erste Version: 1/2021
letzte Bearbeitung: 1/2021

Chronik des Aufstiegs - Mittelalter und frühe Neuzeit: Der versperrte Weg zur Gewaltenteilung

F1962.

Der beste Platz war wahrscheinlich mein persönliches Wohnzimmer, denn er brauchte jetzt Freundlichkeit und Schutz, um sich wieder fangen zu können, nach dem Schock

Vorgeschichte: F1961. Kersti: D

Xxx erzählt:
Ich sah wie die Pferde über den Zaun sprangen und wegliefen, also rannte ich raus, um sie wieder einzufangen und fragte mich, was sie dermaßen beunruhigt hatte. Pferde können natürlich über den Zaun springen, sie tun es nur normalerweise nicht, weil sie einerseits ungern springen und andererseits wissen, daß ich damit nicht einverstanden bin. Mein eigener Hengst war früher, als er noch keine Stuten und Fohlen hatte, immer über den Zaun gesprungen, um mir entgegenzukommen, sobald er mich von Ferne gesehen hatte.

Dann sah ich Honorius zwischen den aufgebracht und erschüttert wirkenden Pferden und packte ihn, um ihn zur Rede zu stellen. Rätselhafterweise versuchte sich eines der drei Hengstfohlen dazwischenzudrängen. Was der Student sagte, ergab zunächst auch keinen Sinn, denn er behauptete, die Pferde hätten ihm helfen wollen. Dann folgte ich seinem Blick und sah Blut und Trümmer in einem der Studentenzimmer. Es war Silos Zimmer, einer derjenigen Schüler, die mir am meisten Freude gemacht hatten, der aber sozial immer etwas ungeschickt wirkte. Sie hatten ihn auf eine Weise ermordet, die man sich in seinen schlimmsten Alpträumen nicht vorstellt.

Jetzt wollte ich natürlich erst recht wissen, was los war und fragte ihn danach, doch kam ich nicht besonders weit. Irgendwie mußte Dart, der mir ehrlich gesagt noch nie gefallen hatte, damit zu tun haben, aber mehr war zunächst aus dem Jungen nicht herauszukriegen, weil er jetzt anfing zu weinen und nicht mehr aufhören konnte.

Ich mußte ihn irgendwohin bringen, wo ich in Ruhe mit ihm reden konnte, um herauszufinden, was er über die Angelegenheit wußte, aber vorher mußten die Pferde zurück auf die Weide. Das letztere sagte ich laut, was der Junge als Aufforderung mißverstand, sich in Richtung Weidentor in Bewegung setzte. Er öffnete das Gatter, forderte die Tiere mit einer Geste auf einzutreten und sie taten, was er von ihnen wollte. Der Junge mußte bei ihnen einen Stein im Brett haben, daß sie bei ihm so brav sind, das machen sie nicht für jeden. Und das Hengstfohlen, das ihn hatte verteidigen wollen, hatte danach auch versucht ihn zu trösten.

Der beste Platz war wahrscheinlich mein persönliches Wohnzimmer, denn er brauchte jetzt Freundlichkeit und Schutz, um sich wieder fangen zu können, nach dem Schock. Ich sagte auch meiner Frau, daß sie ihm etwas zu Essen bringen sollte.

Dann bat ich ihn, alles von Anfang an zu erzählen und bekam nach und nach heraus, daß das Gerücht aufgekommen war, daß Silo eine Echse ohne Gefühle wäre. Heute hatte Dart Honorius gesagt, daß sie Beweise hätten, daß er eine Echse wäre und dann Andeutungen gemacht, die Honorius in Alarmbereitschaft versetzt hatten, er hatte ihn stehen lassen und war sofort zu Silos Zimmer gerannt, um seinem Freund zu Hilfe zu eilen. Da der kürzeste Weg über die Pferdeweide führte, war er quer über diese gerannt und die Tiere hatten auf sein ungewöhnliches Verhalten reagiert, indem sie hinter ihm hergerannt waren. Wenn er rechtzeitig gekommen wäre, um Silo noch zu helfen, wäre die Geschichte wahrscheinlich sehr anders ausgegangen, denn sowohl der Hengst als auch die Mutterstuten waren als Kriegspferde ausgebildet und hätten sehr wohl gewußt, wen Honorius als Feind eingestuft hätte.

Leider hatte Honorius die Mörder nicht gesehen, daher mußte ich anders vorgehen, um herauszufinden, wer daran beteiligt gewesen war. Ich sagte Honorius, daß er mein Gästezimmer benutzen konnte, schärfte ihm aber ein, daß er die Wohnung nicht verlassen durfte, denn wenn er versucht hatte, Silas zu helfen, konnte sich die offensichtliche Bosheit seiner Mitschüler auch gegen ihn richten.

Ich schwor mir, daß ich jeden einzelnen dieser Typen, die sich an dem Mord beteiligt hatten, der Schule verweisen würde. Solche Taten dulde ich nicht auf meinem eigenen Land.

Dann ging ich zurück zu Silas Zimmer und untersuchte die Überreste. Zunächst einmal war offensichtlich wahr, was Honorius weder bemerkt hatte, noch hatte glauben wollen. Silas war eine Echse gewesen, denn die Hautfetzen der Leiche hatten Schuppen und auch einige andere Teile sahen nicht ganz menschlich aus. Trotzdem erklärte das das Verhalten der anderen Studenten nicht. Wir bringen ja auch keine Eidechsen in so einem Blutrausch um, wie das hier geschehen war. Außerdem kannten die jungen Leute Silo. Seine Echsenherkunft erklärte seine soziale Ungeschicklichkeit, aber nicht, wie man auf den Gedanken kommen konnte, er hätte keine Gefühle, denn warum, wenn nicht weil er normalerweise für jedes Lebewesen freundliche Gefühle hegte, hätte er - wie ich das oft beobachtet hatte - Menschen helfen sollen, die von anderen unfreundlich behandelt wurden? Silas war immer zu allen Lebewesen freundlich gewesen, die ihm begegnet waren, wenn er keinen konkreten Grund hatte, etwas anderes zu tun. Und das konnte man von seinen menschlichen Mitschülern nicht unbedingt behaupten, Honorius und Samson vielleicht ausgenommen, die beide sehr viel freundlicher gewesen waren als die anderen.

Silas hatte sich gegen den Angriff offensichtlich verteidigt, denn zwischen den ganzen Echsenkörperteilen lag eine menschliche Hand mit einem Ring, den ich wiedererkannte und ein Schwert von derselben Person. Außerdem lag da noch eine weitere Waffe, die ich zuordnen konnte. Das hieß auch, daß ich zum Arzt gehen mußte, wenn ich weitere Beweise zu Mittätern wollte. Ich begab mich also dorthin und erfuhr drei weitere Namen. Ich ging zuerst zu dem Verletzten, gab ihm seinen Ring und seine Waffe zurück und fragte, was passiert war. Ich sagte, daß ich die Überreste einer Echse gefunden hatte, aber nicht, daß ich wußte, wer es war. Der junge Mann bestätigte im wesentlichen Georgs Geschichte und nannte mir einen weiteren Mittäter, denn er war sich offensichtlich nicht bewußt, daß ich ihn als Verbrecher einstufte und das sagte ich ihm bei diesem Gespräch auch noch nicht, denn ich wollte ihn noch einmal verhören. Außerdem bat ich den Arzt, ihn ebenfalls genauer zu befragen und mir dann Bericht zu erstatten. Als nächstes suchte ich die anderen Täter auf, und befragte sie ebenfalls zu der Geschichte.

Die Echsen sind nämlich unsere Nachbarn. Sie leben im Hochgebirge nahe unseres Ortes und sind gute Handelspartner. Ich werde es ganz bestimmt nicht zulassen, daß sie schlecht behandelt werden, auch dann nicht, wenn ich einen Schüler habe, der zu ihnen gehört, aber mir das - aus in Anbetracht der Umstände sehr naheliegenden Gründen - nicht verraten hat. Ich habe keine Ahnung, warum Honorius nicht wahrhaben wollte, daß sein Freund eine Echse gewesen war, aber es kam mir im Grunde sehr gelegen, denn so, daß ich die Rechte einer Echse verteidige, konnte ich das vor Gericht nicht darstellen. Das konnte ich den Polizisten aus dem Nachbarort, die ebenfalls Handel mit den Echsen trieben, erzählen, aber nicht in der nächsten größeren Stadt.

Kersti

Fortsetzung:
F1963. Kersti: D

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben