Clon löste diese Eifersucht aus. Das hatte irgendwie damit zu tun, daß er mir so ähnlich war und oft Dinge tat oder sagte, die auch von mir hätten kommen können. Nur war er viel glücklicher als ich es als Kind gewesen war.

Diro erzählte mir, daß es ihm mit seinen eigenen Kindern genauso ging, allerdings machten ihm seine eigenen Gefühle richtig Angst, denn ihm kamen dabei Erinnerungen an seine eigene furchtbare Kindheit in den Sinn und die Idee, das mit seinen eigenen Kindern zu machen, obwohl er so etwas doch überhaupt nicht mehr tun wollte. Wir haben uns öfter über dieses seltsame Eifersuchtsphänomen unterhalten und irgendwann bekam das Tanan, der Techniker mit und sagte, das sei ihm auch so gegangen, als er gesehen hatte wie seine jüngeren Geschwister es so viel besser hatten als er es als Kind gehabt hatte. Er hätte sich damals auch gewundert, warum seine jüngeren Geschwister bei ihm einen solchen Neid ausgelöst hatten, nicht aber die ganzen Freigeborenen.

Es gab noch ein Eifersuchtsphänomen - alle stritten sich um Saman, weil sie fanden daß er der netteste Leibwächter war, bis Saman sagte, das Problem sei doch einfach zu beheben, auf der Zuchtstation hätte er sehr viele jüngere Brüder, die sicherlich gerne hierherkommen würden. Ich sagte ihm, dann solle er sich darum kümmern.

Die "jüngeren Brüder" kamen so schnell, daß ich mich fragte, ob die Zuchtmenschen irgendwelche geheimen Nachrichtenverbindungen haben, von denen ich nichts weiß. Es hätte im Prinzip gehen können, daß Tharr alles so schnell organisiert, aber was nicht paßte war halt, daß er offensichtlich bevor die Post mit dem Kurierschiff angekommen sein konnte, einige der Überlebenden der letzten Schlacht zurückbehalten hatte, um sie zu uns zu schicken.

Ich muß wahrscheinlich mal wieder zu ihm hinfahren und ihn daran erinnern, daß er zumindest so tun muß, als würde ich hier die Befehle geben. Sonst tut er, als wäre er mein Papa und entscheidet einfach, was für mich am besten ist, ohne mich zu fragen.

Kersti

Fortsetzung:
F1808. Kersti: D

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben